Aus den Ländern

Wirtschaftliche und ordnungspolitische Aufgaben

Bericht vom Wirtschaftsseminar in Rostock

ROSTOCK (tmb) | Wirtschaftliche Verbesserungen für die Apotheken und die Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung bei Verträgen mit dem GKV-Spitzenverband sind für ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz wichtige berufspolitische Herausforderungen. Dies erläuterte Schmitz beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern am 9. Oktober in Rostock. Der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat konnte dort über 150 Mitglieder begrüßen, die sich über vielfältige wirtschaftlich relevante Themen für den Apothekenbetrieb informierten.
Fotos: DAZ/tmb
Wieder einmal gut besucht: das Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Die jüngsten betriebswirtschaftlichen Daten der Treuhand Hannover weisen im Vergleich zum Vorjahr gestiegene Rohgewinne der Apotheken aus (siehe AZ Nr. 42, S. 5). Hier wirken sich die jüngsten Veränderungen beim Festzuschlag und beim Kassenabschlag aus. Die Anzahl der Apotheken gehe nun langsamer zurück, ist aber im 1. Halbjahr 2013 immer noch um 150 gesunken. Die ABDA stehe damit weiter vor der Aufgabe, sich um Verbesserungen bei der Arzneimittelpreisverordnung und beim Kassenabschlag sowie um zusätzliche Elemente für die Honorierung zu bemühen.

Dissens bei Festzuschlag

Schmitz erinnerte an den weiter bestehenden starken Dissens bei der Berechnungsmethode für den Festzuschlag. Das Ministerium verrechne Mehrleistungen mit Kostensteigerungen, aber „wer mehr leistet, muss auch mehr Gewinn haben“, so Schmitz. Ein weiteres Problem sei die nahezu wortgleiche Übereinstimmung der Anpassungsregeln für den Festzuschlag und den Kassenabschlag. Das sei nicht gut abgestimmt, aber die Politik habe zuletzt Regelungen hierzu angekündigt.

Wie handlungsfähig ist der GKV-Spitzenverband?

Bei den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen betonte Schmitz die Probleme mit dem GKV-Spitzenverband und fragte, wie handlungsfähig dieser noch sei. Mehrmals sind bereits ausgehandelte Ergebnisse im letzten Moment von der Spitzenebene zurückgezogen worden. Dies betreffe das Zentrum der Versorgungsarbeit der Apotheker. Wenn die Selbstverwaltung dort nicht handlungsfähig ist, stelle sich die Frage nach einer Alternative. Doch weder ein staatliches System mit Entscheidungen allein durch die Politik noch unzählige Einzelverträge mit unübersichtlichen Regelungen wie bei Hilfsmitteln seien wünschenswert.

Als weitere berufspolitische Aufgabe nannte Schmitz die Erarbeitung und Diskussion eines neuen Leitbildes, das 2014 verabschiedet werden soll.

Problemfall: Teilnotdienste in Mecklenburg-Vorpommern

Dr. Sebastian Schmitz

Schmitz erinnerte zudem an die Entwicklung des Nachtdiensthonorars und die Gründe für die Umsetzung über einen Fonds. Die Politik habe eine möglichst einfache Lösung gefordert, und deshalb werden Teilnotdienste nicht stundenweise berücksichtigt.

Pudimat erläuterte dazu, dass diese Gestaltung in Mecklenburg-Vorpommern problematisch ist: Um die Versorgung in dem dünn besiedelten Land patientenfreundlich zu gestalten, gibt es dort in vielen Dienstkreisen Teildienste bis 21 Uhr. Der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern habe schon frühzeitig darauf hingewiesen, aber auf Bundesebene sei das Problem sehr selten, und das Projekt hatte nicht deswegen scheitern sollen. Dennoch müsse das Problem irgendwie gelöst werden, erklärte Pudimat und schlug vor, die Teildienste sachgerecht zu Volldiensten zu addieren. Schmitz verwies auf die Rechtslage, kündigte aber an, dass die Umsetzung des Nachtdiensthonorars im nächsten Jahr hinsichtlich ihrer Effizienz überprüft werden soll.

Nullretaxationen hemmen Motivation

Axel Pudimat

Auch Pudimat ging auf ein Problem im Zusammenhang mit dem GKV-Spitzenverband ein: Der Deutsche Apothekerverband habe sich jahrelang um eine akzeptable Lösung für die Nullretaxationen bemüht und sei kurz vor einem Abschluss gestanden, der auch den Gremien der Apotheker schwerfiel. Doch jetzt blockiere der GKV-Spitzenverband jede Lösung. So bleibe es bei der bestehenden Rechtslage. „Für Ihren formellen Fehler bei der Abgabe werden Sie möglicherweise mit 10 Euro bestraft oder, wenn Sie Pech haben, auch mit 3000 Euro oder noch mehr“, sagte Pudimat und meinte, es fehle jede Verhältnismäßigkeit, für ihn sei das Diebstahl. Er erklärte, dass solche formellen Fehler sogar zu erwarten seien. Denn die Vertragslage sei teilweise schwierig in der EDV erkennbar und wechsle immer wieder. Im Zusammenhang mit der überholten Importabgabeverpflichtung sei zudem ein zweites Hinweisfenster nicht immer komplett lesbar. Eine Nullretaxation in solchen Fällen motiviere die Apotheken nicht, den Krankenkassen bei der Vertragserfüllung zu helfen, sondern schaffe Ablehnung gegenüber dem ganzen Thema Rabattvertrag. Doch die Blockadehaltung des GKV-Spitzenverbandes habe offensichtlich nichts mit pharmazeutischen Gründen zu tun, sondern mit den Machtverhältnissen innerhalb des Gremiums, so Pudimat.

Themen für 2014: SEPA und QMS

In weiteren Vorträgen ging es um aktuelle Themen des Apothekenbetriebs. Anke Thorns, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, stellte das europäische Zahlungsverkehrssystem Single Euro Payment Area (SEPA) vor, das ab 1. Februar 2014 für Unternehmen zum alleinigen System für den bargeldlosen Zahlungsverkehr wird. Thorns riet, schon jetzt die IBAN und BIC auf Rechnungen und Briefbögen anzugeben, eine Gläubiger-ID bei der Bundesbank zu beantragen und für die weiteren Vorbereitungen einen Zeitplan zu erstellen.

Thomas Krohm, Landesapothekerverband Baden-Württemberg Service GmbH, stellte ein elektronisches QMS-Musterhandbuch für Apotheken vor. Das zur DIN EN ISO 9001:2008 konforme Handbuch könne online in zwei Stunden grob und in weiteren sechs Stunden genauer für die jeweilige Apotheke angepasst werden. Es blieb jedoch offen, warum gerade Apotheker, die allein die Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung erfüllen wollen, ein ISO-orientiertes QMS einführen sollten (siehe auch Seite 3).

Betriebsprüfung: alte Sorgen und neue Hoffnung

Ein Schwerpunktthema des Wirtschaftsseminars war die elektronische Betriebsprüfung. Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger erläuterte die Prüfungen auf Datenkongruenz. Da diese zum größten Teil auf den einzelnen Kassenzeilen beruhen, seien die von ihm angestrengten Gerichtsverfahren über das Zugriffsrecht der Finanzämter zu diesen Daten so wichtig, argumentierte Bellinger. Zudem können Daten aus unterschiedlichen Systemen nicht kongruent sein, sondern müssen systembedingt voneinander abweichen, sodass Abweichungen keine Hinzuschätzungen rechtfertigen.

Uwe Stiftel, Firma Pharmatechnik, verdeutlichte, wie mühsam die Probleme im Umgang mit den Daten zu erklären sind. Er erklärte anhand der Funktionsweise der Warenwirtschaftssysteme, wie Abweichungen und Bestandsfehler entstehen. Die Warenwirtschaft sei nicht mit der Finanzbuchhaltung gleichzusetzen und sage nichts darüber aus, wann eine Rechnung bezahlt wird oder ein Rezept verbucht wird. Dennoch würden solche Daten immer wieder für Prüfungen benutzt.

Dagegen vermittelte Henning Dierks, stellvertretender Vorsitzender des Steuerberaterverbandes Mecklenburg-Vorpommern, vorsichtig Entwarnung. Er berichtete über konstruktive Gespräche der Steuerberater mit den Finanzbehörden in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen überschaubaren Strukturen. Die Steuerberater hatten die teilweise sehr langen Prüfungen mit Unterbrechungen von über einem halben Jahr gerügt. Doch inzwischen habe Dierks den Eindruck, die Apotheker seien „rehabilitiert“, weil sich der Generalverdacht gegen sie nicht bestätigt hat. Es habe „viel heiße Luft“ und großen Arbeitsaufwand gegeben, aber in der Verwaltung sei mittlerweile ein positiver Eindruck von der Arbeit in den Apotheken entstanden. Dagegen werden nun andere Branchen als problematischer eingestuft. 

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