Gesundheitspolitik

PiDaNa weiter Streitthema

Anhörung zur „Pille danach“ im Gesundheitsausschuss

BERLIN (lue) | Ein möglicher OTC-Switch der „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel ist weiterhin umstritten. Während einige Sachverständige am 2. Juli bei einer Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss Bedenken äußerten, plädierten andere für den OTC-Switch, um Frauen und vor allem Mädchen einen schnelleren und einfacheren Zugang zur Notfallverhütung zu eröffnen. Die Anhörung fand aufgrund zweier Anträge der Grünen und der Linken statt, in denen diese fordern, die PiDaNa® rasch aus der Rezeptpflicht zu entlassen.

Einige Sachverständige, wie Dr. Christian Albring vom Berufsverband der Frauenärzte, Prof. Sara Brucker vom Forschungsinstitut für Frauengesundheit der Universität Tübingen oder Dr. Adelheid Wahlen vom donum-vitae-Bundesverband, einem christlichen Beratungsverband, meldeten Bedenken bei einer möglichen Entlassung aus der Rezeptpflicht an. Sie argumentierten, dass eine Beratung durch Apotheker zu ungünstigen Zeiten wie beispielsweise in Notdiensten nicht adäquat erfolgen könne. Die Frauen müssten ausreichend über die Wirkung sowie mögliche Neben- und Wechselwirkungen aufgeklärt werden – das könne nur ein Arzt. Überdies könne ein Apotheker nicht beurteilen, aus welchem Grund ein Mädchen in die Verhütungsnotlage gekommen sei. Zudem gebe es ausreichend Ärzte und Bereitschaftsärzte, um die nötige Beratung auch zeitnah sicherzustellen. Ein weiteres Gegenargument betrifft die Kostenfrage: Gerade junge Mädchen hätten nicht unbedingt die finanziellen Möglichkeiten, die „Pille danach“ aus eigener Tasche zu bezahlen. Zudem bestehe durch ihren rezeptfreien Verkauf die Gefahr eines sorglosen Umgangs sowie eines riskanten Sexualverhaltens – gerade bei Jugendlichen. Weitere Bedenken bezüglich einer rezeptfreien Notfallkontrazeption bestehen darin, dass die Wirkung der PiDaNa® ab einem gewissen Körpergewicht infrage gestellt wird. Frauen und Mädchen würden sich aber auf ihre Wirksamkeit verlassen, was ungewollte Schwangerschaften und Abtreibungen zur Folge haben könnte.

Argument für Freigabe: Apotheker können beraten

Nicht alle Sachverständigen teilten die Bedenken – etwa Prof. Daphne Hahn von pro familia oder Dr. Christoph Baumgärtel von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Argumente für die Entlassung waren unter anderem, dass Apotheker für die Beratung ausreichend qualifiziert seien. Als Heilberufler sei das Wissen um Arzneimittel und die zugehörige Beratung eine Kernaufgabe. Patienten würden von einem niedrigschwelligen Zugang über die Apotheke profitieren, gerade am Wochenende oder in ländlichen Gebieten. Zudem gerate man bei einem ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht zwingend an einen Gynäkologen. Darüber hinaus funktioniere der OTC-Switch auch in anderen Ländern, etwa in Österreich.

Weltanschauliche Argumente sind kein Kriterium

Dr. Ulrich Hagemann vom Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) machte deutlich, dass keines der Kriterien, die nach dem Arzneimittelgesetz für die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht ausschlaggebend sind, vorliege. Die Diskussion, ob einer Beratung nur mit einer Verschreibungspflicht nachgekommen werden könne, sei wiederum kein Kriterium, betonte Hagemann außerdem. Für ihn gibt es keine tragfähigen oder wissenschaftlichen Argumente gegen eine Freistellung. Darüber hinaus verwies er darauf, dass „weltanschauliche Argumente“ kein Kriterium seien.

Nach der Sommerpause wird sich der Gesundheitsausschuss weiter mit der „Pille danach“ befassen.

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