INTERPHARM 2014 - Wirtschafts-Interpharm

Was sind Apothekenleistungen wert?

Antworten und neue Fragen bei der Wirtschafts-Interpharm

tmb | Was sollen Apotheker künftig leisten und was sollen sie dafür bekommen? Das muss mit den „Playern“ im System diskutiert werden. Dies tat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt bei der Wirtschafts-Interpharm im Gespräch mit Sabine Dittmar (SPD), Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, und dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, moderiert von DAZ-Chefredakteur Dr. Benjamin Wessinger.
Foto: DAZ / A. Schelbert / C. Hartlmaier
Johann-Magnus von Stackelberg, GKV-Spitzenverband (li.), Sabine Dittmar, SPD (2. von rechts) und Friedemann Schmidt, ABDA (re.) diskutierten mit Benjamin Wessinger, DAZ, über eine gerechte Honorierung der Apotheker.

Aussichten für das Medikationsmanagement

In der Bewertung des Medikationsmanagements war sich die Runde relativ einig. Dittmar erklärte, sie hätte als Ärztin gerne mit Apothekern zusammengearbeitet und wäre froh, bei Polymedikationen auf das Wissen der Apotheker zurückgreifen zu können. Die Politik sei offen für Modelle, die die Qualität verbessern. Diese Leistungen müssten honoriert werden, aber es stehe nichts dazu im Koalitionsvertrag. Im Verlauf der Diskussion zeigte sich die SPD-Politikerin dennoch offen: Wenn sich ARMIN an harten Endpunkten beweise, müsse das Projekt in die Regelversorgung überführt werden, sagte Dittmar.

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Sabine Dittmar, MdB (SPD)

Von Stackelberg äußerte ein „deutliches Jein“ zum Medikationsmanagement. Die Krankenkassen seien an sicherer und wirtschaftlicher Arzneimittelversorgung interessiert, aber Verbesserungen müssten an harten Kriterien gemessen werden. Nachdem Schmidt mehrfach deutlich gemacht hatte, dass das Medikationsmanagement über die bisherigen Leistungen hinausgeht, erklärte von Stackelberg: „Wir verschließen uns nicht.“ Doch müsse diskutiert werden, welche Leistungen sinnvoll seien, was sie bringen und ob darüber Kollektiv- oder Selektivverträge abgeschlossen werden sollten, so von Stackelberg. Eine entschiedene Absage erteilte er dem „Abkassieren beim Patienten“ wie bei ärztlichen IGeL-Leistungen.

Schmidt betonte, dass neue wertvolle Leistungen zusätzlich honoriert werden müssen, denn der Festzuschlag basiert auf dem Leistungsspektrum von 2003 und decke keine Innovationen ab. Doch wünscht sich der ABDA-Präsident neue Honorare nur als zweites, ergänzendes Standbein. Den Festzuschlag ganz abzulösen sei hochgefährlich. Denn die packungsabhängige Honorierung setze zwar einen problematischen Mengenanreiz und sei politisch vulnerabel wegen der nötigen Anpassungen, garantiere aber, dass Beratung und Arzneimittelabgabe nicht voneinander getrennt werden könnten.

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Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des GKV-Spitzenverbands

Regelung zum Kassenabschlag eilt

Zur Weiterentwicklung des bestehenden Honorars entwickelte sich eine merkwürdige Diskussion. Von Stackelberg beklagte, die Apotheker hätten die beiden jüngsten Gesundheitsgesetze nicht genutzt, um gemeinsam mit den Krankenkassen eine Neuregelung des Apothekenabschlags anzugehen, wie es beide Seiten unter Moderation des Schlichters vereinbart hatten. Wenn darüber nicht bis zum Sommer verhandelt werde, müssten die Apotheker eine detaillierte Beschreibung ihrer Leistungen liefern, um daran künftig ihre Kostenentwicklung zu demonstrieren. Dazu seien die Apotheker gesetzlich verpflichtet und darauf werde auch der Schiedsstellenvorsitzende Dr. Rainer Hess bestehen, so von Stackelberg. Eine solche retrospektive Beschreibung der vielfältigen Funktionen der Apotheken und deren Bepreisung hält Schmidt hingegen für unpraktikabel und keinesfalls erstrebenswert. Doch Schmidt zeigte sich offen für einen gemeinsamen Weg mit den Krankenkassen: „Wir sind genauso interessiert wie Sie, diesen Zwiespalt zu lösen“, erklärte Schmidt gegenüber von Stackelberg. Dies müsse allerdings bis zum Sommer geschehen, entgegnete von Stackelberg mit Nachdruck. Für die Zuhörer blieb unklar, warum hierzu nicht bereits mehr unternommen wurde. Ebenso blieb offen, wie eine Neuregelung zum Ersatz des bisherigen Kassenabschlags aussehen könnte.

Nach Ansicht des ABDA-Präsidenten besteht im Arzneimittelmarkt einiger Reformbedarf, bis 2017 würden die derzeitigen Steuerungsinstrumente ihre Wirkung verlieren. Über das Preismoratorium für die Hersteller werde vor Gericht entschieden und das Rabattvertragssystem fahre vor die Wand, ist sich Schmidt sicher. Die Apotheker würden auch schon heute mit dem Festzuschlag für ihre Dienstleistung honoriert. Diese Honorierung dürfe nicht als Teil des Produktpreises wahrgenommen werden. Denn bei Preisen ließen sich Kürzungen viel leichter begründen als bei Gehältern.

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Friedemann Schmidt, ABDA-Präsident

Festzuschlag und neue Honorarelemente

Beim Festzuschlag beklagte Schmidt die fehlende Regelmäßigkeit der Anpassung. Auch Dittmar machte deutlich, dass eine Anpassung erst nach zehn Jahren „nicht akzeptabel“ ist und dies werde von allen Parteien so gesehen, aber die Politik tendiere eher zu Honoraren für einzelne Leistungen. „Das Problem ist mir bekannt“, erklärte Dittmar, aber es sei nicht klar, wann man zu einer Lösung komme. Denn im Koalitionsvertrag steht zu diesem Thema nichts, und die Politik handle zur Zeit eng an diesem Vertrag. Sogar von Stackelberg gestand zu: „Ich bin für eine regelmäßige Überprüfung“. Eine Indexierung, also die feste Koppelung an einen volkswirtschaftlichen Indikator, lehnte er dagegen vehement ab. „Jeder Index ist falsch“, so von Stackelberg.

Schmidt forderte, Standortnachteile durch spezifische Leistungszuschläge auszugleichen. Dies sei besser als kleine Apotheken direkt durch große Apotheken zu subventionieren wie in Finnland oder Großbritannien. Doch Gemeinwohlpflichten könnten nicht auf der Grundlage von Vollkosten honoriert werden, so Schmidt. Es sei ein Kompromiss nötig und einen solchen Vorschlag zur Rezepturhonorierung werde der DAV-Vorsitzende Fritz Becker im Mai vorstellen.

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