Aus der Hochschule

Symposium in Münster

Zu Ehren des ägyptischen Pharmakologen Prof. Dr. Mohamed T. Khayyal veranstaltete das Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Münster am 18. Januar das Symposium "From Worms to Herbs: Adventures of a Curious Pharmacologist". Anlass war der 75. Geburtstag Khayyals, der seit über 40 Jahren eng mit Münster verbunden ist.

Wirkungen an Endothel und Muskulatur der Gefäße

Prof. Dr. Paul Vanhoutte, Hongkong, referierte über "The endothelial saga: when good guys turn bad". Ausgehend von den Experimenten des Nobelpreisträgers Robert Furchgott zur Rolle von Stickstoffmonoxid (NO) und Transmittern am Endothel, zeigte er alle wesentlichen Faktoren auf, die an der Auslösung von Kontraktionen und Relaxationen der glatten Gefäßmuskulatur beteiligt sind. Dabei ist verblüffend, dass eine Endothelzelle, die regeneriert worden ist, sich entgegengesetzt verhält wie eine originäre Endothelzelle. Dies wirft möglicherweise einen Schatten auf die Stammzellforschung.

Über gemeinsame und verschiedenartige Wirkmechanismen von Cyclooxygenasehemmern an der Gefäßmuskulatur sprach Dr. Brian Callingham, Cambridge, England, wobei er Untersuchungen an Arterien von Rehen zugrunde legte. Diese Untersuchungen untermauern nochmals die Bedeutung des NO und der NO-Synthase (NOS). Die COX-Hemmer Acetylsalicylsäure, Naproxen, Indometacin und Ibuprofen, die kovalent an NO binden, zeigen einen starken vasodilatatorischen Effekt an vorgespannten Gefäßen. Ibuprofen wirkt auch an anderen Muskeln (Musculus anococcygeus) relaxierend, teilweise vermittelt über eine lösliche Guanylylcyclase (sGC).

R(–)-Ibuprofen besitzt NOS-unabhängige Effekte, indem es über eine Häm-assoziierte sGC-Stimulation wirkt, was auch die Nebenwirkungen verringern sollte. Ketoprofen zeigt diese Effekte nicht. Diclofenac relaxiert unabhängig von NO-Synthase, sGC und COX-Hemmung; hier könnten der cAMP-PKA-Weg oder K+-Kanäle von Bedeutung sein.

Historische Phasen der Arzneistoffentwicklung

Prof. Dr. Sam J. Enna, Kansas, USA, langjähriger Präsident der International Union of Basic and Clinical Pharmacology, hielt einen Vortrag über "Herbal Pharmacology: queen Hatshepsut to Mohamed Khayyal". Er ließ die Arzneipflanzen der Pharaonenzeit auferstehen, die u. a. im Papyrus Edwin Smith und im Papyrus Ebers genannt sind, und schlug den historischen Bogen von der empirischen Entdeckung von Arzneidrogen zur gezielten Arzneistoffentwicklung. Hier unterschied er eine physiologische Phase, eine biochemische Phase und eine molekulare Phase. Enna stellte die Frage, ob die heutige Arzneistoffentwicklung auf der Basis identifizierter Zielstrukturen (drug targets) nicht zu einer Einengung führt. Er hält es für möglich, dass es eine Rückbesinnung auf das pharmakologische Experiment als Ausgangsexperiment geben wird und dass die Molekularbiologie dann lediglich eine Rolle als begleitende Wissenschaft spielt.

Pharmakologie eines rationalen Phytopharmakons

Abschließend berichtete Prof. Dr. Michael Schemann, München, über die Wirkweise des Präparates Iberogast® bei gastrointestinalen Beschwerden. Er legte die Wirkungen auf verschiedene Ionenkanäle dar und erwähnte auch die nachgewiesenen Wirkungen auf Glutathion, TNF-α, Myeloperoxidase und Chemoattractan-3. Eindrucksvolle Videosequenzen demonstrierten, wie das Präparat auf verschiedene Muskelabschnitte des Magens differenziert einwirkt.

Laudatio auf Khayyal

Die Laudatio auf seinen langjährigen Freund und Kollegen Khayyal hielt Prof. Dr. Eugen J. Verspohl, Münster. Die Pharmakologie war Khayyal schon in die Wiege gelegt, da sein Vater die Pharmakologie in Ägypten begründet hat. Mit vielen Bildern zeichnete er seine Ausbildung und wissenschaftliche Karriere nach. Trotz seiner Handicaps (Polio mit 18 Monaten, ein sehr schwerer Verkehrsunfall an seinem 50. Geburtstag mit bleibenden Schäden) ist Khayyal ein unvergleichlicher Motivator, ein Stehaufmännchen, ein optimistischer, humorvoller und lebensbejahender Mensch, ein Kommunikator, Kosmopolit und Kritiker (in Zeitschriften-Artikeln). Mit seiner Großzügigkeit verkörpert er die Humanität an sich, so Verspohl.

Auf die anschließende, spontane Dankesrede Khayyals reagierten die etwa hundert anwesenden Personen mit standing ovations.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch ein studentisches Streichquartett. Dank gilt auch der organisatorischen Arbeit von Frau Dr. Heba Abdel-aziz und der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Firma Steigerwald.


Prof. Dr. Eugen J. Verspohl, Münster



DAZ 2013, Nr. 4, S. 80

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