Rezeptur

Corticoide für die Haut

Was ist bei der Rezeptur zu beachten?

Von Josef Pfeuffer | Corticosteroide (kurz: Corticoide) gehören zu den Top Ten der Rezeptursubstanzen, allerdings ist ihre Verarbeitung aufgrund ihrer physikochemischen Eigenschaften nicht ganz einfach. Der folgende Beitrag will für einige grundlegende Probleme sensibilisieren, die nahezu alle Vertreter dieser Wirkstoffgruppe betreffen, und konkrete Handlungsempfehlungen vermitteln.

Vor der Herstellung von Corticoidzubereitungen zur Anwendung auf der Haut sind im Wesentlichen folgende Fragen zu stellen:

  • Stimmt die Dosierung, und ist der verordnete Wirkstoff bei externer Anwendung überhaupt wirksam?
  • Wie ist der Wirkstoff verteilt? Handelt es sich um eine Lösung oder um eine Suspension?
  • Sind die Corticoide bei den gegebenen pH-Verhältnissen stabil, oder ist durch eine geeignete Pufferung ein bestimmter pH-Wert einzustellen?

Chemische Struktur und topische Wirksamkeit

Die meisten Cortisolderivate mit alkoholischer Struktur sind auf der Haut praktisch unwirksam, so z.B. Betamethason oder Clobetasol. Ersatzweise müssen daher ihre Ester Betamethason-valerat oder -dipropionat und Clobetasol-propionat angewandt werden (Abb. 1).

Abb. 1: Zwei Corticoide zur dermalen Anwendung. Typisch sind die lipophilen Substituenten (farbig).

In Tabelle 1 sind die wichtigsten Corticoide für dermatologische Zubereitungen aufgelistet. Da zur dermalen Anwendung nur bestimmte Corticoide mit ausreichend hoher Lipophilie eingesetzt werden können, spricht man in diesem Zusammenhang auch von Externcorticoiden oder Externsteroiden.

Wird ein Rezept mit einem dermal unwirksamen Corticoid vorgelegt, muss der Apotheker Rücksprache mit dem verordnenden Arzt halten, um ihm wirksame Alternativen aufzuzeigen. Beispiele für solche Informationen sind als Arbeitshilfen bei den DAC/NRF-Tools gespeichert.

Niedrige Konzentration erfordert genaues Wiegen

Corticoide werden niedrig dosiert. Die entsprechend niedrigen Wirkstoffgehalte oder -konzentrationen der Zubereitungen (Tab. 2) erfordern eine hohe Wägegenauigkeit. Dafür ist eine geeignete Waage zu verwenden und auf das genaue Wägeergebnis – höchstens 1 Prozent Abweichung – zu achten.

Lösung oder Suspension?

Corticoide lösen sich meist nur wenig in den üblichen Salbengrundlagen, d.h. sie liegen dort überwiegend suspendiert vor. Dies ist bei der Herstellung der Rezepturen zu berücksichtigen, insbesondere beim Einsatz automatischer Rührsysteme, die grundsätzlich Wärme entwickeln, wobei die Intensität von der Rührzeit und der Drehzahl abhängt.

Regeln für die Herstellung von Suspensionssalben

Um die erforderlichen physikalischen Voraussetzungen (mikrofeine Korngröße, Agglomeratfreiheit) eines Arzneistoffes in einer Suspensionssalbe zu erhalten, sind bei der Herstellung einige Grundregeln zu beachten:

1. Herstellung mit Fantaschale

Die Herstellung von Hand erfolgt prinzipiell kalt in mehreren Schritten:

  • Arzneistoff (mikrofein, mikronisiert) vorlegen und normalerweise mit einer geeigneten Komponente anreiben (dabei Lösungsprozesse unbedingt vermeiden!) oder geeignetes Rezepturkonzentrat verwenden.
  • Restliche Grundlage portionsweise auf kaltem Wege zugeben.
  • Eventuell Einsatz eines Dreiwalzenstuhls zur Endhomogenisierung.

2. Herstellung mit automatischem Rührsystem

Auch in diesem Fall müssen suspendierte Wirkstoffe möglichst fein (mikrofein, mikronisiert) eingearbeitet werden und auch fein verteilt bleiben. Agglomeratbildungen oder Adhäsionen an der Grenzfläche (Kruke, Rührerschaft) führen zu energieärmeren Zuständen, die verhindert werden müssen. Ein separater Anreibeschritt oder die Verwendung von Rezepturkonzentraten ist daher oft hilfreich oder nötig. Selbst durch hochtouriges Rühren sind einmal entstandene Adhäsionen und Pulvernester kaum noch zu beseitigen!

Die durch den Rührvorgang bedingte Wärmeentwicklung muss bei Suspensionssalben minimiert werden, um ein Kristallwachstum zu verhindern. Erreichbar ist das z.B. durch eine Homogenisierung in Intervallen oder durch die vorherige Kühlung der Salbengrundlage.

Bei Verwendung von Rezepturkonzentraten kann – wie bei der manuellen Herstellung – der separate Anreibevorgang entfallen.

Die Richtlinien für die Rührzeit und Drehzahl sind unbedingt zu beachten! Wertvolle Hilfen bieten die Handbücher der Hersteller.

Qualitätskriterium: Partikelgröße

Temperaturschwankungen bei der Herstellung und Aufbewahrung verändern die Löslichkeit der Arzneistoffe in der Grundlage, wodurch es zu unzulässigem Kristallwachstum kommt!

Allgemein gilt: Je geringer der gelöste Anteil neben dem suspendierten Anteil ist, desto stabiler ist eine Suspensionssalbe, da chemische Zersetzungsreaktionen normalerweise bevorzugt in Lösungen stattfinden.

Bei der Endprüfung nach der Herstellung dürfen keine Agglomerate nachweisbar sein. Es darf weiterhin kein Kristallwachstum erkennbar sein, d.h. die Korngröße sollte weniger als 50 µm betragen.

Chemische Stabilität und pH-Wert

Wichtige Zersetzungsreaktionen von Corticoiden in wasserhaltigen Grundlagen sind die Esterhydrolyse (Bildung des dermal meist unwirksamen Alkohols) sowie die Oxidation. Optimale pH-Einstellungen können die Reaktionsgeschwindigkeiten deutlich reduzieren (Abb. 2). Sowohl die Oxidation als auch die Esterhydrolyse werden normalerweise im Alkalischen beschleunigt. Daraus ergeben sich Inkompatibilitäten mit basischen Substanzen wie Zinkoxid, Erythromycin, ungepufferten Harnstoffzubereitungen oder Metallionen, die als Oxidationskatalysatoren wirken.

Abb. 2: pH-Bereiche von Rezepturen, in denen die eingesetzten Corticoide stabil sind.

Da alle in Abbildung 2 aufgelisteten Corticoide im pH-Bereich 4–5 stabil sind, ist eine entsprechende pH-Einstellung sinnvoll und gegebenenfalls durch Pufferung (z.B. mit Milchsäurepuffer, Citratpuffer) zu stabilisieren. Eine Konservierung mit Sorbinsäure (oder Kaliumsorbat und Citronensäure) bietet sich in allen Fällen an, da sie ebenfalls im pH-Bereich 4–5 wirksam ist.

Rezepturbeispiele

Harnstoff wird wegen seiner penetrationsfördernden Eigenschaft häufig zusammen mit Corticoiden in Dermatika rezeptiert. Da die Zersetzung von Harnstoff eine Alkalisierung bis pH 9 zur Folge haben kann, ist bei den meisten Corticoidsalben eine saure Pufferung notwendig, wie z.B. die folgende Rezeptur zeigt:

Betamethason-valerat + Urea + Lactat-Puffer + Basiscreme DAC.

Bei der Rezeptur

Triamcinolon-acetonid + Urea + Basiscreme DAC

ist hingegen keine Pufferung nötig, da Triamcinolon-acetonid bis pH 9 stabil ist (s. Abb. 2).

Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf die Verarbeitung von Prednisolon bzw. Prednisolon-acetat. Plausibel ist diese Rezeptur:

Prednisolon-acetat          0,25

Miglyol®812                   1,0

Basiscreme DAC     ad 100,0

Nicht plausibel wäre die gleiche Rezeptur mit Prednisolon anstatt Prednisolon-acetat. Denn Prednisolon verwandelt sich in wasserhaltigen Rezepturen zum Prednisolon-hydrat, das lange Kristallnadeln ausbildet. Prednisolon-acetat dagegen ist in wasserhaltigen Zubereitungen stabil.

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann man Folgendes festhalten:

  • Bei der Verarbeitung von Externcorticoiden zu Suspensionssalben sind drei Kriterien zu beachten:- mikrofeine Korngröße des Arzneistoffes verwenden, - Arzneistoff anreiben oder Rezepturkonzentrat verwenden, - kalt herstellen (mit kühler Salbengrundlage).
  • Nur ausreichend lipophile Corticoide sind dermal wirksam (hängt von chemischer Struktur ab).
  • Bei sauren pH-Werten zwischen 4 und 5 sind alle infrage kommenden Corticoide stabil. 

Quellen

[1] DAC/NRF, Tabellen für die Rezeptur. Govi-Verlag, Eschborn 2013

[2] Bauer KH, Frömming KH, Führer C. Lehrbuch der Pharmazeutischen Technologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2012

[3] Voigt R. Pharmazeutische Technologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2010

[4] Stricker H. Physikalische Pharmazie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1987

[5] Gesellschaft für Dermopharmazie. Wirkstoffdossiers, 2013

[6] Wolf G, Süverkrüp R. Rezepturen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2011

[7] Breitkreutz J, Eifler-Bollen R, Kiefer A. Fit für die Rezeptur. Govi-Verlag, Eschborn 2008

[8] Plaza T, Ziegler AS. aporello: Wirkstoffe in der Rezeptur. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2013

[9] Ziegler AS. Plausibilitäts-Check Rezeptur. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2013

Autor

Dr. Josef Pfeuffer

Nikolausstr. 15

97082 Würzburg

josef.pfeuffer@web.de

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