Prisma

Phagentherapie im Aufwind?

Mögliche Alternative für Antibiotika

cae | Im Kampf gegen die Antibiotikaresistenz vieler pathogener Bakterien könnte die Phagentherapie, die derzeit als Außenseitertherapie nicht von der Krankenversicherung erstattet wird, an Bedeutung gewinnen.

Bakteriophagen sind Viren, die sich ausschließlich in bestimmten Bakterien vermehren und diese dabei vernichten. Entsprechende Phagenpräparate wurden in der ehemaligen Sowjetunion und anderen Ostblockstaaten zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten hergestellt und angewendet. Die Phagentherapie wird auch heute noch in einigen Nachfolgestaaten praktiziert. So ist das Eliava-Institut in Tiflis, Georgien, darauf spezialisiert und lockt mit seinem guten Ruf auch ausländische Patienten an.

Die Phagentherapie beruht zwar auf einem langen Erfahrungswissen, ihre Evidenz wird jedoch nicht durch moderne klinische Studien gestützt. Das soll sich nun ändern, nachdem die EU beschlossen hat, die klinische Studie Phagoburn mit 3,8 Millionen Euro zu unterstützen.

Sponsor von Phagoburn ist das französische Biotechnologie-Unternehmen Pherecydes Pharma, das die in der Studie zu prüfenden Phagen-Cocktails herstellt. Die kombinierte Phase-I/II-Studie wird an fünf Krankenhäusern in Belgien, Frankreich und der Schweiz durchgeführt, wo demnächst die Probanden und Patienten rekrutiert werden. Es ist geplant, bei Brandwunden, die mit Escherichia coli bzw. mit Pseudomonas aeruginosa infiziert sind, die Wirksamkeit der jeweiligen Phagen-Cocktails im Vergleich mit Sulfadiazin-Silber zu testen.

Derweil treibt die Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) in Braunschweig die Grundlagenforschung über Phagen voran. Das DSMZ besitzt bereits eine der größten Phagensammlungen weltweit und widmet sich nun speziell den Phagen mit therapeutischem Potenzial. Die Forschungen sollen die Risiken der Phagentherapie minimieren, denn wo immer Viren in einen Organismus eingeschleust werden, ist es prinzipiell möglich, dass sie dort die Synthese von Giften initiieren oder dass sie in das Genom des Organismus eingebaut werden.

Übrigens hatten die Behringwerke in Marburg bereits in den 1930er Jahren Phagenpräparate hergestellt. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg lohnte sich die Produktion nicht mehr – wegen des Siegeszuges der scheinbar allmächtigen Antibiotika.

Quellen: www.phagoburn.eu. – Reardon S. Phage therapy gets revitalized. Nature 2014;7503:15–16

 

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