DAZ aktuell

Parafarmacia darf nur OTC abgeben

Italienische Apothekerinnen unterliegen vor dem EuGH

BERLIN (ks) | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erneut bestätigt, dass die EU-Mitgliedstaaten den Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus Gründen des Gesundheitsschutzes einschränken können. Konkret befassten sich die Luxemburger Richter mit dem italienischen Gesetz, nach dem verschreibungspflichtige Arzneimittel, für die der Käufer selbst zahlt, in einer Verkaufsstelle für parapharmazeutische Produkte („parafarmacia“) nicht verkauft werden dürfen. Dieses Verbot stehe im Einklang mit dem Unionsrecht, so der EuGH. Es sei gerechtfertigt durch das Ziel, eine sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. (EuGH, Urteile vom 5. Dezember 2013, Rechtssachen C-159/12, C-160/12 und C-161/12)

In Italien dürfen Arzneimittel nur in kommunalen oder privaten Apotheken verkauft werden, die eine von der Regierung ausgestellte Lizenz besitzen. Dabei gibt es eine Bedarfsplanung: Für ihre Zahl ist eine Obergrenze vorgesehen. Zudem wird dafür gesorgt, dass sich die Apotheken gleichmäßig über das Land verteilen. Seit 2006 gibt es überdies sogenannte „parafarmacias“. Hier dürfen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben werden, die die Käufer selbst zahlen. Drei Apothekerinnen, die derartige „parafarmacias“ betreiben, beantragten die Genehmigung, in diesen auch eine besondere Kategorie verschreibungspflichtiger Arzneimittel verkaufen zu dürfen. Nämlich solche, deren Kosten der Käufer trägt. Die zuständigen Gesundheitsbehörden und das Gesundheitsministerium lehnten die Anträge ab – der Fall ging bis zum EuGH. Die Apothekerinnen sehen die Niederlassungsfreiheit beschränkt.

Der EuGH stellt in seinen Entscheidungen zunächst klar, dass die geografische Verteilung der Apotheken und das Abgabemonopol für Arzneimittel in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Mit der hier angegriffenen gesetzlichen Regelung werde die Niederlassungsfreiheit auch eingeschränkt. Diese könne es für einen Apotheker, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats ist, weniger attraktiv machen, in Italien eine parapharmazeutische Verkaufsstelle zu betreiben.

Aus Sicht des EuGH ist dieses Verbot jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die italienische Regelung habe das Ziel, der Bevölkerung eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung mit Arzneimitteln zu sichern. Dies zähle zu dem allgemeineren Ziel, den Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten. Würde der Vertrieb bestimmter verschreibungspflichtiger Arzneimittel in parapharmazeutischen Verkaufsstellen zugelassen, so hätte dies zur Folge, dass diese Arzneimittel ohne Rücksicht auf das Erfordernis der territorialen Planung verkauft werden könnten. Damit wäre die Gefahr verbunden, dass sich die „parafarmacias“ auf diejenigen Ortschaften konzentrieren würden, die als am rentabelsten gelten. Dadurch könnte bei den Apotheken die Zahl der Kunden und die Einnahmen zurückgehen. Dies, so der EuGH, könnte zu einer nachlassenden Qualität der apothekerlichen Dienstleistungen führen, einige Apotheken könnten sogar endgültig geschlossen werden. Das Verbot für „parmafarmacias“, diese bestimmten rezeptpflichtigen Arzneimittel zu verkaufen, verringere die Gefahr eines Apothekenmangels, so das Gericht. Und das auf eine Weise, die in angemessenem Verhältnis zum Ziel einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung stehe.

Erneut hebt der EuGH in seinen Urteilen auch hervor, dass jeder Mitgliedstaat bestimmen kann, auf welchem Niveau er den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten will und wie dieses Niveau erreicht werden soll. 

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