Arzneimittel und Therapie

Mehr als nur saubere Luft

Gesetzliches Rauchverbot macht auch Kinder gesünder

Ein internationales Forscherteam hat die erste Metaanalyse veröffentlicht, die die Auswirkungen von Anti-Raucher-Gesetzen auf die Gesundheit von Kindern zeigt. Sowohl die Frühgeburtenraten als auch die Häufigkeit von Klinikeinweisungen wegen asthmatischer Beschwerden reduzierten sich nach deren Einführung um rund 10%. Diese nicht unbeträchtlichen gesundheitlichen Vorteile verlangen nach Meinung der Autoren eine Ausweitung umfassender Nichtraucher-Gesetze, von denen bisher nur etwa 16% der Weltbevölkerung profitieren können.

Bereits kurz nach Inkrafttreten der Nichtraucher-Schutzgesetze in Deutschland zwischen August 2007 und Juli 2008 waren gesundheitliche Vorteile nachweisbar. So sorgte beispielsweise eine 2012 veröffentlichte Studie auf der Basis von zwischen 2004 und 2008 analysierten DAK-Versichertendaten für Aufsehen: In der untersuchten Kohorte von 3.700.384 Versicherten mit einem Durchschnittsalter von 56 Jahren sank ein Jahr nach Einführung der Nichtraucher-Schutzgesetze die Zahl der Klinikeinweisungen wegen Angina pectoris um 13%, die wegen eines akuten Myokardinfarkts um 9%. Im gleichen Zeitraum sanken die Krankenhauskosten für Angina pectoris um 10% und für einen Myokardinfarkt um 20%. Insgesamt konnten als Folge des Gesetzes bereits nach einem Jahr 1880 Klinikeinweisungen verhindert und 7,7 Millionen Euro gespart werden. Studien aus anderen Ländern haben zum Teil noch stärkere Rückgänge ergeben, allerdings waren dort auch die Gesetze schärfer.

Kinder können sich nicht wehren

Kinder können sich nicht nur nicht vor dem Passivrauchen schützen – sie sind durch ihre unreifen Atemwegs- und Immunsysteme auch besonders vulnerabel für gesundheitliche Schäden, auch dann, wenn sie sich noch im Mutterleib befinden. Untersuchungen zufolge sind 40% aller Kinder weltweit Passivraucher, und mehr als ein Viertel aller Todesopfer durch Passivrauchen sind Kinder. Kinder mit Asthma, die passiv rauchen, haben zudem ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Klinikeinweisungen infolge von Exazerbationen als nicht exponierte Kinder. Der Gedanke liegt nahe, dass rauchfreie öffentliche Räume auch für die Gesundheit von Ungeborenen und Kindern vorteilhaft sind. Systematische Untersuchungen dazu gab es jedoch bisher noch nicht. Um diese Lücke zu schließen, hat ein internationales Forscherteam eine Literaturrecherche zu diesem Thema durchgeführt. Es fand elf geeignete Studien aus Nordamerika (n = 5) und Europa (n = 6) zwischen 2008 bis 2013 mit mehr als 2,5 Millionen Geburten und fast 250.000 Fällen von Asthma-Exazerbationen bei Kindern unter zwölf Jahren. Primäre Endpunkte der sich an die Recherche anschließenden Metaanalyse waren die Frühgeburtenrate, ein geringes Geburtsgewicht sowie Klinikaufenthalt wegen asthmatischer Beschwerden.

Beträchtlicher Rückgang

Die Metaanalyse ergab, dass Gesetze für rauchfreie Arbeitsplätze und öffentliche Plätze einen sofortigen Rückgang der Frühgeburtenrate um 10% zur Folge hatten. Der Rückgang der Einweisungen in Kliniken wegen Asthma-Exazerbationen lag im gleichen Bereich (-10%). Ein Einfluss der Nichtraucher-Gesetzgebung auf die Zielvariable geringes Geburtsgewicht konnte nicht identifiziert werden. Die finanziellen Ersparnisse sind beträchtlich: so berechneten zwei Kommentatoren der Studie, dass die Ausgaben für Asthma-Behandlungen in den USA im Jahre 2007 bei 50 Milliarden US-Dollar lagen, in Europa bei 20 Milliarden US-Dollar in 2006. Wenn sich die Kosten für Klinikeinweisungen also wie in der Metaanalyse ermittelt, um 10% reduzieren würden, ergäbe das für Europa und die USA zusammen eine stattliche Summe von 7 Milliarden US-Dollar jährlich.

Selten kann eine so einfache Intervention wie die Nichtraucher-Schutzgesetze so rasch und beträchtlich die Gesundheit verbessern und Kosten einsparen, resümieren die Kommentatoren. Bisher genießen nur etwa 16% der Weltbevölkerung den Nutzen von derartigen Regelungen. Valide Ergebnisse aus Untersuchungen wie dieser könnten politische Entscheidungsträger dazu bewegen, die Nichtraucher-Schutzgesetze auszuweiten und würden nicht zuletzt auch gute Argumente gegen die mächtige Tabakindustrie und ihre Lobbyisten liefern. 

Quelle

Been JV et al. Effect of smoke-free legislation on perinatal and child health: a systematic review and meta-analysis. Lancet (2014)383:1549-1560.

Kalkhoran S, Glantz SA Smoke-free policies: cleaning the air with money to spare. Lancet (2014)383:1526-1528.

Sargent JD et al. Smoking restrictions and hospitalization for acute coronary events in Germany. Clin Res Cardiol (2012)101(3):227-235.

 

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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