Arzneimittel und Therapie

Mit neuer Niere lebt es sich länger

Studie untersucht Mortalitätsraten nierenkranker Patienten

Welches therapeutische Vorgehen ist bei einer fortgeschrittenen Nierenerkrankung mit der niedrigsten Sterblichkeit verbunden? Mit dieser Frage befassten sich schwedische Nephrologen und Epidemiologen. Ihr Fazit: Die geringsten Mortalitätsraten weisen chronisch kranke Nierenpatienten auf, die eine neue Niere erhalten haben, die schlechtesten Chancen haben dialysierte Patienten.

Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung im Stadium 4 und 5 (s. Tab.) sowie dialysepflichtige Patienten weisen eine erhöhte Mortalität auf. Wie hoch diese tatsächlich ist und ob Unterschiede zwischen konventionell behandelten, dialysierten und transplantierten Patienten bestehen, war bislang noch nicht genauer erfasst worden. Eine schwedische Studie befasst sich daher näher mit dieser Frage. Für die populationsbasierte Kohortenstudie wurden für den Zeitraum zwischen 1999 und 2010 anhand eines nationalen Gesundheitsregisters mehrere Gruppen ausgewählt:

  • 3040 Erwachsene, die an einer chronischen Nierenerkrankung im Stadium 4 und 5 litten
  • 725 Patienten, die sich einer Peritonealdialyse unterzogen
  • 1791 hämodialysierte Patienten
  • 606 transplantierte Patienten
  • sowie Kontrollgruppen.

Die Gesamtmortalität wurde dem schwedischen Sterberegister entnommen. Das Mortalitätsrisiko (Hazard ratio, HR) wurde mithilfe des Cox-Regressionsmodells unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Bildung, Erfassungsjahr und Vorliegen eines Diabetes ermittelt. Im Zeitraum von 6553 Personenjahren starben 766 Patienten, die unter einer fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankung (Stadium 4 und 5) litten; das entspricht 12 Todesfällen auf 100 Personenjahre. Innerhalb von 1113 Personenjahren starben 186 Kranke, die sich einer Peritonealdialyse unterziehen mussten; das entspricht 17 Todesfällen auf 100 Personenjahre. Innerhalb von 3680 Personenjahren starben 924 Nierenkranke, die hämodialysiert wurden; das entspricht 25 Todesfällen auf 100 Personenjahre. Im Zeitraum von 2953 Personenjahren starben 53 transplantierte Patienten, entsprechend 1,8 Todesfällen auf 100 Personenjahre. Vergleicht man diese Zahlen mit der Mortalität der Kontrollen und berechnet daraus das Mortalitätsrisiko, können folgende Aussagen gemacht werden:

  • Im Vergleich mit der Kontrolle hatten chronisch Nierenkranke im Stadium 4 und 5 ein rund dreieinhalbfach erhöhtes Mortalitätsrisiko, transplantierte Patienten ein über fünffach erhöhtes Risiko, Patienten, die sich einer Peritonealdialyse unterzogen, ein über neunfach erhöhtes Risiko und Hämodialysierte ein über zwölffach erhöhtes Risiko.
  • Ein direkter Vergleich mit den chronisch Nierenkranken zeigte, dass das Mortalitätsrisiko bei den transplantierten Patienten am geringsten war. Bei Patienten unter einer Hämodialyse war das Risiko um 2,6 erhöht, unter einer Peritonealdialyse um 1,7.

Das heißt, Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung haben ein geringeres Mortalitätsrisiko als dialysierte (Hämodialyse und Peritonealdialyse) Patienten, aber ein höheres Mortalitätsrisiko als nach Transplantation. Das Mortalitätsrisiko ist bei hämodialysierten Patienten am höchsten und am niedrigsten bei den Empfängern einer neuen Niere.

Die Autoren empfehlen, die Indikation für eine Dialyse sorgfältig zu überdenken. Allerdings räumen sie auch mögliche Schwächen der Studie ein. So konnten trotz Zugriff auf die Registerdaten möglicherweise nicht alle Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung erfasst werden. Auch seien Unterdiagnosen nicht auszuschließen. Des Weiteren sei es möglich, dass einzelne Patienten mehrere Therapie erhalten hätten oder dass es im Vorfeld Selektionen zugunsten der einen oder anderen Therapie gegeben hätte. Auch wenn diese Ungewissheiten berücksichtigt werden, sollte eine frühe Dialysetherapie kritisch hinterfragt werden, so die Autoren. 

Quelle

Neovius M et al. Mortality in chronic kidney disease and renal replacement therapy: a population-based cohort study. BMJ Open 2014; 4: e004251.doi:10.1136/bmjopen-2013-004251.

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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