AZ-Spezial Urlaub und Recht

Wenn doch etwas schiefgelaufen ist

bü | Einige ausgewählte Urteile zum Reiserecht


  • Waschbecken im Hotel müssen nicht ständig geprüft werden

Löst sich ein Waschbecken in einem Urlaubshotel (hier auf Fuerteventura) und wird dabei ein Hotelgast am Fuß verletzt, so kann der (hier: Pauschal-)Reisende weder eine Minderung des Reisepreises noch Schmerzensgeld vom Reiseveranstalter verlangen. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Veranstalter belegen kann, die Hotels, die er in sein Angebot aufnimmt, vorher durch geschulte Mitarbeiter zu prüfen. Sind die Waschbecken nach den örtlichen und maßgeblichen Vorschriften ordnungsgemäß eingebaut worden und ist es in dem Hotel ohne vorherige Anzeichen dem Gast auf den Fuß gefallen, so hat sich damit ein Lebensrisiko verwirklicht, so das Amtsgericht München, das der Veranstalter nicht abdecken könne. Regelmäßiges Prüfen der Standfestigkeit durch Belasten aller Waschbecken, die ein Veranstalter in seinem Hotel-Angebot hat, sei unzumutbar; Stichproben reichten aus. (AmG München, 274 C 14644/13)

  • Freibad-Rutschanleitungen folgen – oder schmerzhaft landen

Schreibt die Anleitung in einem Freibad eindeutig vor, dass die Wasserrutsche nur im Sitzen und nach vorne gebeugt genutzt werden darf, so muss der Betreiber des Bades nicht für die Verletzung einer (hier: 22-jährigen) Besucherin haften, die die Rutsche – vermutlich – in einer anderen als der vorgegebenen Position hinabgerutscht ist. Liege das sehr nahe, weil Sachverständige festgestellt haben, dass es „korrekt sitzend“ physikalisch nicht möglich sei, auf der welligen Rutsche in der Form „abzuheben“ wie es der jungen Frau widerfahren ist (wobei sie sich beim Aufprall einen Berstungsbruch an der Lendenwirbelsäule zugezogen hat), so kann sie das geforderte Schmerzensgeld (hier: 30.000 Euro) ebenso wenig durchsetzen wie einen Anspruch auf Schadenersatz. (OLG Hamm, 9 U 13/14)

  • Auf Zusatzkosten darf nicht nur „besternt“ hingewiesen werden

Reiseveranstalter, die eine Schiffsreise mit einem Hotelaufenthalt „im Paket“ anbieten, müssen dabei den jeweiligen Endpreis nennen. Dazu gehören auch Zahlungen für Leistungen Dritter, die von den Reisenden zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssen – insbesondere das an Bord täglich zu zahlende sogenannte Service-Entgelt. Diese Kosten lassen sich beziffern und müssen im Endpreis erscheinen. Es genügt nicht, darauf per „Sternchen-Hinweis“ hinzuweisen, weil dies gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Preiswahrheit und Preisklarheit blieben dabei auf der Strecke. (Der Veranstalter bekam jedoch eine „Aufbrauchfrist“ bis Ende Dezember 2014 zugesprochen, da sein „aufwendig produzierter“ Katalog diese Laufzeit aufweist.) (OLG Koblenz, 9 U 1324/13)

  • Reisekrankenversicherung: Suizidversuch ist ein „vorsätzlicher Unfall“

Eine Urlauberin hatte den Tod ihres vor einem halben Jahr verstorbenen Mannes nicht überwunden und wollte sich nach der Ankunft in einem mexikanischen Hotel das Leben nehmen. Da das Hotelpersonal den Suizidversuch bemerkte und sie in ein Krankenhaus brachte, konnte ihr das Leben gerettet – und sie nach einer Woche entlassen werden. Die Kosten für die medizinische Versorgung wollte die Frau ihrem Auslandsreisekrankenversicherer in Rechnung stellen, doch dieser verweigerte die Regulierung. Zu Recht, so das Landgericht Dortmund, denn in den Versicherungsbedingungen waren „auf Vorsatz beruhende Unfälle und deren Folgen“ ausgeschlossen. Auch das Argument der Frau, der Vorsatz habe sich auf den Entschluss, aus dem Leben zu scheiden, bezogen, nicht auf das dadurch notwendig werdende Aufschneiden der Pulsadern, konnte die Richter nicht überzeugen. Zwar sei der Begriff des Unfalls nicht definiert, mit dem Durchtrennen der Blutgefäße habe die Betroffene aber das Ereignis auch vorsätzlich im Sinne der Versicherungsbedingungen herbeigeführt. (LG Dortmund, 2 O 309/13)

  • Streiks und Radarausfall sind „außergewöhnliche Umstände“

Verspätet sich ein Flugzeug, weil (hier in Griechenland) ein Generalstreik läuft, so können Fluggäste, die deswegen mindestens drei Stunden später als vorgesehen am Zielort ankommen, keine Ausgleichsleistung verlangen (hier gefordert in Höhe von 250 Euro pro Person). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es (nur) die genutzte Route betraf oder die Verspätung (auch) darauf zurückzuführen war, dass dieselbe Maschine beim vorherigen Umlauf von dem Arbeitskampf betroffen – und schon entsprechend später angekommen war. Es handelt sich um einen außergewöhnlichen Umstand, der ersatzlos als Entschuldigung anzuerkennen ist. – Dasselbe gilt, wenn das Radar ausgefallen war, wodurch sich der Flug verspätete. Auch hier wurden außergewöhnliche Umstände attestiert. Und in beiden Fällen wurde der Fluggesellschaft deren Bemühen um eine Ersatzmaschine anerkannt, was aber – von ihr nicht zu vertretenden Gründen – nicht geklappt hatte. (BGH, X ZR 104/13)

  • Reiserücktrittskostenversicherung: Der „Online-Check-In“ ist kein Antritt

Checkt sich ein reisewilliger Mann am Tag seines geplanten Abflugs (hier nach Santo Domingo) online selbst ein und erkrankt er kurz danach so schwer, dass er nicht mehr flugfähig ist, so muss die Reiserücktrittskostenversicherung seine Stornogebühren übernehmen. Sie kann nicht argumentieren, die Reise sei „angetreten“ und deswegen nicht mehr vom Versicherungsschutz gedeckt gewesen. Das Online-Check-In-Verfahren sei nicht mit dem klassischen Check-In am Schalter zu vergleichen, das versicherungstechnisch als Antritt der Reise gewertet werden dürfe, so das Amtsgericht München. Es diene vielmehr den wirtschaftlichen Interessen der Flughafengesellschaften, weil diese dadurch unter anderem Personal einsparen. Ein Online-Check-In sei kein „faktischer Antritt der Reise“. (AmG München, 171 C 18960/13)

  • Reiserücktrittskostenversicherung: Chronische Lungenkrankheit kommt nicht „unerwartet“

Ein chronisch Lungenkranker, der kurz vor Beginn seiner Urlaubsreise eine Lungeninfektion erleidet, kann seine Reiserücktrittskostenversicherung nicht wegen der Übernahme der Stornogebühren in Anspruch nehmen. Begründung des Amtsgerichts Oschatz: Das schubweise Auftreten dieser Krankheit ist ein typischer Vorgang, so dass nicht von einer „unerwartet aufgetretenen Erkrankung“ gesprochen werden könne. (AmG Oschatz, 2 C 177/12) 

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