Arzneimittel und Therapie

Weniger Ovarialkarzinome dank ASS?

Fall-Kontroll-Studien zeigen eine Abnahme der Tumorinzidenz

Ein möglicher tumorprotektiver Effekt von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAIDs) wird seit längerem diskutiert. Die meisten Daten liegen für ein vermindertes Darmkrebsrisiko unter der Einnahme von ASS vor. Nun untersuchten amerikanische Epidemiologen, ob durch nicht-steroidale Antirheumatika und ASS auch das Ovarialkarzinom-Risiko beeinflusst wird.

Eine Arbeitsgruppe aus Rockville/Maryland wertete zwölf populationsbasierte Fall-Kontroll-Studien mit insgesamt 7776 Frauen aus, die an einem invasiven Ovarialkarzinom erkrankt waren. 11.843 Frauen dienten als Kontrolle. Die Zeitspanne reichte von 1992 bis 2007. Von allen Frauen war bekannt, ob sie ASS, NSAIDs oder Paracetamol eingenommen hatten (Frequenz, Dosis und Dauer). Dasselbe gilt für potenzielle Risikofaktoren wie Alter, ethnische Zugehörigkeit, Body-mass-Index, Menopausenstatus, Einnahme von Kontrazeptiva, familiäre Belastung etc., die in den Analysen berücksichtigt wurden. Die Frauen wurden in zwei Gruppen eingeteilt: in Probandinnen mit regelmäßiger (mindestens einmal wöchentlicher) und gelegentlicher Einnahme von ASS, NSAIDs oder Paracetamol. 18% der Studienteilnehmerinnen hatten regelmäßig ASS eingenommen, 24% NSAIDs und 16% Paracetamol.

Weniger Ovarialkarzinome nach ASS-Einnahme

Der Vergleich zwischen erkrankten Frauen und Studienteilnehmerinnen der Kontrollgruppe führte zu folgender Kernaussage: Frauen ohne Ovarialkarzinom hatten häufiger ASS eingenommen als Frauen, die an Eierstockkrebs erkrankt waren. Betrachtet man alle Studien zusammen, so konnte in den ASS-Gruppen das Risiko um 9% verringert werden (OR = 0,91; 95% Konfidenzintervall KI 0,84 bis 0,99). Die Ergebnisse waren in den NSAIDs-Gruppen ähnlich, aber ohne statistische Signifikanz. Die Einnahme von Paracetamol hatte keinen Einfluss auf das Ovarialkarzinom-Risiko.

Aus sieben Studien konnten weitere Informationen gewonnen werden. So verringerte eine tägliche Einnahme von ASS das Ovarialkarzinom-Risiko im Schnitt um 20% (OR = 0,80; 95% KI 0,67 bis 0,96). Die stärksten Effekte – eine Risikoreduktion um 34% – wurden mit niedrigen Dosierungen von unter 100 mg pro Tag erzielt (OR = 0,66; 95% KI 0,53 bis 0,83; Ergebnis von drei Studien). Die Einnahme anderer NSAIDs führte erst bei Gaben von über 500 mg zu einer Risikoreduktion (OR = 0,76; 95% KI 0,64 bis 0,91; Ergebnis von drei Studien).

Tumorprävention durch Entzündungshemmung?

Wie in neueren Studien zur Reduktion des Darmkrebs-Risikos wurden auch in obiger Analyse die besten Ergebnisse mit der täglichen Einnahme von niedrigdosiertem ASS gezeigt. Diese Feststellung kann derzeit noch nicht schlüssig erklärt werden. Es gibt jedoch mehrere Versuche, den tumorprotektiven Effekt von ASS zu deuten: Mehrere Risikofaktoren für ein Ovarialkarzinom hängen mit inflammatorischen Vorgängen zusammen. Entzündungsmediatoren, die bei der Ovulation und der Follikelruptur freigesetzt werden, können eine Zelltransformation initiieren oder fördern. Dasselbe gilt bei Vorliegen einer Endometriose. ASS und NSAIDs wiederum führen zu einer Abnahme inflammatorischer Prozesse. Da durch Paracetamol (hemmt vorwiegend COX 2) keine Risikoreduktion erzielt wurde, mutmaßen die Studienautoren, dass insbesondere eine Hemmung von COX 1 für die präventive Wirkung verantwortlich ist. Dies sind allerdings nur Hypothesen, die einer Verifizierung bedürfen. Desgleichen bedarf es einer Klärung, welche Frauen von einer langfristigen ASS-Einnahme profitieren, da dem gewünschten Effekt – der Reduktion des Tumorrisikos – unerwünschte Wirkungen wie gastrointestinale Blutungen gegenüberstehen.

Wer profitiert?

Ein Kommentator dieser Studie weist auf die relativ geringe Inzidenz von Ovarialtumoren hin (die Lebenszeit-Inzidenz liegt zwischen 1,4% und 1,7%). Bei einer allgemeinen Empfehlung zur Prävention mit ASS würde die überwiegende Mehrzahl gesunder Frauen ein Medikament mit potenziellen Risiken einnehmen, ohne jemals einen Nutzen davon zu haben. Einen möglichen Benefit hätten nur Hochrisikopatientinnen wie etwa Trägerinnen mit BRCA1- und BRCA2-Mutationen (die geschätzte Lebenszeit-Inzidenz liegt hier bei 39%). Bekräftigt wird diese Aussage durch die Ermittlung der NNT (Number needed to treat): Geht man – wie in obiger Studie ermittelt – in einer nicht selektierten Population von einer 20%igen Risikoreduktion durch die Einnahme von ASS aus, so müssen 295 Frauen langfristig ASS einnehmen, um ein Ovarialkarzinom zu verhindern (NNT = 295). Innerhalb einer Hochrisikopopulation bei Trägerinnen von BRCA1/2-Mutationen sind es lediglich acht bis 13 Frauen, die ASS einnehmen müssen, um ein Ovarialkarzinom zu verhindern (NNT 8 bis 13). Als Nächstes gilt es nun zu klären, welche Frauen von einer Chemoprävention mit ASS profitieren, so der Kommentator. 

Quelle

Trabert B et al. Aspirin, nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drug, and acetaminophen use and risk of invasive epithelial ovarian cancer: A pooled analysis in the ovarian cancer association consortium. http://jnci.oxfordjournals.org; DOI:10.1093/jnci/djt431.

Tsoref D et al. Aspirin in prevention of ovarian cancer: Are we at the tipping point? http://jnci.oxfordjournals.org; DOI:10.1093/jnci/djt453.

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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