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Bei E-Zigaretten entscheidet die Dosis

EU-Tabakrichtlinie auf der Zielgeraden

BERLIN (jz) | Nach langem Ringen rückt bei der EU-Tabakrichtlinie ein Kompromiss in greifbare Nähe. Das Europäische Parlament und der aus Vertretern der einzelnen EU-Mitgliedstaaten bestehende Ministerrat einigten sich Mitte Dezember auf einheitliche Regeln: Warnhinweise und Schockbilder müssen künftig 65 Prozent der Zigaretten-Packungsoberfläche ausmachen, Kleinpackungen und Aromastoffe werden verboten – schwächer dosierte E-Zigaretten dürfen aber weiterhin außerhalb von Apotheken vertrieben werden.

Die überarbeitete Richtlinie stelle sicher, dass Tabakprodukte aussähen und schmeckten wie Tabakprodukte, erklärte Gesundheitskommissar Tonio Borg – und sie helfe dabei, junge Leute vom Rauchen abzuhalten. Borg lobte auch das geplante Sendungsverfolgungssystem mit Sicherheitsfunktionen wie Hologrammen, das den Kampf gegen den illegalen Handel unterstützen soll.

Einer der großen Streitpunkte war bis zuletzt die Frage, ob elektrische Zigaretten als Genussmittel oder Arzneimittel eingeordnet werden sollen. Der Kompromiss: Schwächer dosierte E-Verdampfer dürfen weiterhin am Kiosk verkauft werden. Sie gelten als Tabakprodukte – sollten aber nicht mehr als 20 mg/ml Nicotin aufweisen. Im Übrigen kommt das Arzneimittelrecht zur Anwendung, mit der Folge, dass entsprechende E-Zigaretten bzw. die zu verdampfenden Flüssigkeiten (Liquids) nur in Apotheken abgegeben werden dürfen.

Zur Sicherstellung müssen Hersteller und Importeure den zuständigen Behörden eine Liste aller Inhaltsstoffe und resultierender Emissionen mitteilen. Zudem greift für E-Zigaretten ein ähnliches Werbeverbot wie beim Tabak, ebenso strenge Qualitätskriterien und Warnhinweispflichten. „Die E-Zigarette ist nicht unproblematisch, denn Nicotin macht abhängig“, betonte der Europa-Abgeordnete Peter Liese (EVP-Fraktion/CDU) – daher solle sie auf keinen Fall von Jugendlichen benutzt werden. Für starke Raucher, die anders nicht von der Zigarette wegkämen, sei sie allerdings eine Alternative. „Deshalb dürfen wir sie nicht totregulieren.“ Den gefundenen Kompromiss hält Liese insoweit für ausgewogen: „Wir stärken den Gesundheitsschutz ohne unnötige Bürokratie.“

Obwohl der Kompromiss die europäische Tabakgesetzgebung deutlich verbessere, bleibe „ein schlechter Nachgeschmack“, bilanzierte die Vorsitzende der EFA-Fraktion/Grüne, Rebecca Harms – „da die Tabakkonzerne durch enormen Lobbydruck den ursprünglichen Vorschlag verwässern konnten“. Die Tabakindustrie beklagt einen zu tiefen Eingriff in die Freiheit der Konsumenten und warnt davor, dass die geplanten Maßnahmen zum Abbau von Arbeitsplätzen führen werden. Dem vereinbarten Text müssen EU-Parlament und die EU-Staaten noch offiziell zustimmen. Das gilt allerdings eher als Formalie. 

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