Arzneimittel und Therapie

Nicht jeder wunde Po ist eine Windeldermatitis

Streptokokken-Infektion oft spät diagnostiziert

Die perianale Streptokokken-Dermatitis tritt bevorzugt bei Kindern zwischen sechs Monaten und zehn Jahren auf – und sie wird bei Babys oft als Windeldermatitis fehldiagnostiziert und entsprechend spät erkannt. Typisch sind entzündliche Hauterscheinungen, begleitet von Juckreiz und Defäkationsschmerz. Empfohlen wird immer eine Erregerdiagnostik. Wichtig für eine effektive Therapie ist eine ausreichend lange Antibiose.

„Mein Baby hat immer einen wunden Po!“ So klagen junge Mütter nicht selten und fragen in der Apotheke um Rat. Häufig handelt es sich um eine „Windeldermatitis“, der mit entsprechenden Verhaltensregeln, etwa das Kind nach jedem Stuhlgang sofort wickeln oder das Kind ohne Windeln strampeln lassen, und einer Wundschutzsalbe meist beizukommen ist. Gedacht werden muss aber auch an die Möglichkeit einer perianalen Streptokokken-Infektion. Diese kann im Übrigen nicht nur bei Wickelkindern auftreten, sondern auch bei älteren Kindern, wie der Fall eines neunjährigen Jungen zeigte, der seit etwa fünf Wochen unter juckenden und stark brennenden perianalen Hautveränderungen litt sowie Beschwerden vor allem morgens und nach dem Stuhlgang. Typisch für die perianale Streptokokken-Infektion sind gering infiltrierte Erytheme oder Papeln, selten eine eitrige Sekretion. Begleitet wird die Hauterscheinung von starkem Juckreiz und Defäkationsschmerz. Blutablagerungen auf dem Stuhl sind möglich, ebenso Fieber, selten auch eine Vulvovaginitis, Balanitis oder eine periumbilikale Dermatitis. Hervorgerufen wird der auf den Perianalbereich lokalisierte Infekt durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, selten auch der Gruppen B, C, D oder G. Am häufigsten trifft es Kinder zwischen dem sechsten Lebensmonat und dem zehnten Lebensjahr. Auf dem 19. Biedersteiner Symposium „Dermatologie im Kindesalter“ in München bemängelte Dolores Thum, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, dass die Diagnose „perianale Streptokokken-Infektion“ oft protrahiert gestellt wird, da häufig zunächst an eine Windeldermatitis gedacht wird. „Die durchschnittliche Dauer bis zur Diagnosestellung liegt bei Kindern zwischen einem und zwölf Monaten.“

Erregerdiagnostik zwingend

Auch wenn das klinische Bild wegweisend ist, sollte zur Diagnosesicherung immer eine Erregerdiagnostik durchgeführt werden. Dazu gehört laut Thum

  • ein bakteriologischer Abstrich perianal zum Nachweis der Streptokokken,
  • ein Abstrich auf Candida perianal zum Ausschluss einer Pilzinfektion und
  • ein Tesafilm-Abrisspräparat zum Ausschluss von Oxyuren.

Ausreichend lange Antibiose

Steht die Diagnose, ist die Therapie einfach: systemische Antibiose in Kombination mit antiseptischen Externa. Als Antibiotika werden Penicillin oder Amoxicillin/Sulbactam bevorzugt, bei einer Penicillinallergie Makrolide. Thum betonte die Notwendigkeit einer ausreichend langen Behandlungszeit über 14 bis 21 Tage, um Rezidiven vorzubeugen. Liegt eine Koinfektion mit Staphylococcus aureus vor, sind zusätzlich Cephalosporine oder Clindamycin indiziert. Um eine Poststreptokokken-Glomerulonephritis, eine seltene Komplikation, nicht zu übersehen, ist eine Urinkontrolle empfehlenswert. Persistiert das Krankheitsbild unter der Therapie, müssen verschiedene Differenzialdiagnosen ins Kalkül gezogen werden, wie Candida intertrigo, Analekzem oder die Oxyurendermatitis. Auch an eine Psoriasis inversa muss gedacht werden.

Apothekerin Dr. Beate Fessler

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