Lieferengpässe

Nicht lieferbar!

Bestandsaufnahme und Analyse zu einem drängenden Problem

Von Thomas Müller-Bohn | Lieferengpässe werden zunehmend zu einer Belastung im Apothekenalltag. Dabei geht es nicht nur um ausgefallene Produkte für seltene Indikationen, sondern auch um ganz alltägliche Arzneimittel. Insbesondere durch Lieferprobleme bei mehreren Herstellern von L-Thyroxin-Präparaten wurden inzwischen auch die Publikumspresse und das Fernsehen auf das Thema aufmerksam. Umso drängender stellen sich die Fragen, welche Gründe für die Lieferprobleme verantwortlich sind und was dagegen getan werden kann.

In der zweiten Oktoberwoche wies der Hessische Apothekerverband (HAV) in einer Pressemitteilung auf die fortgesetzten Lieferprobleme hin und ging besonders auf Levothyroxin (L-Thyroxin) ein (siehe AZ 2013, Nr. 42, S. 8). Dieses Thema hat inzwischen auch das Fernsehmagazin „defacto“ des Hessischen Rundfunks aufgegriffen. Am 27. Oktober berichtete das Magazin über die Mühen eines Schilddrüsenpatienten, den das Fernsehteam auf einer Tour durch etliche Apotheken begleitete, die das verordnete Arzneimittel nicht bestellen konnten. Letztlich sei er in der siebten Apotheke versorgt worden, aber er müsse nun statt einer Tablette zwei Tabletten in anderer Stärke einnehmen, so der Fernsehbeitrag.

Beitrag im Hessischen Fernsehen

Der Beitrag vermittelte anschaulich die Angst des Patienten um seine Gesundheit, bot zu den Ursachen des Problems aber nur einige Ansätze. Die Firma Merck Serono als Hersteller des betroffenen Produktes habe auf eine Anfrage des Hessischen Rundfunks nur schriftlich geantwortet und auf technische Probleme bei einer Systemumstellung verwiesen. Eine Verpackungslinie müsse bei mehrtägigem Stillstand umgerüstet werden. Dr. Hans Rudolf Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des HAV, nannte in dem Beitrag den Preisdruck durch Rabattverträge und die Produktion der Arzneimittel außerhalb Europas als Gründe für die Lieferengpässe bei vielen Herstellern. Der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Gerd Glaeske erklärte, teure Arzneimittel würden zunehmend „just in time“ produziert, aber dies führe in globalisierten Märkten mit Warenströmen über große Entfernungen zu Problemen.

Gängige Arzneimittel betroffen

Dieser Argumentation von Glaeske ist allerdings entgegenzuhalten, dass viele eher niederpreisige Artikel betroffen sind, die meist in großen Chargen produziert werden. Diefenbach erklärte gegenüber der DAZ, in seiner Apotheke seien inzwischen mehr als 50 Arzneimittel des üblichen Lagerbestandes nicht lieferbar. Zudem berichtete Diefenbach über eine Stichprobe des HAV zu den Lieferengpässen in Hessen. Demnach waren Mitte Oktober insbesondere Arzneimittel mit den Wirkstoffen L-Thyroxin, Cefixim, Metoprololsuccinat und Metformin betroffen. Dies gelte weitgehend übereinstimmend für Apotheken in verschiedenen Regionen Hessens, die von unterschiedlichen Großhändlern beliefert werden, so Diefenbach. Diese Tatsache spreche auch gegen das von manchen Herstellern vorgebrachte Argument, einzelne Großhändler würden mit extrem großen Bestellungen ihre Lieferfähigkeit sichern, um ihren Kunden einen Vorteil bieten zu können.

Probleme für die Apotheken

Da patentfreie Produkte offenbar mehr als patentgeschützte Arzneimittel betroffen sind, gibt es meistens Substitutionsmöglichkeiten, aber auch dies bedeutet bei der Suche nach Ersatz und bei der Dokumentation der Nicht-Lieferbarkeit von Rabattvertragsarzneimitteln viel Arbeit für die Apothekenteams. Zur Mühe kommt die ungünstige Außenwirkung. „Die Defekte fallen auf die Apotheke zurück“, beklagte Diefenbach gegenüber der DAZ. Er befürchtet, die Lieferprobleme könnten dem Ansehen der Apotheken schaden.

Ein zusätzliches Problem ist die Dauer einiger Lieferengpässe, die sich manchmal über Monate erstreckt. Merck Serono hat für die Beantwortung von Anfragen eine Bandansage eingerichtet. Am 22. Oktober, also in der 43. Kalenderwoche, wurde dort angekündigt, Jodthyrox® solle in der 48. und Euthyrox® 125 in der 49. Kalenderwoche wieder bei den Großhandlungen verfügbar sein, andere Euthyrox®-Stärken dagegen früher.

Spezialfall Onkologie

Solche Probleme sind aus speziellen Versorgungsgebieten schon länger bekannt. Die Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) hat bereits im vorigen Jahr auf Versorgungsengpässe hingewiesen und beim pharmazeutischen Fachkongress NZW-Dresden am 14. und 15. Juni 2013 eine „Dresdener Erklärung“ vorgelegt (siehe DAZ 2013, Nr. 29, S. 24). Darin fordert die DGOP, die Ausschreibungen für unersetzbare Arzneimittel zu beenden. Die DGOP argumentiert, das Zusammentreffen von Versorgungsengpässen und niedrigen Preisen sei kein Zufall. Onkologische Generika fänden in einem globalisierten Markt nicht den Weg in Niedrigpreisländer, zu denen Deutschland im Bereich der generischen onkologischen Präparate mittlerweile gehöre.Das Problem betrifft jedoch auch andere europäische Staaten. Die Europäische Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (ESOP) führte dazu in den zurückliegenden Monaten eine Mitgliederumfrage durch und informierte in ihrem Rundschreiben vom 22. Oktober über die Ergebnisse. Mitglieder der ESOP sind überwiegend Krankenhausapotheker und andere Apotheker mit onkologischem Schwerpunkt. Nach den Umfrageergebnissen erhalten mehr als die Hälfte der teilnehmenden europäischen Apotheker keine Informationen über die Gründe für Lieferengpässe. In einem Drittel der Fälle würden die Hersteller auf Qualitätsprobleme bei der Produktion verweisen. Ein Fünftel der Umfrageteilnehmer berichtete über Verzögerungen in der Therapie und 30 Prozent beklagten erhöhten Zeitaufwand, der bei der Patientenbetreuung fehle. Besonders häufig seien Lieferengpässe gemäß der europaweiten Umfrage bei Doxorubicin, 5-FU, Carboplatin und Cisplatin, aber auch Antibiotika seien betroffen.

„Abzocke“ beklagt

Während in der Onkologie die Sorge um die Kontinuität von Therapien im Vordergrund steht, haben Apotheken im „normalen“ Alltag durch die Lieferengpässe zusätzliche Probleme ganz anderer Art. Dies veranschaulicht ein Artikel in der „Lausitzer Rundschau“ vom 16. Oktober. Dort wurde über einen Patienten berichtet, der regelmäßig Jodthyrox® einnimmt, das aber nicht lieferbar war. Da andere Kombinationspräparate die Arzneistoffe (Levothyroxin und Kaliumiodid) nicht in derselben Menge enthalten, muss der Patient nun Euthyrox® und ein Iodid-Präparat einnehmen, also zwei Tabletten statt einer. Damit werden auch zwei Zuzahlungen fällig – und dies war ein zentraler Aspekt in dem Beitrag. Der Untertitel lautete „Patienten müssen für Ersatz-Präparate mehr zahlen“, und der Patient wurde zitiert, er empfinde dies als „Abzocke, als Hintertür, um noch mehr Geld zu machen“. Dass die Hersteller keinen Vorteil von der Situation haben, wurde dort nicht erläutert.

Für fachkundige Beobachter ist dabei erstaunlich, dass der Nebeneffekt der doppelten Zuzahlung in diesem Beitrag mindestens die gleiche Aufmerksamkeit erhielt wie das Versorgungsproblem. Mit dieser Sicht lässt der Beitrag erahnen, was die Lieferengpässe für die Apotheken bedeuten. Denn die Apothekenteams müssen das Problem den verunsicherten und misstrauischen Patienten vermitteln.

Starker Preisdruck

Die Mühen der Apothekenteams haben bisher dafür gesorgt, dass trotz aller Schwierigkeiten keine schweren Versorgungsprobleme aufgetreten sind. In den meisten Fällen ist bisher noch eine Austauschmöglichkeit zu finden. Doch das Problem wird offenbar immer größer und betrifft immer mehr Hersteller.

Daher müssen die Ursachen gesucht und wirksame Lösungen gefunden werden, bevor das Problem eskaliert. Die freiwillige Meldung der Lieferengpässe durch die Hersteller, die Bekanntgabe dieser Daten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die Veröffentlichung dieser Daten in der DAZ (siehe z.B. DAZ 2013, Nr. 40, S. 38) helfen bei der alltäglichen Arbeit in den Apotheken, lösen das Problem aber nicht grundsätzlich. Als weiterer Ansatz kursiert der Vorschlag, eine Liste mit versorgungskritischen Arzneistoffen festzulegen. Doch auch dies erübrigt nicht die Suche nach den Ursachen. Viele Beobachter sehen den Auslöser des Problems in den mittlerweile extrem niedrigen Herstellerabgabepreisen vieler patentfreier Arzneimittel. Die Zitrone scheint ausgequetscht zu sein. Doch welche genauen Zusammenhänge lösen die Lieferengpässe aus?

Viele Ursachen

Für Joachim Odenbach, Pressesprecher beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), hat das Problem viele Gründe von Störungen in der Produktion bis zu Produktionsunterbrechungen für die Anpassung an höhere Nachfrage. Gegenüber der DAZ beklagte er, dass der Unmut teilweise die Falschen treffe. Wenn zwei Anbieter wegen niedriger Preise aus dem Markt aussteigen, entstehe bei dem verbleibenden Dritten schnell ein Lieferengpass.

Durch die Erklärungsversuche zieht sich der wirtschaftliche Druck wie ein roter Faden. Auf die Frage nach möglichen Lösungen verweist Odenbach daher besonders auf die Forderung nach einem Ende des Preismoratoriums für Arzneimittel. Denn seit mehr als drei Jahren könnten die Hersteller die teilweise erheblich gestiegenen Arzneistoffpreise sowie höhere Energie- und Lohnkosten nicht in den Preisen abbilden. Letztlich fordert Odenbach die Krankenkassen auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Krankenkassen müssten verstehen, dass sie neben der Funktion als Kostenträger auch Versorger sind, erklärte der BPI-Sprecher.

Exporte oder Arzneistoffmärkte als Ursachen?

Zudem liegt der Gedanke nahe, die für Deutschland produzierten Arzneimittel würden von ausländischen Importeuren aufgekauft und anderswo auf den Markt gebracht. In früheren Zeiten haben solche Importe nach Deutschland zu Lieferengpässen in Südeuropa geführt. Doch Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika, erklärte gegenüber der DAZ, dass sein Verband keine Evidenz über deutsche Generika im Ausland hat. Auch Hersteller verneinen diese Frage. Demnach sind die deutschen Listenpreise vor Abzug der Rabatte offenbar nicht die Ursache des Problems.

Der nächste Verdacht fällt auf die Arzneistoffmärkte. Dort konkurrieren deutsche Hersteller mit Wettbewerbern für höherpreisige Märkte wie die USA oder Japan. Auch innerhalb der Europäischen Union erscheinen deutsche Generika besonders günstig. Nach Auskunft von Bretthauer liegen die Tagestherapiekosten bei einer durchschnittlichen generischen Therapie auf der Ebene der Herstellerabgabepreise deutlich unter dem Durchschnittswert für die gesamte EU. Doch die Arzneistoffpreise sind wohl nur ein Teilaspekt des Problems. Denn Lieferengpässe treten auch bei Herstellern auf, die den betreffenden Arzneistoff im eigenen Konzern synthetisieren, wie beispielsweise Hexal (siehe AZ 2013, Nr. 42, S. 8).

Schwierige Kapazitätsplanung

Hexal-Pressesprecher Hermann Hofmann erklärt das Problem durch die enorm großen Nachfrageschwankungen als Folge der Rabattverträge. Wenn ein Hersteller innerhalb von drei Monaten beispielsweise 40 Prozent des deutschen Bedarfs bei einem Arzneistoff decken soll, bindet das große Kapazitäten. Um Skaleneffekte durch große Mengen zu erzielen, bieten Hersteller oft in mehreren Ländern, sodass plötzlich noch größere Kapazitäten gefragt sein können. Doch „das Modell der Ausschreibungen macht die Planung so schwierig“, erklärt Hofmann, denn es funktioniert nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip: Wenn eine neue Ausschreibung gewonnen wird oder ein Wettbewerber plötzlich ausfällt, kann die Nachfrage von heute auf morgen gewaltig ansteigen. Aus denselben Gründen schwankt das freie, also nicht durch Rabattverträge gebundene Marktvolumen beträchtlich. Gemäß einer Analyse von Hexal kann es innerhalb weniger Monate um mehr als 100 Prozent steigen oder um mehr als 50 Prozent fallen (siehe Abb. 1). Solche Schwankungen können auch bei großen Herstellern zu Kapazitätsproblemen führen, erläutert Hofmann.

Abb. 1: Entwicklung des „freien“ Marktvolumens bei vier wichtigen Arzneistoffen von Ende 2010 bis Ende 2012 (Ordinate: Anzahl der Packungen in 1000). Das freie, nicht durch Rabattverträge gebundene Marktvolumen kann innerhalb weniger Monate auf mehr als das Doppelte steigen oder auf weniger als die Hälfte fallen. (Quelle: Hexal, Gespräch mit dem Vorstand der Bayerischen Landesapothekerkammer am 16. Oktober 2013, auf der Grundlage von Daten von IMS, CMA und Berechnungen von Hexal)

Zudem gilt es als offenes Geheimnis, dass einige Konzerne besonders gute Produktionsbedingungen für bestimmte Arzneistoffe haben und damit die besten Chancen bei den jeweiligen Ausschreibungen. So hat fast jeder Konzern den einen oder anderen Top-Arzneistoff, der dann für andere Anbieter kaum noch attraktiv ist. Daraufhin kann der Marktanteil eines Konzerns bei einem einzelnen Arzneistoff 70 Prozent oder mehr betragen, wie eine Analyse von Hexal zeigt (Tab. 1). Tritt dann aber bei einem Marktführer ein technisches Problem auf, gibt es bei den Wettbewerbern kaum noch Kapazitäten und der prozentuale Nachfrageanstieg ist dann enorm.

Marktverzerrung durch Rabattverträge

Auch Bretthauer sieht die Marktverzerrung durch die Rabattverträge als zentrales Problem. „Das System ist auf Kante genäht“, meint der Pro Generika-Geschäftsführer. Die Hersteller könnten die richtigen Produktionsmengen schwer erkennen. Da die großen Chargen für Generika meist etwa sechs Monate im Voraus geplant werden, könnten die Produzenten auch nicht schnell reagieren. Die Veränderungen durch gewonnene Lose oder ausscheidende Mitbewerber seien in kurzer Zeit viel größer als die gewohnten Verschiebungen von Marktanteilen in einem marktwirtschaftlichen System.

Weltweit wachsende Generika-Nachfrage

Auf einen weiteren Aspekt machte Hofmann gegenüber der DAZ aufmerksam: Es ist der weltweite Siegeszug der Generika. Beispielsweise werden Generika in Japan, dem zweitgrößten Arzneimittelmarkt der Welt, jetzt vergleichsweise schnell eingeführt, erläutert Hofmann. Dort seien vertrauenswürdige Anbieter mit einer breiten Produktpalette gefragt. Doch die Mengen, die neue Märkte wie der japanische oder andere nachfragen, sind auch eine Herausforderung für die Kapazitäten großer Produzenten.

Erklärungsversuche

Die Argumente im Zusammenhang zu den Rabattverträgen lassen das Problem geradezu als volkswirtschaftliches Lehrbuch-Beispiel erscheinen. Der Markt soll für angemessene Preise und Mengen sorgen, aber Ausschreibungen und Rabattverträge setzen die Steuerungsmechanismen des Marktes außer Kraft. Zur Marktwirtschaft gehört, dass die Anbieter jederzeit freien Zugang zum Markt haben und mit ihren Angebotsmengen und -preisen auf das Marktgeschehen reagieren können. Dagegen gilt bei Ausschreibungen das Alles-oder-nichts-Prinzip. Dieses Konzept bietet Vorteile, wenn bei einmaligen Großprojekten ein niedriger Preis für den Nachfrager gesichert werden soll, aber dieses Problem stellt sich bei der laufenden Versorgung mit Arzneimitteln nicht.

Weitere Ursachen für die Lieferprobleme sind offenbar die großen Chargen und die langen Planungszeiten der Hersteller. Mit kleineren Chargen könnte die Industrie flexibler reagieren. Doch mit kleinen Chargen und dementsprechend höheren Kosten sind keine Ausschreibungen zu gewinnen. Als Kernproblem erweisen sich damit die Ausschreibungen, die die Grundlage der Rabattverträge bilden.

Lösungsversuche

Doch wie reagieren die Krankenkassen mit ihren Ausschreibungsbedingungen auf das Problem? Insbesondere als Reaktion auf die Probleme mit Grippeimpfstoffen in der Saison 2012/13 war von strengeren Vertragsbedingungen die Rede. Doch Bretthauer argumentiert, dass Vertragsstrafen und andere Maßnahmen, die den Druck auf die Hersteller erhöhen, das Problem nicht lösen, sondern sogar noch verschärfen würden, weil die Hersteller noch schärfer kalkulieren müssten. Dabei stellt sich auch die Frage, ob die geringen erzielbaren Margen im Generikageschäft solche Risiken wert sind.

Eine andere Maßnahme der Krankenkassen ist, ausgeschriebene Lose an mehrere Anbieter zu vergeben. Die Apotheker kann dies kurzfristig freuen, weil die Auswahl vergrößert wird und Lieferengpässe nicht dokumentiert werden müssen. Für die Hersteller erhöht dies aber die Planbarkeit nicht, die Nachfrage wird sogar noch schwerer kalkulierbar.

Eine weitere Option sind Open-Shop-Verträge, denen weitere Anbieter zu den bereits feststehenden Bedingungen beitreten können. Dies wird bei Patentabläufen praktiziert. Generikaanbieter können den Verträgen beitreten, die die Krankenkassen mit den Originalanbietern ausgehandelt haben. Dieses Konzept durchbricht das Alles-oder-nichts-Prinzip der Ausschreibungen. Darum geht es auch bei einem Vorschlag, den das IGES-Institut bereits in einem Gutachten über „Generika in Deutschland“ vom 18. Oktober 2011 im Auftrag von Pro Generika ins Gespräch gebracht hatte. Das Institut hatte dort vorgeschlagen, die Möglichkeit zum Abschluss von Rabattverträgen für eine bestimmte Zeit nach dem Patentablauf auszusetzen, wenn bei einem Arzneistoff eine besonders große Marktkonzentration zu beobachten ist.

Langfristige Perspektive

Letztlich zeigen alle diese Überlegungen die Grenzen der Rabattverträge auf. Diese Verträge mögen zu nennenswerten Einsparungen bei den Krankenkassen geführt haben, wenn auch die volkswirtschaftliche Gesamtbilanz angesichts der externen Kosten fraglich ist. Doch dies heißt nicht, dass die Rabattverträge als Sparkonzept endlos wirksam sind. Die Lieferengpässe zeigen, dass langfristig erhebliche Probleme drohen. Zugleich dürften kaum noch weitere Sparerfolge möglich sein.

Dass die Krankenkassen dies auch erkennen, lässt eine Formulierung in der „Agenda Gesundheit“ der AOK Baden-Württemberg vom Juli 2013 erahnen. Dort heißt es, „mittelfristig müssen bewährte kostensenkende Maßnahmen wie die Arzneimittelverträge (…) fortgesetzt werden“. Kritische Beobachter können daraufhin mutmaßen, dass auch die Krankenkassen langfristig die Grenzen der Rabattvertragsidee sehen. 

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