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Hermann Gröhe übernimmt Gesundheitsministerium

Neues Kabinett steht – Merkels 3. Amtszeit – Überraschungen beim Postenpoker

BERLIN (lk) | Am Dienstag hat der Deutsche Bundestag Angela Merkel für ihre dritte Amtszeit zur Bundeskanzlerin gewählt. 462 der insgesamt 631 Abgeordneten stimmten für die CDU-Vorsitzende. Allerdings: 42 Abgeordnete von Union und SPD verweigerten Merkel ihre Zustimmung. Anschließend wurde die neue Ministerriege der Großen Koalition vereidigt.

Beim Postenpoker gab es einige Überraschungen. Ursula von der Leyen (CDU) führt als neuer Star des Kabinetts als erste Frau das Verteidigungsministerium. Zuvor war die ehrgeizige Niedersächsin auch als Gesundheitsministerin gehandelt worden. Die Nachfolge von Daniel Bahr (FDP) tritt jetzt aber CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe an.

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Alles unter Dach und Fach Angela Merkel ist erneut Bundeskanzlerin, die Große Koalition steht und die Minister sind auf ihren Posten.

Mit der Gesundheitspolitik ist Gröhe während seiner Parteikarriere bislang kaum in Berührung gekommen. Vom CDU-Politiker sind bisher keine Positionen oder Aussagen zur Gesundheitspolitik bekannt. Nach Meinung von Beobachtern muss dies aber kein Nachteil sein. Auch einige seiner Amtsvorgänger mussten sich erst in die komplizierte Materie einarbeiten. Für Gesundheitsminister ist das der Normalfall. Das galt für die Grüne Andrea Fischer, für Ulla Schmidt von der SPD und für Philipp Rösler von der FDP ebenso. Allerdings: Unter seiner Federführung schaffte es die rollende Apotheke, der Apothekenbus, zunächst in einen CDU-Leitantrag und später ins CDU/CSU-Wahlprogramm. Die Initiative dazu ging nicht von den Gesundheitspolitikern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sondern von der CDU-Parteizentrale aus. Nicht überliefert ist aber, ob sich Gröhe jemals direkt mit diesem Thema befasst hat.

Das Gesundheitsministerium mit seinen 620 Beschäftigten gilt als schwieriges und politisch undankbares Ressort. Im besten Fall könne der jeweilige Minister mit seiner Arbeit seiner Partei nicht schaden. Große politische Lorbeeren und Pluspunkte für den nächsten Wahlkampf lassen sich mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nur schwer sammeln.

Gröhe gilt als sachlicher und fairer Politiker, der Konflikte nicht nur geräuschlos lösen kann, sondern seinen Aufgaben gründlich und bisweilen detailversessen nachgeht. Das kann dem 52-jährigen Gröhe im BMG nur helfen. Dort wacht er über die knapp 200 Milliarden Euro Ausgaben der gesetzlichen Kassen. Alles in allem setzte die Gesundheitsbranche 300 Milliarden Euro im Jahr um. Dahinter stecken die Ansprüche mächtiger und selbstbewusster Interessengruppen. Die Gesundheitspolitik wird daher gerne als Löwengrube beschrieben. Ein guter Gesundheitsminister muss deshalb immer etwas von einem Dompteur und einem Moderator haben. Als CDU-Generalsekretär bringt Gröhe für diesen Teil der Arbeit gute Voraussetzungen mit.

Gröhe wird mit Themen wie der Reform der Krankenhausfinanzierung auch gegenüber den Ländern diese Fähigkeiten beweisen müssen. Zweites Schwerpunktthema ist die Reform der Pflegeversicherung. Dafür erhält Gröhe Unterstützung von Karl-Josef Laumann (CDU) als Beauftragtem für Pflege und Patienten im Rang eines beamteten Staatssekretärs.Gröhe hatte großen Anteil an dem erfolgreichen Bundestagswahlkampf, an dessen Ende 41,5 Prozent für CDU/CSU standen. Wie der ausscheidende Kanzleramtsminister Ronald Pofalla stammt Gröhe aus NRW. Daher ist seine Berufung auch unter regionalen Proporzgründen zu verstehen. Fachlich war der vierfache Familienvater vom Niederrhein bislang bei den Themen Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu Hause. Zu den Grünen pflegt er seit Bonner Zeiten, als er die „Pizza-Connection“ junger CDU- und Grünen-Politiker mit ins Leben gerufen hatte, sehr gute Kontakte. Mit CDU-Politikern wie Norbert Röttgen, Ronald Pofalla, Peter Hinze, Eckard von Klaeden und Peter Altmaier ist er politisch groß geworden. Bis auf Altmaier spielen sie in der ersten Reihe der Politik alle keine Rolle mehr.

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Gröhe gilt als sachlicher und fairer Politiker Mit der Gesundheitspolitik ist er bislang allerdings kaum in Berührung gekommen.

Gröhe studierte Rechtswissenschaft an der Universität Köln. Schon als Schüler trat er 1975 der Jungen Union und 1977 auch der CDU bei. Zunächst war er von 1983 bis 1989 Vorsitzender des JU-Kreisverbandes Neuss. Von 1989 bis 1994 war er dann Bundesvorsitzender der Jungen Union. Von 2001 bis 2009 war er Vorsitzender der CDU im Rhein-Kreis Neuss. Er gehört dem CDU-Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen sowie dem Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung an. Seit 2009 arbeitet Gröhe als CDU-Generalsekretär im Konrad-Adenauer-Haus. Seit 1994 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 1994 bis 1998 Sprecher der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Anschließend war er bis 2005 Vorsitzender der Fraktionsarbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Von 2005 bis 2008 war er Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Hermann Gröhe ist 1994 und 2002 über die Landesliste Nordrhein-Westfalen und sonst stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Neuss I in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte er hier 47,8 Prozent der Erststimmen. Bei der Bundestagswahl 2013 konnte Gröhe den Wahlkreis erneut direkt gewinnen und verbesserte sein Ergebnis auf 51,6 Prozent der Erststimmen.

Gröhe ist Mitglied der Synode der evangelischen Kirche und war von 2003 bis 2009 Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. In den Jahren 2000 bis 2009 war er Mitherausgeber des Magazins Chrismon. Seit 2001 ist Gröhe Mitglied im Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Hermann Gröhe ist verheiratet und Vater von vier Kindern. 

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