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Gesund am Arbeitsplatz

Individuelle Ansätze statt Schema F

Burn-out, Leistungsdruck oder Mobbing: Viele Angestellte werden durch den Job krank. Mittelständische Unternehmen wie öffentliche Apotheken können etwas dagegen tun: durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement. Dabei sind individuelle Ansätze gefragt, keine „Schema-F-Lösungen“.

Laut aktuellem Gesundheitsreport der DAK ist das häufigste psychische Leiden, das zu einer Krankschreibung führe, die Depression. Als Auslöser werden u.a. eine starke Arbeitsverdichtung und wenig Entscheidungsspielräume im Job genannt. Wer auch am Feierabend oder am freien Samstag telefonisch erreichbar ist, um gegebenenfalls einzuspringen, erhöht sein persönliches Krankheitsrisiko.

Tickende Zeitbombe

Prof. Dr. Bernhard Badura, Universität Bielefeld, bestätigte auf einem Kongress zum Thema „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ diese Einschätzung. Kollegen mit „innerer Kündigung“ oder psychischen Befindlichkeitsstörungen sind für die Arbeitswelt eine große Herausforderung. Laut Badura tickt hier eine Zeitbombe. Als Lösung wird immer wieder ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) empfohlen. Damit die Firmen – auch Kleinunternehmen wie Apotheken – entsprechende Module umsetzen, hält Badura stärkere Eingriffe des Gesetzgebers für erforderlich, beispielsweise über steuerliche Boni.

Derzeit kann ein Unternehmen 500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr lohnsteuerfrei für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung einsetzen. Zu wenig, kritisieren Betriebsärzte. Zudem müssen diese Maßnahmen Qualitätsstandards erfüllen, damit sie zum Ziel führen.

Badura mahnt, durch das BGM nicht nur Fehltage reduzieren zu wollen. Es sei wichtiger, bei der großen Mehrheit der Angestellten belastende Faktoren zu identifizieren. Dazu gehöre auch der „Risikofaktor Vorgesetzter“.

Ursachensuche ist selten

Mathias Heiden und Kerstin Jürgens von der Universität Kassel haben untersucht, wie es gelingen kann, die „Lebens- und Arbeitskraft“ zu erhalten. Sie befragten rund 30 Experten und 70 Angestellte aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen. Das Resultat ernüchtert: Während Personalverantwortliche ambitionierte Projekte in die Wege leiten, ändert sich für die Arbeitnehmer spürbar nichts. Ursächliche Probleme der Überforderung werden selten angegangen.

Auch monieren Heiden und Jürgens, es werde zu wenig auf individuelle Unterschiede eingegangen. Wer seine Kraft beispielsweise aus der Gartenarbeit am Feierabend schöpft, wird von Sportangeboten und Kursen zur Stressbewältigung wenig Nutzen ziehen. Im schlimmsten Fall bewirken die gut gemeinten Angebote sogar das Gegenteil und werden bei verpflichtender Teilnahme selbst zum Stressfaktor.

Freizeit und Aktivitätsreserven

Heiden und Jürgens raten Arbeitgebern deshalb, ihren Angestellten ausreichend „Freizeit und Aktivitätsreserven“ zuzubilligen, damit sie sich nach persönlichen Vorlieben erholen können. Bei der Arbeitsorganisation selbst sollten grundlegende Bedürfnisse berücksichtigt werden. Betriebliche Gesundheitsförderung biete zwar „viele wichtige Impulse“, vernachlässige aber „die Arbeitsaufgaben und -abläufe als Ursache von Überlastung“. Hier nennen die Autoren u.a. fehlende Kommunikation und häufig wechselnde Arbeitsteams als berufliche Stressoren.

Quellen

Bundesministerium für Gesundheit: Steuerliche Vorteile der betrieblichen Gesundheitsförderung: http://bit.ly/1bLRBnY.

DAK-Gesundheitsreport 2013: http://bit.ly/17DgRxB.

Mathias Heiden, Kerstin Jürgens: Kräftemessen. Betriebe und Beschäftigte im Reproduktionskonflikt. edition sigma, Berlin 2013.

 

Michael van den Heuvel

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