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Schummeleien bei den Kassen

Bundesversicherungsamt untersucht Krankheitseinstufungen

BERLIN (jz/ks) | Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich könnte Krankenkassen zu Manipulationen veranlassen. Diese Befürchtung ist so alt wie der Morbi-RSA selbst. Und es gibt auch immer wieder Hinweise, dass dies tatsächlich geschieht oder jedenfalls geschehen ist. Nun nimmt das Bundesversicherungsamt (BVA) die Meldedaten aus dem Jahr 2009 unter die Lupe.

In einem aktuellen Schreiben an den GKV-Spitzenverband schreibt die Aufsichtsbehörde, dass fast jede zweite Kasse Krankheiten ihrer Versicherten nicht korrekt melde. Dies berichtete am Dienstag die „Rheinische Post“. Danach soll es bei insgesamt 59 von derzeit 134 gesetzlichen Krankenkassen Auffälligkeiten geben.

Das BVA überprüfte die Krankheits-Einstufungen im ambulanten und im Krankenhausbereich. Dabei stellte sich dem Pressebericht zufolge heraus, dass Patienten vielfach kränker gemacht wurden, als sie in Wahrheit waren. Ein solches Vorgehen wäre lukrativ für die Kassen. Denn die Summe, die die einzelnen Kassen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, bemisst sich unter anderem nach dem Gesundheitszustand ihrer Versicherten. So sieht es der 2009 eingeführte „Morbi-RSA“ vor. Danach umfasst die Zuweisung aus dem Fonds neben einer einheitlichen Grundpauschale auch alters-, geschlechts- und risikoadjustierte Zu- und Abschläge, welche die unterschiedlichen Risikostrukturen der Kassen ausgleichen sollen.

Als Beispiel führt die „Rheinische Post“ eine BKK an, die nun plausibel machen muss, weshalb bei ihren Versicherten innerhalb eines Jahres die Zahl der Herzinfarkte um mehr als 280 Prozent gestiegen ist, während sie im Schnitt aller Kassen um weniger als ein Prozent in die Höhe ging. Eine Ersatzkasse soll eine Vermehrung von Hautgeschwüren um mehr als 30 Prozent verzeichnen – während dieses Krankheitsbild im gesamten Kassensystem um gerade einmal 1,5 Prozent anstieg.

Den betroffenen Kassen drohen dem Bericht zufolge finanzielle Sanktionen, sollten sie keine plausiblen Gründe für die erheblichen Abweichungen vom Durchschnitt der Krankheitsbilder anführen können: Das BVA könne ihnen die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds kürzen. Die betroffenen Kassen müssen sich ihrer Aufsichtsbehörde nun erklären.

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, erklärte, es sei Ziel des Morbi-RSA, dass Krankenkassen mit vielen chronisch Kranken mehr Geld für eine gute Versorgung bekommen. „Völlig inakzeptabel ist allerdings, wenn einzelne Kassen Daten manipulieren oder manipulieren lassen, um mehr Geld zu bekommen.“

Der GKV-Spitzenverband verweist darauf, dass die Prüfungen das Jahr 2009 betreffen. Zudem sei im BVA-Schreiben vom 12. August 2013 die Rede von „statistischen Auffälligkeiten“. Diese seien jedoch nicht mit Manipulationen gleichzusetzen. Überdies seien die betroffenen Kassen teilweise identisch. „Davon, dass jede zweite Kasse betroffen ist, kann keine Rede sein“. 

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