Gesundheitspolitik

Arnold verteidigt Leitbildprozess gegen massive Kritik

Arnold: Fragen sollen Trend zeigen – Offene Briefe von Dobbert, Diefenbach und Hansmann

BERLIN (wes) | Holpriger Start mit technischen Pannen, keine überregionale Diskussion, niedrige Beteiligung – es läuft nicht rund mit der Leitbild-Diskussionsplattform der ABDA. Zu den Kritikern des Prozesses in Internetforen haben sich nun auch noch ein Kammerpräsident und zwei prominente (Ex-)Vorstände von Landesapothekerverbänden gesellt (s. S. 3).

Im Gespräch mit der AZ erklärt Mathias Arnold, als Vizepräsident bei der ABDA zuständig für den Leitbildprozess, wie es zu den anfänglichen Problemen auf der Internet-Diskussionsplattform gekommen ist. „Es gab offensichtlich für manche Anwender ein technisches Problem. Deren Feedback hat das Einspielen eines Updates erforderlich gemacht.“ Einige Apotheken-Computer seien noch mit Windows XP ausgerüstet. In Kombination mit einer älteren Version des Internet Explorers – die von Microsoft nicht mehr empfohlen wird – habe die Seite leitbildprozess.de nicht richtig funktioniert. Beim dadurch erforderlichen Update sei es leider zu einem Fehler gekommen, in dessen Folge einige Forumsbeiträge sowie selbst vergebene Benutzernamen und Passwörter, die ab Montagmorgen, 3. Februar, aktiviert worden waren, verloren gegangen seien. „Das ist sehr ärgerlich“, gab Arnold zu. Ab Montagabend habe aber alles wieder funktioniert.

Weitere Probleme habe es mit nicht ganz aktuellen Versionen eines bestimmten Viren-Schutzprogramms gegeben. „Ich finde es aber gut, wenn wir offen die möglichen Quellen für Fehlermeldungen bei Software-Aktualisierungen kommunizieren. Daraus muss nicht gleich eine Pannenserie postuliert werden“, so Arnold.

Auch bei der Zustellung der Zugangscodes habe es einzelne Rückläufer gegeben, allerdings nur bei einer niedrigen zweistelligen Zahl von Apothekern, wie Arnold betonte. Der Post könne man nur schwerlich einen Vorwurf machen, denn diese könne nur Adressen erreichen, die von den Kammern angegeben worden seien. Und es komme eben vor, dass beispielsweise der Namenswechsel nach Heirat der Kammer nicht gemeldet werde.

Datenschutz-Bedenken

Der größte Teil der insgesamt sehr wenigen unzustellbaren Zugangsdaten sei in den vier Kammerbezirken vorgekommen, die die Daten ihrer Mitglieder nicht übermittelt hatten. In Berlin, Brandenburg, Bremen und Hessen mussten die Apotheker ihre Adressen selbst melden. Dabei seien einige Adressfehler passiert, so Arnold.

Dieser Sonderweg einzelner Kammern, der mit Bedenken der Landesdatenschutzbeauftragten begründet wird, habe auch zu der Trennung der Diskussion nach Kammerbezirken geführt. Auch BAK-Präsident Andreas Kiefer hatte diesen Grund genannt. Dazu komme, dass die ABDA föderal arbeite. Diese föderale Struktur spiegle sich in der Struktur der Diskussion wieder, sagte Kiefer am Rande des Pharmacon in Davos.

Erarbeitet wurde der Fragebogen laut Arnold „im Wechselspiel“ zwischen der AG Leitbild, der Geschäftsstelle der ABDA und einem Soziologen. Die AG Leitbild der ABDA habe dabei den Rahmen gesetzt und die Themenfelder definiert. Die konkrete Formulierung der Fragen hätten dann die Sprachexperten übernommen. Denn dabei gelte es doch einiges zu beachten – zu bestimmten Themen werden Wiederholungsfragen genutzt, man müsse auch ausschließen, dass ein Befragter Muster bilde und vieles mehr. In die endgültige Abstimmung des Fragebogens sei die Leitbild-AG aber nicht mehr eingebunden gewesen. „Diskussionen über Formulierungen – schreiben wir jetzt besser ‚soll‘ oder ‚könnte‘ – kann man nicht mehr mit zwanzig Mann machen“, sagt Arnold.

Fragen sollen Anregung sein

Man müsse bedenken, dass es sich bei dieser Befragung nicht um eine repräsentative Umfrage handle. „Also kann der Fragebogen nur einen Trend widerspiegeln“, so Arnold. Tendenzen, die bei einer Frage auftauchen, könnten sich dann bei einer weiteren Frage, die eine Seite weiter hinten auftauche, verstärken. Bei diesen Fragen sei es auch nicht darum gegangen, dass daraus Formulierungen entstehen, die in Stein gemeißelt seien. Aus den Fragen entstehe ein Trend, aus diesem Trend eine Landesmeinung, und diese Landesmeinung werde dann auf dem Konvent diskutiert.

„Dieser Fragebogen soll eine Anregung sein, selbst über diese Themen nachzudenken“, betont Arnold. „Wir hatten ein bisschen die Intention, dass jemand merkt: Zu dieser Frage hätte ich gerne noch etwas gesagt – und dann wechselt er auf die Kommentarseite.“ Außerdem solle der Fragebogen die Anregung geben zur anschließenden Diskussion in Arbeitsgruppen auf Länderebene. „Das heißt, der Fragebogen wird letztendlich wieder auftauchen in den Leitbilddiskussionen.“ Dabei sei es schon interessant, ob nur drei Leute ein Thema als wichtig einschätzen oder sehr viele. Die Kritik, es würden banale Fragen gestellt, bei denen sich die Apotheker doch einig seien, weist Arnold zurück: „Wenn bei einer Frage 100 Prozent antworten: ja, das ist sehr wichtig, dann ist das ja auch eine Aussage. Mit Selbstverständlichkeiten ist es so eine Sache. Jeder von uns denkt bei manchen Dingen, sie seien selbstverständlich – und nachher stellt sich heraus, das ist es eben gar nicht. Das heißt, auch das Abfragen von Selbstverständlichkeiten kann sinnvoll sein.“

Auf die Frage, ob die Einteilung der Online-Diskussion in sechs mehr oder weniger breite Themenfelder die Debatte nicht unnötig einschränke, sagte Arnold: „Die Überschriften über den Kommentaren sollten nicht dogmatisch gesehen werden. Wenn jemand darunter schreibt ‚Ich bin der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss‘, dann wird das auch gelesen.“ Wenn man Probleme habe, seine Meinung in diese sechs Themenfelder einzuordnen, könne man sie dorthin schreiben, wo sie am ehesten passt. „Es ist ja nicht so, dass dann jemand sagt: Thema verfehlt, Sechs, setzen. Dieser Kommentar wird genauso Eingang finden in die Diskussion.“

Keine Verlängerung

Die Forderung, wegen der anfänglichen Probleme die Diskussion zu verlängern, lehnt Arnold ab. „Wir haben einen sehr engen Zeitplan“, gibt er zu bedenken. Der Rahmen sei von den Terminen Deutscher Apothekertag und Mitgliederversammlung der ABDA gesteckt. „Wir können nicht den Deutschen Apothekertag verschieben, weil wir sagen, wir mussten eine Woche länger online diskutieren.“ Ganz davon abgesehen, dass die technischen Probleme nur einige wenige Nutzer getroffen haben, sei bis zum 21. Februar genug Zeit, seine Meinung zu artikulieren. Und die Diskussion über ein neues Leitbild gebe es ja schon länger – „länger als es den Leitbildprozess gibt“ –, so dass es jetzt eigentlich darum gehe, die eigenen Gedanken und Erkenntnisse in die Diskussion einfließen zu lassen. Es sei ja nicht so, dass das Thema plötzlich über die Apothekerschaft gekommen sei und diese jetzt nur drei Wochen Zeit zur Diskussion habe. Arnold: „Ob eine Verlängerung um drei Tage viel ändern würde? Ich kann es mir offen gestanden nicht vorstellen.“ 

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