Gesundheitspolitik

EU-Kommission: Arzneimittel bleiben im Gesundheitsressort

Nach heftiger Kritik hat der designierte Kommissionspräsident ein Einsehen

BERLIN (ks) | Bevor die neue EU-Kommission zum 1. November 2014 ihre Arbeit aufnehmen wird, hat der designierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach den Anhörungen im EU-Parlament einige seiner ursprünglichen Pläne nochmals überdacht und geändert. So soll nach der heftigen Kritik an der von ihm geplanten Umstrukturierung des Ressorts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, auch der neue Gesundheitskommissar, der Litauer Vytenis Andriukaitis, für Arzneimittel und Medizinprodukte zuständig bleiben. Juncker hatte zunächst geplant, diesen Bereich zurück in das Industrieressort wandern zu lassen.

Wie der EU-Parlamentarier Peter Liese (CDU) mitteilte, hatte der Vorsitzende der Fraktion der EVP-Christdemokraten im Europäischen Parlament, Manfred Weber, letzte Woche bei einer Fraktionssitzung über Junckers Umschwung berichtet.

Der künftige Kommissionspräsident hatte die Verantwortung für europäisch zugelassene Arzneimittel und für Medizinprodukte eigentlich der polnischen Kandidatin Elžbieta Bieńkowska übertragen wollen. Sie soll künftig für das Ressort für Binnenmarkt, Industrie sowie Kleine und Mittlere Unternehmen zuständig sein. Diese Verlagerung war auf heftigen Widerstand bei verschiedenen Vertretern des Gesundheitswesens sowie im Europäischen Parlament gestoßen. Schließlich waren Arzneimittel erst 2009 aus der Generaldirektion Industrie in den Gesundheitsbereich verschoben worden – mitten in der Umsetzung des auf den früheren Industriekommissar zurückgehenden Pharma-Paketes der EU. Dies war seinerzeit sehr positiv aufgenommen worden. Dass dieses Rad wieder zurückgedreht werden sollte, war auch bei der ABDA auf Kritik gestoßen. Sie hatte sich über den Zusammenschluss Europäischer Apotheker (ZAEU/PGEU) positioniert: „Gesundheitsschutz und Patientensicherheit müssen oberste Priorität haben; deshalb gehört die Kompetenz für Medizinprodukte und Gesundheitstechnologie in den Verantwortungsbereich des Gesundheitskommissars“.

Weltraum statt Pharma

Die designierte polnische Industriekommissarin Bieńkowska soll nun statt für Pharma zusätzlich für den Weltraum zuständig sein.

„Ich bin sehr froh, dass unsere guten Argumente Jean-Claude Juncker überzeugt haben“, so der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion. „Zwar halte ich Frau Bieńkowska für eine geeignete Kandidatin, aber wir müssen schon den Anschein vermeiden, dass Industrieinteressen in diesem sensiblen Bereich über Gesundheitsinteressen stehen.“ Liese verwies darauf, dass der Gesundheitsminister in allen Mitgliedstaaten selbstverständlich für Medizinprodukte und Arzneimittel zuständig sei.

Wichtig sei nun, dass die laufenden Gesetzgebungsverfahren, zum Beispiel über Medizinprodukte, zügig abgeschlossen werden, so Liese weiter. Andriukaitis ist für ihn der richtige Mann hierfür, „weil er selber Herzchirurg ist und seit 2,5 Jahren als Gesundheitsminister Litauens mit dem Dossier vertraut ist“.

Auch der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek) Christian Zahn, zugleich ehrenamtlicher Präsident des internationalen Zusammenschlusses von 52 Verbänden von Krankenversicherungsträgern (AIM) , sprach von einem „richtigen Signal“. Es sei eine Entscheidung im Sinne der Patienten, denn Fragen der Versorgungssicherheit und Gesundheit dürften nicht den wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden.

Zahn seinerseits verwies auf aus vdek-Sicht bestehende Schwachstellen im Entwurf der EU-Medizinprodukterichtlinie. Die nächste Legislaturperiode biete die Chance, ihn in zentralen Punkten noch einmal zu überdenken. Wichtigstes Anliegen der Krankenkassen sei, für Medizinprodukte hoher Risikoklassen ein Zulassungsverfahren analog der Arzneimittelzulassung einzurichten. 

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