Aus den Ländern

„Wir brauchen Apotheker“

Bayerischer Apothekertag im Zeichen von Leitbild und Prävention

NÜRNBERG (diz) | Bayerns Staatsministerin für Pflege und Gesundheit, Melanie Huml, ließ in ihren Grußworten zum Bayerischen Apothekertag in Nürnberg keinen Zweifel daran aufkommen, dass Apotheker ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung sind. Sie setze sich daher für eine auskömmliche Apothekervergütung ein. Der Apothekertag stand in diesem Jahr im Zeichen des Leitbilds und der Prävention.

Angesichts veränderter Rahmenbedingungen wie beispielsweise der demografischen Entwicklung, neuer Lebensstile und einem Stadt-Land-Gefälle sei eine Diskussion über das Selbstverständnis des Apothekerberufs dringend erforderlich, sagte Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer. Wolle man die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln erhalten, müsse man handeln. Daher stelle das diskutierte Leitbild den Patienten und die heilberufliche Beratung durch den Apotheker in den Mittelpunkt. Ein zentrales Instrument sei dabei das Medikationsmanagement. Darüber hinaus setze man weiterhin auf die Arzneimittelherstellung in der Apotheke und auf Präventionsleistungen. Das Gesundheitssystem werde dadurch entlastet. „Mit dem Leitbild 2013 sind wir für die Probleme der Zukunft bestens gerüstet“, zeigte sich Benkert überzeugt.

Apotheker ist unverzichtbar

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml hatte für die Apotheker ein offenes Ohr: In ihren Grußworten zum Bayerischen Apothekertag sprach sie sich für eine gerechte und auskömmliche Apothekervergütung aus. „Apotheker müssen davon leben können, was sie verdienen“, so die Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege. Sie fordere den Bund auf, eine Regelung vorzulegen, mit der der Apotheken-Festzuschlag regelmäßig anhand bestimmter Parameter überprüft und falls nötig angepasst werde.

Die Bayerische Staatsministerin für Pflege und Gesundheit, Melanie Huml, sprach sich für eine gerechte und auskömmliche Apothekervergütung aus.

Die Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale, für die sich auch Bayern stark gemacht habe, sei ein richtiger Schritt gewesen. Huml dankte den Apothekerinnen und Apotheker für ihre Arbeit: „Der Apotheker als freier Heilberuf sei für die Gesellschaft unverzichtbar. Wir brauchen Apotheker, sie sind ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung.“ Anerkennend hob sie hervor, dass die Zahl der Beschäftigten in Apotheken mit derzeit rund 150.000 im letzten Jahr gestiegen sei und dies, obwohl die Zahl der Apotheken gesunken sei. Dies zeige, dass Apotheken in die kompetente und persönliche Beratung investierten. Sie sei überzeugt, dass an der Präsenzapotheke kein Weg vorbeiführe. „Für mich ist es wichtig“, so Huml, „dass es dabei bleibt.“

Vor diesem Hintergrund sehe sie die in Griechenland von der Troika vorgegebene Entwicklung hin zu Apothekenketten als einen gefährlichen Trend. Auch der Verkauf von OTC im Supermarkt, wie er in Griechenland nun möglich werde, sei eine „sehr problematische Entwicklung“, so Huml. OTC sind keine Arzneimittel zweiter Klasse, sie haben Neben- und Wechselwirkungen. OTC-Arzneimittel sind keine Ware, die für den Supermarkt geeignet ist. Gerade bei diesen Arzneimitteln sei die Information und Beratung wichtig, fügte die Gesundheitsministerin hinzu.

Verbessert werden müsse aus ihrer Sicht das Entlassmanagement, hier sei eine engere Zusammenarbeit von Krankenhaus, Ärzten und Apothekern notwendig. Die Gesundheitsministerin rief auch dazu auf, den Berufsnachwuchs nicht zu vergessen. Es müsse vermittelt werden, dass es attraktiv sei, in einer Apotheke zu arbeiten.

„Wir schaffen Arzneimittelgesundheit“

Der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands, Dr. Hans-Peter Hubmann, hob in seiner Rede auf die vielfältigen Leistungen ab, die Apotheker böten und nannte hier die Versorgung rund um die Uhr, den niederschwelligen Zugang, die Rezepturanfertigung, die Beratung und seit einiger Zeit auch das Managen der Lieferengpässe. „Wir schaffen Arzneimittelgesundheit“, so Hubmann. Er zeigte sich erfreut, dass die apothekerlichen Leistungen wieder besser vergütet werden durch das erhöhte Fixum, den gesenkten Kassenabschlag und den Nacht- und Notdienstfonds. Gerade diese Nachtdienstpauschale sei ein „gutes Zubrot für die Apotheker, besonders auf dem Land“, so Hubmann. Der Verbandschef erinnerte an die Gerechtigkeitslücke, die den Apothekerinnen und Apothekern durch das AMNOG widerfahren sei. Während andere Gesundheitsberufe nur ein Weniger vom Mehr zu verkraften hatten, erhielten die Apotheker tatsächlich nur weniger. Zudem sei der Anpassungsmechanismus des Apothekerhonorars zutiefst leistungsfeindlich, wenn Rohertragssteigerungen aufgrund gestiegener Packungszahlen gegengerechnet werden. Hubmann: „Das müssen wir ändern, sonst bleiben wir gedeckelt.“ Hubmann forderte daher, dass das Honorarfixum regelmäßig an die gestiegenen Kosten angepasst werden müsse. Außerdem seien strukturverbessernde Maßnahmen wie beim Nacht- und Notdienst auch bei den Dokumentationspflichten (BtM-Rezepte) und bei den Rezepturpreisen notwendig. Gerade die Anfertigung von Rezepturen sei für die individuelle Arzneimittelversorgung wichtig, deshalb: „Wir fordern zusätzlich eine Honorierung für Abgabe und Beratung bei Rezeptur-Arzneimitteln gemäß Arzneimittelpreisverordnung.“

Fotos: T. Metz, Bayerische Landesapothekerkammer
Der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands, Dr. Hans-Peter Hubmann, machte deutlich, dass das Fixum des Apothekerhonorars regelmäßig an die gestiegenen Kosten angepasst werden muss.

Hubmann stellte zudem den Beitrag heraus, den Apotheker zu den Einsparungen im GKV-System leisteten durch das Umsetzen der Rabattverträge, das Einziehen der Patientenzuzahlungen, das Weiterleiten des Herstellerabschlags und die Zahlung des Kassenabschlags. Die GKV nahm so in 2013 insgesamt 8,4 Mrd. Euro durch Leistungen der Apotheken ein. Er könne sich vorstellen, dass die Apotheker, ähnlich wie der Staat für das Inkasso der Kirchensteuer, dafür eine prozentuale Gebühr erhalten.

Zum diskutierten Leitbild merkte Hubmann an: Es zeige, dass die Apotheker auf die Kooperation mit anderen Heilberufen setzen. So sei ein Medikationsmanagement am besten mit den Ärzten umzusetzen. Allerdings müsse man feststellen, dass Ärzte dem nicht immer aufgeschlossen gegenüber stünden, wie man in Sachsen sehe, wo Ärzte die Arzneimittelinitiative Armin torpedierten. Der Bayerische Apothekerverband zögere daher nicht, auch eigene Verträge mit den Krankenkassen abzuschließen. Hubmann nannte hier die Vereinbarungen mit der AOK, wonach Bayerns Apotheken für die Beratung Schwangerer honoriert werden oder auf Bundesebene der Vertrag mit der TK, mit dem das Arzneimittelgespräch mit Typ-2-Diabetikern vergütet wird.

Leitbild auf gutem Weg

Eine Podiumsdiskussion mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe Leitbild (Mathias Arnold, Thomas Benkert, Dr. Hans-Peter Hubmann), DPhG-Präsident Prof. Dr. Dieter Steinhilber und Apothekerin Sina Pompe (AG Leitbild Bayern) ging auf interpretationswürdige Passagen des Leitbilds ein. Die Teilnehmer waren sich einig, dass das Leitbild den richtigen Weg eingeschlagen habe, der Entwurf aber noch an der einen oder anderen Stelle geschärft werde müsse. Ein Traum sei, so Hubmann, dass alle Apothekerinnen und Apotheker diesen Weg mitgingen. Auch für Benkert komme es darauf an, die Kolleginnen und Kollegen zu befähigen, das Medikationsmanagement umzusetzen. Man habe, so Arnold, den festen Willen, etwas zu bewegen. Für Pompe ist es wichtig, in Zukunft näher am Patienten zu sein und Verantwortung zu übernehmen. Das Studium müsse allerdings nicht verlängert werden, so Steinhilber, man sollte es stattdessen entrümpeln und neue Lehrinhalte einfügen.

In der berufspolitischen Podiumsdiskussion des Bayerischen Apothekertags gingen Experten auf interpretationswürdige Passagen des Leitbilds ein. Von links: Peter Ditzel, Herausgeber der DAZ (Moderation), Sina Pompe, Dr. Hans-Peter Hubmann, Mathias Arnold, Thomas Benkert, Prof. Dr. Dieter Steinhilber, Daniel Rücker, Chefredakteur der PZ (Moderation).

Was der moderne Apotheker braucht

In einem Plenarvortrag befasste sich der Theologe und Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Graf, Evangelisch–Theologische Fakultät der Uni München, mit der Frage, welchen Apotheker die Gesellschaft braucht. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Apothekentypen, den fundamentalen Änderungen in der Gesellschaft wie beispielsweise der Freiheitsrevolution von 1989, der innereuropäischen Freizügigkeit und der damit verbundenen Migration, der Revolution von Lebensstilen, der Demografie, der Wissenschaft, der Revolution durch digitale Medien kommt auch auf den Apothekerberuf eine Revolution zu. Da die Gesellschaft heute komplexer und unübersichtlicher ist, ist auch der Apothekerberuf schwieriger und anspruchsvoller geworden. Graf stellte die Frage, ob der Patient wirklich eine partnerschaftliche Beziehung zum Apotheker wolle, wie es sich die Apotheker in ihrem Leitbild vorstellten. Der Apotheker solle vielmehr die Patientenautonomie respektieren. Der Apotheker brauche eine hohe soziale und kommunikative Kompetenz, die Patienten wollen eine verständliche Beratung, so Graf. Der Apotheker braucht aber auch mehr ökonomische Kompetenz als Kaufmann. Grafs Fazit: Die Gesellschaft braucht einen Apotheker, der mit mehr Komplexität umgehen kann und mehr Nachdenklichkeit hat, der weiß, dass Wissenschaft keine verbindlichen Wahrheiten produziert, der Lebensweisheit hat und die Patienten daran erinnert, dass der Mensch durch Krankheit und Tod geprägt ist.

Ein abwechslungsreicher Präventionskongress, zusammengestellt vom Wissenschaftlichen Institut für Prävention im Gesundheitswesen und der PZ, die spannende Auszeichnung von herausragenden Präventionsprojekten und -ideen bei der Verleihung des WIPIG-DAZ-Präventionspreises, ein Beratungswettbewerb für Studenten und nicht zuletzt ein kommunikatives und geselliges Rahmenprogramm mit Stadtführungen und einem Fränkischen Abend rundeten den Bayerischen Apothekertag ab. 

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