Arzneimittel und Therapie

Doppelt gegen Diabetes

Duales Inkretin führt zu optimierten Blutzuckerwerten

jb | Inkretine, eine Gruppe intestinaler Hormone, fördern die Insulin-Synthese und dessen Freisetzung aus den Betazellen des Pankreas. Sie erhöhen die Glucose-Sensitivität der Betazellen und sorgen außerdem für eine bessere Glucose-Aufnahme in die Gewebe. Sie reduzieren die Glucagon-Sekretion aus den Alphazellen und vermindern so die Glucose-Produktion in der Leber. Ferner verlangsamen die Hormone, die nach Glucose-Zufuhr im Dünndarm ausgeschüttet werden, die Magenentleerung und reduzieren die Geschwindigkeit, mit der Glucose in den Blutkreislauf gelangt. Gleichzeitig fördern sie die Sättigung und führen nicht zu einer Gewichtszunahme. Die Ausnutzung der Effekte eines Inkretins, GLP-1 (Glucagon-like-peptide-1), hat bereits seit einiger Zeit Eingang in die Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 gefunden: In Gestalt von GLP-1-Analoga, den sogenannten Inkretinmimetika, oder als Inhibitoren des GLP-1-abbauenden Enzyms DPP-4 (Gliptine) ahmen sie die Effekte des körpereigenen Inkretins GLP-1 nach beziehungsweise verstärken diese.

Nun haben Forscher vom Münchner Helmholtz Zentrum herausgefunden, dass sich die Wirkung der Gliptine noch steigern lässt, und zwar durch Adressierung eines zweiten Rezeptors, des GIP-Rezeptors. GIP, das für Glucose-abhängiges insulinotropes Peptid steht, wird auch zu den Inkretinen gezählt und ebenfalls im Dünndarm freigesetzt. GIP stimuliert wie GLP-1 Glucose-abhängig die Insulin-Ausschüttung. Es gibt Hinweise darauf, dass die GIP-Ausschüttung und -Wirkung bei Typ-2-Diabetikern vermindert ist.

Im Tierversuch zeigte der Co-Agonist im Vergleich zu den reinen GLP-1-Agonisten eine bessere Blutzucker-senkende und insulinotrope Wirkung. Zudem konnte bei Nagern eine signifikante Reduktion der Körperfettmasse nachgewiesen werden, ein Effekt, der bei getesteten selektiven GIP-Agonisten zu vernachlässigen war. Die verbesserte Blutzucker-Senkung konnte bereits auch am Menschen nachgewiesen werden. Gleichzeitig gibt es Hinweise im Tiermodell, dass Nebenwirkungen mit diesem neuen synergistischen Ansatz seltener auftreten und geringer ausgeprägt sind als bei den einzeln wirksamen Substanzen.

Die Wissenschaftler, die diese Ergebnisse jetzt in Science Translational Medicine veröffentlichten, sind zuversichtlich, dass ihr Ansatz – die Stoffwechselkontrolle im Gehirn über natürliche Darmhormone zu beeinflussen – tatsächlich zu einem Durchbruch für die Diabetes-Prävention und -Therapie führen kann. Ziel könnte dann ein personalisiertes Therapiekonzept für Typ-2-Diabetes mithilfe dieses neuen multifunktionalen Wirkstoffansatzes sein, da sich das Verhältnis der Signalstärke von GLP-1 und GIP – je nach individuellem Bedürfnis der Patientengruppierung – im Prinzip adjustieren lässt. 

Literatur:

Finan B, et al. Sci. Transl. Med. DOI: 10.1126/scitranslmed.3007218.

Skrha J, et al. Physiol Res 59 (5): 749–55.

Neues multipotentes Darmhormon wirkt bei Diabetes; Pressemitteilung des Helmholtz Zentrums München vom 30.10.2013

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.