DAZ aktuell

EAV-Testkäufe rechtsmissbräuchlich

Einheitliche Linie des OLG München zeichnet sich ab

BERLIN (ks/jz). Nachdem der Bayerische Apothekerverband (BAV) im Streit um die Rezept-Boni mehrmals Ordnungsgelder gegen die Europa Apotheek Venlo (EAV) erwirkt hatte, drehte die niederländische Apotheke den Spieß um. Sie ließ diverse Testkäufe in bayerischen Apotheken durchführen und strengte eine ganze Reihe einstweiliger Verfügungsverfahren gegen BAV-Mitglieder an. Vor Gericht läuft es bislang allerdings nicht ganz so, wie es sich die Versandapotheke vorgestellt haben dürfte. Zwei Zivilsenate des Oberlandesgerichts (OLG) München sind in zweiter Instanz mit den Verfahren befasst – es zeichnet sich ab, dass das Vorgehen der EAV dort als rechtsmissbräuchlich angesehen wird.

Letzten Herbst schickte die EAV Testkäufer in die Apotheken von BAV-Mitgliedern, um zu überprüfen, ob Abgabevorschriften eingehalten werden und ordentlich beraten wird. Tatsächlich erwischten sie Apotheken, die die Antibabypille ohne Rezept abgaben – ein männlicher Testkäufer bat für seine grippekranke Frau hierum. Eine andere Testkäuferin wünschte eine 10er-Packung des Migränemittels Formigran, das nur in 2er-Packungen rezeptfrei erhältlich ist. Die EAV monierte, dass manche Apotheken daraufhin mehrere 2er-Packungen abgab – die Gerichte hielten dies allerdings nicht für unzulässig. Ebenfalls im Testkauf-Repertoire: Der Wunsch nach dem Schlafmittel Hoggar Night zusammen mit Prostagutt forte – hier hatte man von der Apotheke den Hinweis auf eine Kontraindikation erwartet.

Landgerichte noch uneins

Die Landgerichte werteten die von der EAV bemängelten Verstöße unterschiedlich. Für rechtsmissbräuchlich hielten sie das Verhalten der niederländischen Apotheke nicht. Dennoch kam diese nur mit einigen ihrer Punkte durch. So untersagte das Landgericht München (Az.: 4 HK O 5086/12) etwa die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne Rezept – insbesondere Belara –, sofern im Einzelfall kein Notstand zu beklagen sei und/oder der behandelnde Arzt zuvor nicht unterrichtet wurde. Auch die Abgabe von Arzneimittelproben – vorliegend eine kleine Tube Bepanthen-Salbe – wurde bei Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt. Das Landgericht Augsburg (Az.: 1 HK O 4131/12) untersagte erstere Variante ebenfalls. Zudem gab sie der EAV in einem weiteren Punkt Recht: Auch die Abgabe nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel – hier: Imodium akut Lingual 12 Stück – dürfe nicht ohne Rezept abgegeben werden, wenn die abgegebene Menge verschreibungspflichtig sei.

Einheitliche Linie am Oberlandesgericht

Im Frühjahr hatte das Oberlandesgericht erste Entscheidungen in ähnlichen Fällen gefällt. Während der 29.Zivilsenat das Vorgehen der EAV schon seinerzeit als rechtsmissbräuchlich wertete und alle Unterlassungsansprüche verneinte, war der 6.Zivilsenat hiervon noch nicht überzeugt (siehe hierzu DAZ 2013 Nr. 24, S. 20). Doch am 25. Juli befasste sich eben jener 6.Senat mit drei weiteren Fällen – und wies die Berufung der EAV jeweils ab. Bis die Entscheidungsgründe vorliegen, wird noch etwas Zeit vergehen – was genau die Richter bewegt hat, wird sich erst dann zeigen. Zudem sind noch nicht alle Eilverfahren, die die EAV eingeleitet hat, abgeschlossen. Der Pressesprecher des OLG München erklärte jedoch, es zeichne sich eine gemeinsame Linie ab: Die EAV sei mit ihren Testkäufen in rechtsmissbräuchlicher Weise vorgegangen. Und so entschied auch der 29.Zivilsenat kurz darauf – am 1. August – in diesem Sinne. In einem Verfahren wies er die Berufung der Versandapotheke gegen einen zurückgewiesenen Antrag auf Einstweilige Verfügung zurück. Im zweiten zog die EAV das Rechtsmittel selbst zurück.

Endgültige Entscheidung bleibt abzuwarten

Noch sind alle Entscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen. Ob und wie viele Hauptsacheverfahren die EAV nun anstrengen wird, bleibt abzuwarten. Nach Informationen der DAZ machten die EAV-Anwälte bereits deutlich, dass der Weg für sie noch nicht zu Ende sei. Die Versandapotheke selbst schweigt bislang auf eine entsprechende Anfrage. Auch der BAV will sich nach wie vor nicht zu den Verfahren äußern. 

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