Blutdruckmessung

Mit Apps am Puls der Zeit

Motivationshilfen für Bluthochdruck-Patienten

Von Reinhild Berger | Compliance und Selbstmanagement spielen in der Therapie des Bluthochdrucks eine zentrale Rolle. Jedes Mittel ist recht, das den Patienten bei der Stange hält und ihn motiviert, seine Medikamente regelmäßig zu nehmen sowie seinen Lebensstil positiv und blutdruckfreundlich zu beeinflussen. Manche Ihrer Apothekenkunden, insbesondere Männer, werden sich sicher dafür begeistern lassen, ihre Blutdruck- und Pulswerte regelmäßig mithilfe einer App auf dem Smartphone zu überwachen bzw. zu verwalten.

Unter dem Stichwort „Blutdruck“ findet man im App Store und bei Google Play eine Reihe kostenloser und kostenpflichtiger Apps. Doch wie wählt man aus? Es lohnt sich, einen Blick auf die Beschreibungen der Apps zu werfen. Wenn zu erkennen ist, dass das letzte Update bereits Jahre zurückliegt, weckt das bei mir wenig Vertrauen. Ebenso überspringe ich Angebote, deren deutsche Beschreibung sich fehlerhaft und nach einer schlechten Übersetzung aus einer anderen Sprache anhört. Dagegen spricht mich der Hinweis an, dass die App in Deutschland entwickelt wurde – mithilfe deutscher Ärzte bzw. Experten. Nicht dass ich denke, dass andere Länder keine guten Apps entwickeln, aber es gibt nun einmal nationale Unterschiede in der Bewertung und Handhabung von Gesundheitsdaten. Auch wird möglicherweise (hoffentlich!) der Datenschutz in Deutschland sensibler beachtet als in vielen anderen Ländern.

Ehrenkodex für Gesundheits-Apps

Wer sich nicht auf sein eigenes Gefühl bei der Auswahl von Gesundheits-Apps verlassen möchte, kann auf Tests und Gütesiegel zurückgreifen. Die „Initiative Präventionspartner“ in Freiburg (mit einem WIPIG-DAZ-Präventionspreis im Jahr 2009 ausgezeichnet) hat einen „HealthOn-App Ehrenkodex“ für Gesundheits-Apps entwickelt, der Kriterien für vertrauensvolle Gesundheitsinformationen festgelegt hat (nachzulesen unter www.praeventionspartner.de). In der HealthOn-Datenbank befinden sich zurzeit 159 geprüfte Apps. Eine davon ist die App „BlutdruckDaten“, die in ihrem Impressum auch auf die Prüfung durch die Pharmakologin Dr. Ursula Kramer von der Initiative Präventionspartner hinweist. Ich habe diese App ausgewählt, um sie Ihnen hier beispielhaft vorzustellen.

„BlutdruckDaten“

Die App „BlutdruckDaten“ gibt es in einer kostenlosen Version und einer werbefreien Premium-Version.

„BlutdruckDaten“ gibt es sowohl fürs iPhone als auch für Android-Smartphones. Und zwar in einer kostenlosen Version, die sich ohne vorherige Registrierung nutzen lässt, aber Werbeeinblendungen enthält. Wer bereit ist, eine Jahresgebühr von 29,90 Euro zu zahlen, kann eine werbefreie Premium-Mitgliedschaft bestellen, die zusätzlich noch weitere Vorteile bietet (nachzulesen unter dem Menüpunkt „Was ist die Premium Mitgliedschaft“). Die Gestaltung der App ist übersichtlich und selbsterklärend. Ich benutze testweise die kostenlose Version und sehe dabei überhaupt keine Werbung. Die Handhabung wird unter „Hilfe“ genau erklärt, ist aber so einfach, dass ich keine Hilfestellung brauche. Wer Probleme oder Fragen hat, findet auch eine E-Mail-Adresse, an die er sich wenden kann. Nachdem ich mehrere Blutdruck- und Pulswerte eingegeben habe, erhalte ich über einen gewählten Zeitraum eine übersichtliche Statistik und eine Beurteilung meiner Werte, wobei jeweils auch die gängigen Normwerte angezeigt werden. Außer den gemessenen Werten kann ich auch Kommentare eingeben, die später in der Tabelle angezeigt werden. Die Auswertung kann man, wenn man möchte, mit anderen Personen, zum Beispiel seinem Arzt

Grafische Darstellung von Blutdruck, Puls und Pulsdruck auf der App „BlutdruckDaten“.

oder Angehörigen, teilen. Außer den Blutdruckwerten lassen sich auch andere Vitaldaten (Gewicht, Blutzuckerspiegel, Körpertemperatur, Flüssigkeitsaufnahme und -abgabe) dokumentieren. Vertrauenerweckend ist für mich die Angabe, dass die Daten auf einem Server gespeichert werden, der in Deutschland steht und die Auflagen des Bundesdatenschutzgesetzes erfüllt.

Alle Daten, die dem Nutzer der App helfen, die Transparenz und Qualität der Aussagen zu überprüfen, sind leicht auffindbar und verständlich (Menüpunkt „Info und Impressum“).

Übrigens, wenn einer Ihrer Kunden lieber am „normalen“ PC arbeitet und die Spielerei auf dem Smartphone nicht so schätzt, empfehlen Sie die Website www.blutdruckdaten.de, die aus derselben Quelle stammt wie die App und ebenfalls eine Dokumentation der Blutdruckwerte erlaubt. Außerdem gibt es hier noch eine Reihe weiterer interessanter Infos („Lexikon“) sowie ausführliche Hinweise zu Blutdruckmessgeräten (Testergebnisse, Prüfsiegel etc.).

Datum, Zeit, systolischer, diastolischer Wert, Puls und Kommentare lassen sich auf der App „BlutdruckDaten“ unkompliziert eingeben.

Die App fürs Windows Phone

Auch für das Windows Phone gibt es eine kostenlose App „Blutdruck“ (www.windowsphone.com > Store > Apps > Anwendungen und Spiele). Ich konnte sie nicht ausprobieren, aber die Bewertungen im Netz sind aktuell und positiv. Blutdruck- und Pulswerte lassen sich schnell und einfach eingeben, es folgen statistische Auswertungen und grafische Darstellungen des Werteverlaufs. Als besonders attraktiv wird hervorgehoben, dass sich die gespeicherten Daten in Excel exportieren lassen. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die App nicht den Blutdruck misst (das ist mit der oben beschriebenen App BlutdruckDaten auch nicht möglich), da hierfür eine Druckmanschette erforderlich ist.

Pulsmessen mit Kamera und Blitz

Pulsmessen kann das Smartphone allerdings – hier hilft z.B. die App „Runtastic Heart Rate“. „Lege Finger locker auf Kamera und Blitz“ heißt die Anweisung auf dem Display. Dann folgt „Messung läuft“, man kann die Messung auf dem Display verfolgen. Eine nette Spielerei, die durchaus motiviert, auf seinen Pulsschlag

Die App „Heart Rate“ misst den Puls, indem man den Zeigefinger locker auf die Kameralinse des Smartphones legt.

zu achten. Man kann (muss aber nicht!) den Messwert speichern. Aus den so gesammelten Werten erstellt die App Verläufe und Statistiken. Wenn ich ein paar Tage nicht mehr gemessen habe, werde ich unaufdringlich daran erinnert – mit einem kleinen Texthinweis auf dem Smartphone-Display.

Das Handy wird zum Blutdruckmessgerät

Doch zurück zum Blutdruckmessen. Natürlich gibt es auch schon das passende Equipment, das das Smartphone in ein Blutdruckmessgerät verwandelt. Von der Firma Medisana gibt es CardioDock 2, ein Blutdruck-Messmodul für iPhone, iPad und iPod touch. CardioDock 2 sieht aus wie ein kleiner Ständer mit einem Schlitz, in dem sich der Anschluss für das Apple-Gerät befindet. Dort wird z.B. das iPhone mit seiner unteren Öffnung hineingesteckt, also angedockt. Auf der Rückseite der Docking-Station ist die Anschlussbuchse für die Druckmanschette. Die Messung erfolgt am Oberarm, mithilfe der (kostenlosen) VitaDock App werden die Daten gespeichert, Tagebücher, Statistiken und monatliche Berichte erstellt.

Im Medisana-Programm gibt es auch das Oberarm-Blutdruckmessgerät MTX mit USB-Anschluss und USB-Kabel zur Datenübertragung auf den PC und auf die Website VitaDock Online. Von dort aus können die Daten auf die VitaDock App (für iOS und Android) synchronisiert werden. (VitaDock Online ist auch eine Verkaufsseite der Firma Medisana.)

Mit der App HealthManager lassen sich die Daten von Blutdruck, Blutzuckerspiegel, Körpergewicht verwalten, in Zusammenhang mit den entsprechenden Geräten der Firma Beurer, Ulm.

Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Auch von der Ulmer Firma Beurer gibt es entsprechende Geräte für die vollautomatische Blutdruck- und Pulsmessung am Oberarm. Beim Gerät BM 90 werden die Messwerte per WLAN auf den Computer übertragen. Der Zugriff auf die Daten erfolgt über die Homepage Beurer Wireless Connect, auf der man sich anmelden und registrieren lassen muss. Bei dem seit April 2014 auf dem Markt befindlichen Gerät BM 85 erfolgt die Datenübertragung per Bluetooth. Die zugehörige kostenlose App heißt „HealthManager“. Auf dieser App lassen sich neben den Blutdruckwerten auch Daten für Körpergewicht und Blutzucker verwalten und natürlich Verlaufsgrafiken und Messwerttabellen erstellen. Für Design-Liebhaber: Das formschöne BM 85 wurde mit dem Red Dot Award 2014 ausgezeichnet.

Motivation zur Therapietreue

Falls Sie misstrauisch sind, ob diese Geräte wirklich „genau“ messen: Was nützt die ganze Genauigkeit, wenn ein Patient nicht compliant ist? Wenn die mobilen und digitalen Geräte dazu beitragen, dass ein Patient sich regelmäßig um seinen Körper kümmert, wird er dabei sein Gesundheitsbewusstsein schärfen. Er wird lernen, unerwünschte Abweichungen und Veränderungen von Körperfunktionen mithilfe von Messdaten wahrzunehmen und idealerweise auch eines Tages sensibel zu fühlen. Das alles kann dazu beitragen, dass auch eine Therapie wie die Bluthochdruckbehandlung, in die zunächst nicht unbedingt Einsicht besteht, konsequent durchgeführt wird.

Erinnerungsfunktion: Jetzt die Tablette einnehmen!

Die App MyTherapy erinnert auch an die Medikamenteneinnahme.

Möchte ein Patient seine Blutdruckdaten mithilfe einer App speichern und zusätzlich noch an seine Medikamenteneinnahme erinnert werden, so kann ihm „MyTherapy“ helfen. Neben den gemessenen Blutdruckwerten kann die App auch körperliche Aktivitäten und Symptome dokumentieren. Die Daten lassen sich auch exportieren – zum Beispiel an den Arzt. In der App heißt es, dass MyTherapie in Kooperation mit Patienten und niedergelassenen Ärzten entwickelt wurde und dass regelmäßig Erkenntnisse aus Forschungskooperationen mit der Charité Berlin und dem Klinikum rechts der Isar in München einfließen. Auch der Datenschutz hat bei dieser App laut eigener Aussage höchste Priorität. Die aktuellen Bewertungen im Netz von Nutzern sind sehr positiv. Kleiner Nachteil (den manche Menschen aber vielleicht gar nicht empfinden): Man muss sich registrieren (E-Mail-Adresse und Passwort) und muss vor der Nutzung ausdrücklich Zugriffe erlauben und zustimmen, dass man für die Teilnahme an Umfragen und Forschungsstudien kontaktiert wird. Ich habe aus diesem Grund die App nicht persönlich ausprobiert, habe mich aber durch das kleine zur Verfügung gestellte Video davon überzeugt, dass die Bedienung sehr einfach und intuitiv ist.

Und noch ein paar Apps

Eine unkomplizierte, kostenlose App „Blutdruck“ wird auch von der Firma Merck Serono zur Verfügung gestellt, mit der jeder App-Anfänger klar kommen wird. Hier wird besonders Wert auf den Pulsdruck gelegt, den die App aus den eingegebenen Blutdruckwerten automatisch errechnet und bewertet. Es werden übersichtliche Diagramme und Listen erstellt, die Werte können per E-Mail versendet werden. Allerdings ist die App nur fürs iPhone und iPad verfügbar.

Auch für Android-Smartphones bei Google Play erhältlich ist die kostenlose App „Blutdruck Manager Lite“, die damit wirbt, unter ärztlicher Anleitung in Deutschland entwickelt worden zu sein. Hier lassen sich – neben den Blutdruckwerten – Adressen mehrerer Ärzte, die eingenommenen Arzneimittel und ihre Dosierung sowie die Krankengeschichte dokumentieren.

Das Prinzip der verschiedenen Apps ist immer ähnlich: Datum und Uhrzeit eingeben, dazu die gemessenen Blutdruckwerte, gegebenenfalls Aktivitäten oder besondere Bemerkungen, auch andere Vitaldaten – und die App wandelt alles in anschauliche Kurvenverläufe, Diagramme, Listen um, die exportiert werden können. Auffällige Werte werden farblich hervorgehoben. Die hier vorgestellten Apps sind aus meiner Sicht vom Design ansprechend gestaltet, es ist sicher Geschmacks- und auch ein bisschen Gewohnheitssache, welche man persönlich bevorzugt und welche Extras einem wichtig sind.

Wer neugierig ist, was die kostenpflichtigen Apps bieten: Man kann im App Store oder bei Google Play einfach auf die App klicken und die näheren (Kurz-)Informationen sowie Kundenbewertungen lesen. Und man kann sich – durch in der Regel drei Abbildungen – eine Vorstellung vom Design der jeweiligen App machen. Die Preise bewegen sich im Bereich bis knapp unter 6 Euro. Wenn man einen Fehlkauf tätigt, hält sich der finanzielle Verlust also in Grenzen.

Viel Erfolg beim Ausprobieren – und verraten Sie mir Ihre besonderen Tipps, wenn Sie Lust haben! 

Autorin

Reinhild Berger, Apothekerin und frühere Chefredakteurin PTAheute im Ruhestand, ruhelos im Ausprobieren neuer Medien.

reinhild_berger@t-online.de

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