Arzneimittel und Therapie

Aus für Metoclopramid-Tropfen

Indikationen der verbleibenden Darreichungsformen und alternative Wirkstoffe

jb | Metoclopramid-Tropfen (MCP) mit einem Wirkstoffgehalt von mehr als 1 mg/ml sind seit letzter Woche nicht mehr verkehrsfähig und wurden zurückgerufen. Sämtliche in Deutschland erhältlichen Präparate waren betroffen, da sie alle Konzentrationen zwischen 4 und 5 mg/ml aufwiesen. Der sofortige Widerruf der Zulassung und der damit verbundene Rückruf von MCP-Tropfen hat große Verunsicherung verursacht und gleichzeitig die Frage nach Therapiealternativen zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen sowie zur Anwendung der verbleibenden MCP-Formulierungen aufgeworfen, die nach wie vor erhältlich sind.

Mit dem Rückruf der oralen Liquida wurden die Maßnahmen zur Risikominimierung MCP-haltiger Arzneimittel umgesetzt, die im letzten Jahr von der europäischen Aufsichtsbehörde EMA nach Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses empfohlen worden waren. Die Experten der EMA bestätigten das bekannte Risiko für neurologische Nebenwirkungen wie akute extrapyramidale Störungen und Spätdyskinesien. Das Risiko steigt mit Dosis und Behandlungsdauer. Extrapyramidale Störungen machen fast die Hälfte der gemeldeten Nebenwirkungen aus. Speziell bei der Langzeitanwendung könnte das Risiko größer sein als der Nutzen. Die EMA empfiehlt folgende Maßnahmen:

  • Bei Erwachsenen ist MCP weiterhin für folgende Indikationen zugelassen: Prävention von Übelkeit und Erbrechen nach Operationen oder durch Strahlentherapie induziert, Prävention verzögerter Übelkeit und verzögertem Erbrechen durch Chemotherapie sowie zur symptomatischen Behandlung von Übelkeit und Erbrechen, auch im Zusammenhang mit akuter Migräne. Bei Migräne kann es zudem zur Verbesserung der Resorption von oralen Analgetika angewendet werden. Bei Motilitätsstörungen und dadurch bedingtem Sodbrennen oder Refluxösophagitis soll MCP nicht mehr indiziert sein, da auch hier der Nutzen fraglich ist.
  • Bei Kindern unter einem Jahr ist MCP jetzt kontraindiziert. Bei älteren Kindern soll es nur als Second-line-Therapie bei postoperativem oder Chemotherapie-induziertem Erbrechen eingesetzt werden.
  • Die Anwendung von Metoclopramid soll auf fünf Tage beschränkt werden. Für den Benefit einer Langzeitanwendung gibt es keine überzeugenden Daten.
  • Die Tageshöchstdosis wird auf 0,5 mg/kg Körpergewicht beschränkt. Die Standarddosis für Erwachsene beträgt in Zukunft dreimal 10 mg pro Tag.
  • Die Begrenzung der Höchstkonzentration von oralen Liquida auf 1 mg/ml soll zukünftig einer versehentlichen Überdosierung entgegenwirken, die vor allem bei Kindern zu schweren neurologischen Nebenwirkungen führen kann.
  • Intravenöse Formulierungen mit Konzentrationen über 5 mg/ml und Zäpfchen mit 20 mg werden ebenfalls zurückgenommen. In Deutschland spielen diese allerdings keine Rolle.

Außerdem wurden weitere Warnhinweise in den Fach- und Gebrauchsinformationen ergänzt, beispielsweise auf das QT-Zeit-verlängernde Potenzial.

Was sind die Alternativen?

MCP-Tabletten, -Zäpfchen und -Injektionslösungen sind weiterhin verfügbar und unter Beachtung der zugelassenen Indikation verordnungsfähig. Für Patienten mit Schluckbeschwerden können beispielsweise Tabletten einzelner Hersteller (weitere Informationen dazu z.B. www.hexal.de) zermörsert und suspendiert werden. Eine individuelle Dosierung ist so allerdings nicht möglich.

Eine Alternative zu MCP wäre Domperidon. Die Substanz steht neben Tabletten auch als Lösung zur Verfügung. Allerdings hat auch hier die EMA vor Kurzem Anwendungseinschränkungen wegen kardialer Nebenwirkungen wie QT-Strecken-Verlängerung empfohlen. Domperidon soll demnach nur noch bei Übelkeit und Erbrechen, aber nicht mehr bei Blähungen oder Sodbrennen zum Einsatz kommen. Außerdem rät die EMA, dass die Anwendungsdauer von Domperidon auf eine Woche beschränkt wird. Ob und wann die Empfehlungen umgesetzt werden müssen, ist allerdings noch nicht entschieden. 

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