DAZ aktuell

Bei Engpässen nicht wegschauen

Kliniken fehlen noch immer wichtige Arzneimittel

BERLIN (ks) | Kliniken in Deutschland beklagen weiterhin Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln. Im August hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erneut bei Krankenhausapotheken nachgefragt, wie es um die Verfügbarkeit von Medikamenten bestellt ist. Im Durchschnitt wurden für den Monat August 18 Lieferengpässe gemeldet.

In den letzten Monaten wurde das Problem der Lieferengpässe von Arzneimitteln intensiv diskutiert – auch mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). Ende April ging als erste Maßnahme ein Register über Lieferengpässe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) an den Start. Die Hersteller nutzen das Register durchaus – allerdings auf freiwilliger Basis. Da das Problem der Lieferengpässe fortbesteht, sind aus Sicht der DKG weitere Schritte erforderlich. Auch das BMG hatte in Aussicht gestellt, weitere Maßnahmen zu prüfen.

Umfrage in 21 Krankenhausapotheken

Derweil beobachtet die DKG die Realität in den deutschen Kliniken – und hat im letzten August ein zweites Monitoring von Lieferengpässen durchgeführt. Beteiligt haben sich 21 Krankenhausapotheken, die insgesamt 114 Kliniken versorgen. Abgefragt wurden insbesondere der Umfang und die Dauer von Lieferengpässen. Aber auch qualitative Aspekte spielten eine Rolle: Wurde die Klinik durch den Hersteller vorab informiert, ob gleichwertige Alternativpräparate zur Verfügung standen? Und welcher zusätzliche Aufwand entstand für die Kliniken? Darüber hinaus wurde erfragt, ob Hersteller den Meldungen an das BfArM nachkommen.

Gänzlich ausgewertet sind die Daten noch nicht. Nach einem Sachstandsbericht von Ende Oktober wurden für den Monat August jedoch durchschnittlich 18 Lieferengpässe gemeldet. Im Vorjahr waren es im Schnitt noch 25. Eine bessere Situation hat sich damit allerdings nicht ergeben. Denn in 39 Prozent der Lieferengpässe standen – nach Einschätzung des Apothekers/Arztes – keine gleichwertigen Alternativpräparate zur Verfügung. Dies ist eine deutliche Erhöhung gegenüber dem Vorjahreswert von nur 20 Prozent. Unverändert blieb die Antwort der Apotheken zur Herstellerinformation: Letztes wie dieses Jahr gab es nur in 20 Prozent der Fälle eine (schriftliche) Vorabinformation für die Kliniken.

Die Daten werden nun insbesondere noch daraufhin ausgewertet, welche Arzneimittel beziehungsweise Anwendungsgebiete besonders von Lieferengpässen betroffen sind. Offen ist auch noch, ob und in welchem Umfang Hersteller Lieferengpässe an das BfArM gemeldet haben. Die zuständige Fachgruppe der DKG will ausgestattet mit diesen frischen Daten wieder das Gespräch mit dem BMG suchen. Ziel sind weitere Maßnahmen, die Lieferengpässe verhindern können.

Noch keine Patientengefährdung

Roberto Frontini, Vorsitzender des Verbandes der Klinikapotheker in Europa und Direktor der Leipziger Uniklinik-Apotheke, bestätigte in der „Leipziger Volkszeitung“ (Ausgabe vom 11.11.2013), dass der Aufwand in den Krankenhäusern immer größer werde: „Die Bürokratie ist enorm angewachsen“. Allerdings: Eine Gefährdung von Patienten sei noch nicht eingetreten, da der Austausch zwischen den Klinik-Apotheken sehr gut laufe. Zeitaufwendig werde es allerdings, wenn auch andere Klinikapotheken nicht aushelfen könnten und im Ausland geordert werden müsse.

Kathrin Vogler, Gesundheitsexpertin der Linksfraktion im Bundestag, nutzte die aktuellen Zahlen zu einem Appell an die künftige Regierungskoalition, gegen Lieferengpässe aktiv zu werden. „Die Koalitionsrunde darf bei diesen Lieferengpässen bei Medikamenten nicht weiter wegschauen“, mahnte sie. Vogler gibt auch der Politik der letzten Bundesregierungen Schuld an der Situation. So sei es in der Pharmabranche zu einem enormen Konzentrationsprozess und zu einer Abwanderung ins Ausland gekommen. Manche Wirkstoffe würden heute nur noch von einer einzigen Firma in China oder Indien hergestellt. „Wenn es dort zu Problemen in der Produktion kommt, dann können ganz schnell entsprechende Medikamente auch in Deutschland fehlen“, so die Bundestagsabgeordnete.

Konkret forderte Vogler eine bessere Vorratshaltung bei den Pharmafirmen und zusätzlich zur bestehenden BfArM-Liste schon im Vorfeld ein aktuelles Verzeichnis über drohende Lieferengpässe. „Insbesondere die Behörden in den Bundesländern müssen mehr Rechte erhalten, mit denen sie den gesetzlichen Auftrag zur Bereitstellung gegenüber Herstellerfirmen auch sanktionsbewährt durchsetzen können.“ 

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