DAZ aktuell

Drei Gruppen für Insuline

G-BA hat neue Festbetragsgruppen gebildet

BERLIN (ks). Humaninsuline und Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 werden künftig in drei Festbetragsgruppen zusammengefasst: Es werden je eine Gruppe für schnell wirkende Insuline, intermediär und lang wirkende Insuline sowie für schnell und intermediär wirkende kombinierte Insuline (Mischinsuline) gebildet. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 21. Februar beschlossen. Bei Sanofi und Novo Nordisk kommt dieser Beschluss nicht gut an.

Die drei neuen Festbetragsgruppen sollen die zum Teil bestehenden Verordnungseinschränkungen für Insulinanaloga sowie derzeit noch in Kraft befindliche Festbetragsgruppen für Humaninsuline ersetzen. Ausgenommen von den Festbetragsgruppen sind Insulinpräparate in Durchstechflaschen, die für die Pumpentherapie zugelassen sind.

"Sämtliche in Deutschland verfügbaren Insuline sind damit wieder zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig", erklärte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, gestern nach der Beschlussfassung. Denn tatsächlich waren Insulinanaloga zwischenzeitlich aus dem GKV-Leistungskatalog geflogen – auch wenn sie über Individualverträge weiterhin für Patienten zugänglich blieben. Festbeträge, so Hecken, stellten eine "wirtschaftliche, differenzierte und medizinisch hochwertige Arzneimittelversorgung von Diabetikern sicher, ohne notwendige Therapieoptionen einzuschränken". Im Stellungnahmeverfahren vorgetragene Einwände – sie kamen von der themenbezogenen Patientenvertreterin – seien bei der Entscheidung berücksichtigt worden, versicherte der G-BA-Chef. Einfluss hatten sie am Ende jedoch nicht. Von kritischen Patientenvertretern wird insbesondere befürchtet, dass die Hersteller mit ihren Preisen nicht auf Festbetragsniveau gehen und damit Aufzahlungen für Patienten fällig werden.

Im Jahr 2010 hatte der G-BA beschlossen, die Verordnungsfähigkeit der lang wirkenden Insulinanaloga Insulin Glargin (Lantus®) und Insulin Detemir (Levemir®) bei Typ-2-Diabetes stark einzuschränken – zu teuer, so der Befund. Das Bundesgesundheitsministerium intervenierte hier, ließ den Beschluss aber am Ende mit der Maßgabe passieren, dass es den Krankenkassen unbenommen bleibe, über individuelle Rabattverträge die Wirtschaftlichkeit der Behandlung ihrer Versicherten mit Analoginsulinen sicherzustellen. Zugleich erklärte das Ministerium seinerzeit, dass es vom G-BA erwarte, die Einbeziehung der kurz- und langwirksamen Insulinanaloga in die entsprechende Festbetragsgruppe umfassend zu prüfen. Letzteres ist nun geschehen. Doch Ersteres hat sich schon längst etabliert: Um ihre Präparate im Markt zu halten schlossen die betroffenen Hersteller mit fast allen Kassen sogenannte Mehrwertverträge. Lantus®-Hersteller Sanofi klagte allerdings auch gegen den Verordnungsausschluss.

Nach dem nun erfolgten Festbetragsbeschluss – der erst nach Nicht-Beanstandung durch das BMG wirksam werden wird – sind Sanofi und Novo Nordisk nun ebenfalls nicht zufrieden – schließlich sind sie mit ihren Verträgen gut gefahren. Das G-BA-Argument, ihre Präparate seien nun immerhin wieder offiziell Bestandteil des GKV-Leistungskatalogs, zieht bei ihnen nicht. Novo Nordisk spricht gar von einem "Rückschlag für moderne Insuline". Beide Unternehmen sind überzeugt, dass ihre Präparate Humaninsulin gegenüber medizinisch vorteilhaft sind. Mit Lantus® gebe es seltener Hypoglykämien, zudem müsse es geringer dosiert werden, so eine Sanofi-Sprecherin. Novo Nordisk verweist zudem auf eine effektivere postprandiale Blutzuckersenkung und den Wegfall des Spritz-Ess-Abstandes bei modernen kurz wirksamen Insulinen. Sanofi will sich auch nicht vorhalten lassen, noch immer eine Klage gegen den Verordnungsausschluss vor Gericht anhängig zu haben. Dass hier noch keine Entscheidung gefallen ist, ist für das Unternehmen eher ein Grund, dass der G-BA keinen solchen Beschluss hätte treffen dürfen.

Selbst die Patientenvertreter, die den Beschluss unter dem Aspekt der Rechtssicherheit grundsätzlich begrüßen, hoffen, dass die Rabattverträge trotz Festbeträgen bestehen bleiben. Denn sie ersparen den Patienten Zu- und Aufzahlungen. Bei Sanofi verweist man darauf, dass die laufenden Verträge nach wie vor gültig sind.



DAZ 2013, Nr. 9, S. 24

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