Gesundheitspolitik

Apotheker unterliegen im Streit um Kassenabschlag 2009

Sozialgericht: Keine nachträgliche Rückzahlung - Sprungrevision zugelassen

BERLIN (ks) | Im Jahr 2009 lag der gesetzlich vorgesehene Abschlag der Apotheken an die Krankenkassen zunächst bei 2,30 pro Rx-Packung. Doch im Dezember 2009 entschied die von Deutschem Apothekerverband und GKV-Spitzenverband angerufene Schiedsstelle, dass der Rabatt an die gesetzlichen Kassen rückwirkend auf 1,75 Euro festzusetzen ist.

In der Folge stellten die Apothekenrechenzentren Sammelrechnungen an die Kassen, um die zu viel einbehaltenen 55 Cent pro Rx-Packung einzufordern. Die Krankenkassen zahlten – allerdings nicht binnen einer Zehntagesfrist. Daraufhin erhoben mehrere Apotheker Klage: Sie forderten von den Kassen den gesamten Apothekenabschlag zurück – also auch die 1,75 Euro pro Packung. Das Sozialgericht Aachen hat nun acht solcher Klagen abgewiesen.

Das Gesetz sieht in § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB V vor, dass die Krankenkassen von den Apotheken den gesetzlichen Abschlag erhalten, wenn sie deren Rechnungen binnen zehn Tagen nach Eingang begleichen. 2009 war dies in den Streitfällen so geschehen. Unklar wurde die Angelegenheit erst, als der Apothekenabschlag per Schiedsspruch später auf 1,75 Euro reduziert wurde. Die Kassen zahlten zwar die geforderten Summen nach – doch bei diesen nachträglich gestellten Sammelrechnungen ließen sie sich mehr Zeit als bei den üblichen Apothekenrechnungen. Daraufhin stellten sich einige Apotheker auf den Standpunkt, dass die Kassen auch hier die Zehntagesfrist hätten beachten müssen.

Im Dezember 2013 erhoben deshalb Hunderte von Apothekern Klage auf Nachzahlung auch der 1,75 Euro je Packung, die als Rabatt für 2009 festgesetzt und einbehalten worden waren. Die Nachforderung allein in den acht verhandelten Fällen beläuft sich nach Angaben des Sozialgerichts Aachen für 72.111 Packungen auf 126.194,25 Euro.

Null-Rabatt von keiner Seite gewollt

Nun haben die Aachener Richter diese Klagen abgewiesen. Eine Pressemeldung des Gerichts legt die Hauptargumentation des Gerichts in allen acht Urteilen dar: Die Annahme, infolge der Schiedsstellenentscheidung hätte der Apothekenrabatt 2009 eigentlich gar nicht gewährt werden müssen, weil die Kassen die Rechnungen im Rückblick nicht vollständig innerhalb der Zehntagesfrist beglichen hätten, ließe die Schiedsstellenentscheidung nicht nur ins Leere laufen, sondern führe sie ad absurdum, meinen die Sozialrichter. Zudem sei ein solches Ergebnis weder vom Gesetzgeber, noch von den Apothekern, Krankenkassen und der Schiedsstelle gewollt und beabsichtigt. Bei den Forderungsaufstellungen der Rechenzentren handelte es sich den Aachener Richtern zufolge nicht um eine Vergütungsrechnung im Sinne von § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Damit mussten die Kassen auch keine Zehntagesfrist einhalten, um ihre Rabattansprüche zu sichern.

„Unausgewogene Risikoverteilung“

Selbst in Verbindung mit den ursprünglichen Rechnungen und den darin enthaltenen Daten könnten die Sammelrechnungen nicht als eine diese Frist erneut auslösende Rechnung im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden. Die Nachberechnung des Vergütungsanspruchs der Apotheken für das Abrechnungsjahr 2009 aufgrund der Schiedsstellenentscheidung stelle vielmehr einen vom Gesetz weder geregelten noch intendierten Sonderfall dar. Die massive Folge der Nichteinhaltung der gesetzlichen Zehntagesfrist – der Fortfall des gesamten Rabatts – finde aber nur Anwendung auf die standardisierten Regelvergütungsabrechnungen zwischen den Apotheken und den Krankenkassen. Werde die Fristregelung auf jedwede Abrechnungskorrektur angewendet, bestünde eine „unausgewogene Risikoverteilung“. Damit sind aus Sicht der Aachener Richter mit der Nachzahlung der 0,55 Euro für jede abgegebene Rx-Packung die Vergütungsansprüche vollständig erfüllt.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Aachener Sozialgericht jeweils die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Urteile des Sozialgerichts Aachen von 19. August 2014, Az.: S 13 KR 385/13 u.a.

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