Metoclopramid-Widerruf

Prucaloprid - eine MCP-Alternative?

In DAZ 2014, Nr. 18, S. 38 ff wird in dem Beitrag „Nach dem MCP-Rückruf“ auch der 5-HT4-Agonist Prucaloprid (Resolor®) als mögliche Alternative zu Metoclopramid diskutiert. Dabei ist Folgendes zu beachten:

Die gesetzlichen Krankenkassen sind nach SGB V § 106 zur Überprüfung (Auffälligkeitsprüfung oder Stichprobenprüfung) verpflichtet. Dabei geht es auch um die medizinische Notwendigkeit, also die Indikation. Für Prucaloprid lautet diese: „Zur symptomatischen Behandlung chronischer Verstopfung bei Frauen, bei denen Laxativa keine ausreichende Wirkung erzielen.“ Alle anderen Anwendungsgebiete sind ein Off-label-use, der hier (aus Sicht der Kassen) zunächst einfach überprüft werden kann, da nämlich alle Männer mit einer entsprechenden Verordnung im Off-label-Bereich behandelt werden. Bei Frauen ist ein Off-label-use nicht ganz so offensichtlich, lässt sich aber über einen Abgleich mit einer vorherigen Medikation mit MCP auch durchführen.

An einen Off-label-use werden hohe Anforderungen gestellt: es muss sich um eine schwerwiegende bzw. potenziell tödliche Erkrankung handeln, es darf keine therapeutische Alternative geben und es muss eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehen. Ist all das gegeben, muss ein Antrag bei der entsprechenden Kasse auf Kostenübernahme gestellt werden. Andernfalls haftet der Arzt bei möglichen Risiken, außerdem wird sein Budget im Fall von Prucaloprid nicht unerheblich belastet.

„Chronische Verstopfung“ war auch bisher kein Einsatzgebiet von MCP; nach den neuen Indikationen wird das weiterhin so sein. Bisherige Zulassung waren „Motilitätsstörungen des oberen Magen-Darm-Traktes“, also eher keine Enddarmproblematik; dort ist MCP nicht wirksam. Dies wird auch in der Leitlinie „intestinale Motilitätsstörungen“ so dargestellt. Auch wenn die entsprechenden 5HT4- Rezeptoren für Prucaloprid, wie im Artikel angedeutet, im gesamten Magen-Darm-Trakt vorhanden sind und daher prinzipiell eine Wirksamkeit dort vermutet werden kann, ist die Wirksamkeit nicht erforscht. In der Leitlinie wird zwar eine mögliche Wirksamkeit analog Cisaprid postuliert (mit dem Hinweis, dass es darüber keine Untersuchungen gibt), allerdings nur bei einem bestimmten Erkrankungsbild namens CIPO (chronisch-intestinale Pseudoobstruktion), also einer schweren Motilitätsstörung, die insgesamt aber nur selten auftritt. Die meisten Patienten, die MCP erhalten haben, werden diese Erkrankung wohl nicht haben. Bei STO („slow-transit“-obstipation) ist Prucaloprid noch keine Empfehlung der Leitlinie, da die Zulassung erst nach Veröffentlichung der Leitlinie erfolgte. Laut Fußnote kann bei dieser Erkrankung ein Therapieversuch unternommen werden. MCP wird hier nicht als mögliche Therapie erwähnt.

Zudem ist der Wirkstoff Cisaprid aufgrund erheblicher kardialer Nebenwirkungen mit Todesfolge seit 2000 nicht mehr im Handel. Hinweise aus den Zulassungsstudien lassen vermuten, dass auch bei Prucaloprid mit einer ähnlichen Problematik zu rechnen ist. Langzeituntersuchungen liegen darüber nicht vor.

Als Alternative zu MCP kann Prucaloprid derzeit nur dann eingesetzt werden, wenn tatsächlich ein schwerwiegendes Krankheitsbild entsprechend einer CIPO vorliegt und vorher die Kostenübernahme im Rahmen einer Einzelfallentscheidung durch die Krankenkasse geklärt worden ist. 

Apothekerin Insa Heyde, Zentrum für Sozialpolitik Bremen

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