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Probleme im PTA-Praktikum

Interview mit ADEXA-Juristin Iris Borrmann

In letzter Zeit gab es gehäuft Anfragen von PTA-Praktikantinnen in der ADEXA-Rechtsberatung, die über Probleme in ihrer Ausbildungsapotheke klagten. Rechtsanwältin Iris Borrmann kritisiert Arbeitgeber, die Praktikantinnen als billige Arbeitskräfte ausnutzen und ihnen die Anfertigung des zur mündlichen Prüfung notwendigen Tagebuchs erschweren.

Frau Borrmann, wie oft melden sich PTA-Praktikantinnen bei Ihnen und Ihren Kolleginnen und mit welchen Problemen?

Borrmann: Kürzlich hatte ich allein in einer Woche drei Fälle aus den Kammerbezirken Niedersachsen, Nordrhein und Westfalen-Lippe. Inhaltlich ging und geht es dabei meist um Arbeitszeiten, die überschritten werden, und um unausgewogene Tätigkeiten. So klagten die Praktikantinnen darüber, dass sie komplett im Handverkauf tätig sein müssen. Dadurch entfällt dann die notwendige Zeit, um die für das Tagebuch vorgeschriebenen Arbeiten – d.h. je vier Arzneimittelprüfungen und ‑herstellungen – durchzuführen, geschweige denn zu dokumentieren. Auch die Dokumentation sollte während des Praktikums und nicht in der Freizeit erfolgen. Da wird der Berufsnachwuchs als billige Arbeitskraft ausgenutzt zulasten der Prüfungschancen. Eine Praktikantin musste 40 Stunden an vier Tagen arbeiten. In einem anderen Fall hat der Apothekenleiter damit gedroht, dass Arbeitszeit, die aufgrund von Krankheit versäumt wurde, dadurch ausgeglichen werden müsste, dass die Praktikantin künftig 65 Stunden pro Woche arbeitet.

Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für PTA (PTA-APrV)

§ 1 Ausbildung

(4) Die praktische Ausbildung in der Apotheke nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 erstreckt sich auf die in Anlage 1 Teil B aufgeführten Lerngebiete und findet nach dem Bestehen des ersten Abschnitts der staatlichen Prüfung statt. Sie dient der Vorbereitung auf den zweiten Prüfungsabschnitt und darf nur Tätigkeiten umfassen, die die Ausbildung fördern. Insbesondere sollen die im Lehrgang erworbenen pharmazeutischen Kenntnisse vertieft und praktisch angewendet werden. In einem Tagebuch sind die Herstellung und Prüfung von je vier Arzneimitteln zu beschreiben und zu zwei weiteren Gebieten der praktischen Ausbildung schriftliche Arbeiten anzufertigen.

[Hervorhebung redaktionell]

Das ist rechtlich nicht zulässig?

Borrmann: Für Volljährige gelten die tariflichen oder gesetzlichen Grenzen, die keinesfalls eine Ausbildungszeit über 40 bzw. 48 Stunden erlauben. In einem Ausbildungsvertrag sollten aus meiner Sicht nicht mehr als die tariflichen 40 Stunden pro Woche festgeschrieben sein – und Überstunden sind in der Ausbildung nur in absoluten Notfällen zulässig. Minderjährige dürfen maximal acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche ausgebildet werden (§ 8 Jugendarbeitsschutzgesetz). Das wird aber im PTA-Praktikum eher selten vorkommen.

Und was ist, wenn jemand im Praktikum langfristig erkrankt?

Borrmann: Wird die praktische Ausbildung in der Apotheke wegen Krankheit oder anderen Gründen länger als vier Wochen unterbrochen, muss die Praktikantin die darüber hinausgehende Zeit nachholen (§ 17 PTA-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung). Diese Verlängerung um ein oder mehrere Wochen ist aber im beiderseitigen Einvernehmen unproblematisch.

Was raten Sie den Betroffenen?

Borrmann: Zunächst einmal sollte sich die Praktikantin an die Schule wenden und dort mit einem Vertrauenslehrer die Probleme in der Ausbildungsstätte besprechen. Viele PTA-Praktikantinnen haben aber auch einen Vertrag unterschrieben, der die Apothekerkammer als Schlichter bei einer solchen Problematik vorsieht.

Das Wichtigste in verfahrenen Situationen ist, dass sich die PTA – entweder allein oder mithilfe der Kammer – nach einer Apotheke umsieht, die bereit ist, die Ausbildung fortzuführen.

Info

Praktikantenverträge findet man z.B. in: Weber/Etzel/Kern, Arbeitsrecht für Apotheker – Formular-Handbuch, Deutscher Apotheker Verlag (Fortsetzungswerk).

Welche Signale setzen solche Ausbilder?

Borrmann: Wer meint, für 633 Euro Ausbildungsvergütung eine Vollzeit-PTA ersetzen zu können, und seine Praktikantin entsprechend schuften lässt, ist aus meiner Sicht als Ausbilder ungeeignet. Das Ziel darf nicht die Senkung der Personalkosten im eigenen Betrieb sein. Es geht vielmehr um eine breitgefächerte Ausbildung, die Zukunftschancen für die angehende PTA eröffnet und der Leistung der öffentlichen Apotheke insgesamt zugute kommt. Ausbilden heißt Anleiten, Vorbild sein, Fördern und Begeistern – sonst verlieren wir die ausgebildeten PTA an andere, attraktivere Arbeitsbereiche.

Frau Borrmann, vielen Dank für das Gespräch. 

Die Fragen stellte Dr. Sigrid Joachimsthaler.

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