Gesundheitspolitik

Substitutionsausschlussliste: G-BA weist Kritik zurück

Hecken und Verbraucherschützer: Vorbereitungszeit war ausreichend

BERLIN (ks) | Die seit dem 10. Dezember geltende Substitutionsausschlussliste hat viele Apotheken kalt erwischt. Sie hätten sich eine Übergangsfrist für die Umsetzung gewünscht.

Vor allem Rezepte über Levothyroxin-Präparate machen ihnen in der Praxis zu schaffen. Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), meint jedoch: „Mit Blick auf den Verfahrensverlauf und diese überaus ansehnlichen Zeitspannen ist der Ruf nach einer Vorbereitungszeit für die Umsetzung kaum nachvollziehbar.“ Auch Verbraucherschützer, die die Liste grundsätzlich begrüßen, finden, der Vorlauf sei ausreichend gewesen. Wenn es jetzt noch Probleme gebe, müssten Apotheker und Ärzte gemeinsam eine Lösung finden.

Ärzte unzureichend informiert

Pharmazeutische Bedenken können bei den Wirkstoffen der Ausschlussliste nicht mehr geltend gemacht werden – so lautet die Vorgabe des Deutschen Apothekerverbands. Und auch im Notdienst darf nicht substituiert werden. Der G-BA seinerseits lässt zwar wissen, dass er diese Fragen nicht regelt: Die Apothekenbetriebsordnung falle nicht in seinen Bereich, so eine G-BA-Sprecherin. Dennoch darf laut DAV nur eine konkrete Verordnung bedient werden. Wirkstoffverordnungen oder anderweitig unklare Rezepte müssen zurück zum Arzt, wenn der Patient versorgt werden soll. Offenbar sind sich viele Ärzte jedoch nicht klar, dass sie bei einigen Wirkstoffen nun besonders klar verordnen müssen. Hinzu kommt, dass die Software erst zum Jahreswechsel angepasst wird. Eine Situation, die viele Apotheker verzweifeln lässt.

Doch Hecken fehlt das Verständnis: Die Kritik der Apotheker „geht an den Tatsachen vorbei und verunsichert ohne Not Patientinnen und Patienten“, so der G-BA-Chef. Die Liste sei bereits am 18. September 2014 beschlossen worden und sodann nach Nichtbeanstandung durch den Bundesgesundheitsminister am 10. Dezember 2014 in Kraft getreten. Sie sei „keine überraschend verabschiedete Neuregelung, die für niemanden im Vorfeld zu erahnen war“, so Hecken. „Es war für jeden im System erkennbar, dass eine solche Zusammenstellung erfolgen wird und über die Beschlussfassung wurde in den Fachmedien umfangreich berichtet.“ Zudem seien die Apotheker im Vorfeld über das Stellungnahmeverfahren und die mündliche Anhörung an der Beratung des Beschlussentwurfs im G-BA argumentativ und persönlich beteiligt gewesen. Im Stellungnahmeverfahren seien alleine 18 schriftliche Stellungnahmen u.a. von Apothekern und apothekennahen Fachgesellschaften abgegeben worden – die jetzt beklagten Probleme kamen darin offenbar nicht zu Wort.

Der Ruf nach einer Übergangsfrist wundert Hecken „umso mehr, als dass die Apotheker vor der gesetzlichen Beauftragung des G-BA eine nicht unerhebliche Zeit – wenn auch erfolglos – selbst mit der Erstellung einer Substitutionsausschlussliste betraut waren“. Aber die Forderung überrasche ihn auch deshalb, weil die Regelung dem Patientenschutz diene. „Denn die Festlegung, welche Arzneimittel nicht ausgetauscht werden dürfen, verbessert die Therapiesicherheit für Patientinnen und Patienten. Die bedingungslose und zügige Umsetzung der Regelung erscheint auch aus dieser Sicht mehr als geboten.“

vzbv: Im Patienteninteresse

Das meint man auch beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): „Die Neuerung ist grundsätzlich im Interesse von Patienten und verspricht eine qualitative Verbesserung der Arzneimittelverordnung“, heißt es dort. Dass es nun bei der praktischen Umsetzung zu Problemen kommt, trifft auch hier nicht auf Verständnis. Die Apotheker- und Ärzteverbände hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, frühzeitig und gezielt zu informieren, so der vzbv. Es hätte etwa klar sein müssen, dass die an sich gewünschten Wirkstoffverordnungen in diesem speziellen Fall Probleme schaffen können und in der Regel eine weitere Abklärung zwischen Arzt und Apotheker notwendig machen. Kritische Punkte seien zudem der Umgang mit Rabattarzneimitteln, auf die Patienten gegebenenfalls bereits gut eingestellt sind, die Abgabe von Arzneimitteln im Notdienst sowie den Fall der Nichtlieferfähigkeit von Arzneimitteln. „In diesen Fällen braucht es zwischen allen Beteiligten eine Lösung im Sinne der Patienten, um die gewünschte qualitative Verbesserung der Versorgung auch wirklich erreichen zu können“, so der vzbv. Nur die Apotheken-Software umzustellen, reiche sicher nicht aus. Lösungsmöglichkeiten biete hingegen eine verbesserte Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker – davon sind die Verbraucherschützer überzeugt.

TK: Kein Retax bei Rabatt-arzneimittel-Abgabe

Indessen hat neben der AOK Baden-Württemberg – die in Sachen Rabattverträge das Sagen im AOK-System hat – auch die Techniker Krankenkasse erklärt, sie werde nicht beanstanden, wenn Apotheken Versicherte mit Rabatt-Arzneimitteln weiterversorgen. Wenn der Kasse kein Schaden entsteht – wovon auszugehen ist, wenn ein Rabattvertrag bedient wird – muss die Apotheke nicht fürchten retaxiert zu werden, so ein TK-Sprecher. Darüber hinaus befinde man sich in Gesprächen mit dem DAV – für den Fall, dass weitere Probleme auftauchen sollten. Beide Kassen betonen: Sie fanden die Liste schon immer überflüssig. 

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