Schwerpunkt Nieren

Die perfekte Formel

Richtig dosieren bei eingeschränkter Nierenfunktion

Von Monika Alter und Markus Zieglmeier | Nach jahrzehntelanger Beschäftigung mit Formeln zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) kamen Andrew S. Levey und seine Kollegen im Jahre 2009 zu dem Schluss: „A single equation is unlikely to work equally well in all populations”. Dieser Satz sagt aus, dass jede Formel für genau die Patienten am besten funktioniert, an denen sie entwickelt wurde, während es „die eine Formel“ für alle Patienten und für jeden Zweck vielleicht nie geben wird. Für die Anwendung in der klinischen Routine, insbesondere für die Dosisfindung renal eliminierter Arzneistoffe, ist es daher von Bedeutung, die Stärken und Schwächen der einzelnen Formeln zu kennen.

Insgesamt sehen wir uns aktuell mit der Situation konfrontiert, dass es immer mehr Formeln zur Abschätzung der Nierenfunktion gibt, die alle zu unterschiedlichen Zahlenwerten führen, die wiederum unterschiedliche Konsequenzen für die Arzneimitteltherapie implizieren können. Als kritisch ist dabei anzusehen, dass aus historischen Gründen der Großteil unserer heutigen Empfehlungen zur Dosisanpassung von Arzneistoffen aus pharmakokinetischen Studien stammt, in denen die Kreatinin-Clearance nach der Cockcroft-Gault-Formel berechnet wurde (s.u.). Spätestens seit der Etablierung zuerst der MDRD- und jetzt der CKD-EPI-Formel als Standards zur Abschätzung der Nierenfunktion gibt es zahlreiche Diskussionen und Kontroversen darüber, inwieweit andere Formeln als die nach Cockcroft-Gault für eine Dosisanpassung geeignet sind. Die Datenlage hierfür ist nicht immer eindeutig [1, 2], und auch die Empfehlungen der Fachgesellschaften können voneinander abweichen [3–6]. Besonders schwierig ist die Situation dabei für ältere Patienten, da diese Personengruppe oftmals sowohl aus den zulassungsrelevanten als auch aus den pharmakokinetischen Studien ausgeschlossen bleibt und viele der heute etablierten Formeln diese Patientengruppe ebenfalls nur zu einem geringen Teil berücksichtigen. In den meisten Fällen stimmen die Dosisempfehlungen auf Grundlage verschiedener Formeln miteinander überein [2, 6]; nicht immer eindeutig sind die Fälle, bei denen aus unterschiedlichen Formeln unterschiedliche Dosierungen resultieren. Trotz aller Kontroversen und potenziellen Nachteile ist die Cockcroft-Gault-Formel nach wie vor die am besten untersuchte Formel zum Zweck der Dosisanpassung von Arzneimitteln [1, 3, 6–9]. Auch in Zeiten standardisierter Kreatinin-Bestimmungen und zahlreicher neuer und aus nephrologischer Sicht geeigneterer Abschätzungen kommt man auch heute nicht an der 1976 veröffentlichten Formel vorbei.

Für alle nun vorgestellten, Kreatinin-basierten Formeln gilt grundsätzlich: Weicht ein Patient in Bezug auf Alter, Körpergewicht, Muskelmasse oder individuellen Kreatinin-Pool stark von der „Norm“ ab, beispielsweise aufgrund bestimmter Erkrankungen (z.B. Leber- oder Muskelerkrankungen) oder Ernährungsgewohnheiten (z.B. Vegetarier, Veganer), muss die Abschätzung auf Grundlage von Kreatinin prinzipiell infrage gestellt werden [10, 11]. Ein Ausweichen auf alternative Serum-Marker wie beispielsweise Cystatin C oder ein Messen der GFR oder der Kreatinin-Clearance kann dann bei bestimmten Patienten oder in bestimmten klinischen Situationen eine geeignete Alternative darstellen [11].

Die historisch wichtigste Formel: die Abschätzung nach Cockcroft-Gault

Cockcroft und Gault entwickelten ihre Formel an einem kleinen Patientenkollektiv von 249 weißen Männern in stationärer Behandlung mit und ohne chronische Niereninsuffizienz im Alter zwischen 18 und 92 Jahren (durchschnittliches Alter etwa 54 Jahre). Die durchschnittlich gemessene Kreatinin-Clearance (CrCl) betrug etwa 74 ml/min. Frauen wurden nicht in die Studie eingeschlossen, die Gründe hierfür werden von den Autoren nicht genannt. Der Korrekturfaktor von 0,85, mit dem das Ergebnis bei Frauen am Ende multipliziert werden muss, soll die gegenüber Männern reduzierte Muskelmasse widerspiegeln. Allerdings ist dies ein eher theoretischer Wert, der sich bei genauerem Hinsehen als wenig wissenschaftlich entpuppt –nachdem zwei Publikationen bei Frauen eine um 10% bzw. 20% verminderte Muskelmasse gegenüber Männern postulierten, erschien Cockcroft und Gault eine Reduktion um 15% sinnvoll.

Zum Zweck der Dosisanpassung von Arzneimitteln ist von Vorteil, dass der errechnete Wert nicht mehr auf die Körperoberfläche angepasst werden muss, wie dies bei den anderen Formeln der Fall ist. Ein großer Unsicherheitsfaktor ist das einzusetzende Körpergewicht. Obwohl der Zusammenhang aus Körpergewicht und Muskelmasse sowie sich daraus ergebender Kreatinin-Bildung sinnvoll erscheint, kann eine Fehleinschätzung vor allem bei Über- oder Untergewichtigen oder bei Patienten mit sehr niedrigem Serum-Kreatinin auftreten. Die Anwendung alternativer Körpergewichtsdeskriptoren wie des häufig verwendeten Ideal Body Weight bei übergewichtigen Patienten oder ein pauschales Aufrunden besonders niedriger Serum-Kreatinin-Werte auf 1 mg/dl bei sehr dünnen oder kachektischen Patienten beruhen in der Regel auf theoretischen Überlegungen, die Evidenzlage befürwortet ein solches Vorgehen nicht [6, 10,12–13]. Gerade die Anwendung des Ideal Body Weight wird nicht mehr empfohlen, da durch das rechnerisch niedrige Körpergewicht oftmals besonders niedrige Clearance-Werte errechnet werden, die im Vergleich zu anderen Formeln entsprechend in geringeren Arzneimitteldosierungen resultieren [2, 12–13]. Obwohl ein solches konservatives Dosierregime insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz oder bei Arzneimitteln mit enger therapeutischer Breite grundsätzlich gewünscht sein kann, wird andererseits oft kritisiert, dass dieses Vorgehen beispielsweise bei Antiinfektiva in subtherapeutischen Dosierungen und damit ungenügender Wirksamkeit resultieren kann. Für welchen BMI welcher Körpergewichtsdeskriptor am besten geeignet ist und die tatsächliche Kreatinin-Clearance am besten widerspiegelt, wird auch heute noch kontrovers diskutiert. Die Daten deuten darauf hin, dass je nach BMI ein anderer Körpergewichtsdeskriptor geeigneter ist [13].

Cockroft-Gault: für die Geriatrie häufig die beste Empfehlung

Auch wenn die Cockcroft-Gault-Formel zum Zweck der Dosisanpassung die am besten untersuchte Formel darstellt, muss bedacht werden, dass ihre Schätzungen oft weniger präzise sind als mittels neuerer Formeln errechnete Werte, das heißt, dass die errechnete Clearance oft nur ungenau mit der tatsächlichen Clearance korreliert [14]. Das ist vermutlich auch unser aktuell größtes Dilemma: dass die verfügbaren Daten zur Dosisanpassung oftmals auf Grundlage einer Formel erstellt wurden, die selbst nur ungenau die tatsächliche Nierenfunktion widerspiegelt.

Bei geriatrischen Patienten scheint das Ausmaß der Fehleinschätzung bei Cockcroft-Gault gegenüber der MDRD-Formel geringer [15, 16], sodass für geriatrische Patienten oftmals die Anwendung der Cockcroft-Gault-Formel empfohlen wird. Konkurrenz in diesem Bereich dürfte die Cockcroft-Gault-Formel neuerdings jedoch von den beiden 2012 veröffentlichten Formeln BIS1 und BIS2 bekommen, die speziell an Patienten über 70 Jahren entwickelt wurden, auch wenn es bislang nur wenige Daten zu einem direkten Vergleich dieser beiden Formeln gibt.


The Modification of Diet in Renal Disease Study Equation, kurz: die MDRD-Formel

Entwickelt wurde die 1999 veröffentlichte Formel an 1628 Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Der durchschnittliche Serum-Kreatinin-Wert lag bei 2,3 mg/dl, die durchschnittlich gemessene GFR bei knapp 40 ml/min pro 1,73 m². Frauen waren zu etwa 40% vertreten. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 50,6 Jahren, zu beachten ist jedoch, dass kein einziger Patient über 70 Jahre alt war [17].

Ziel dieser Neuentwicklung war es hauptsächlich, eine Formel zu finden, mit welcher das weitere Fortschreiten einer bereits bestehenden chronischen Niereninsuffizienz besser dokumentiert und bspw. eine anstehende Transplantatentscheidung erleichtert werden kann. Das erklärt auch die relativ nierenkranke und gleichzeitig junge Patientenpopulation, an der die Formel entwickelt wurde. Gleichzeitig erklärt es auch, warum die Formel bei erniedrigten, normalen oder nur leicht erhöhten Kreatinin-Werten zu Fehleinschätzungen führen kann [14, 18–19]. Gerade bei älteren Patienten, bei denen das Serum-Kreatinin nicht oder nur leicht erhöht ist, konnte gezeigt werden, dass oftmals eine Überschätzung der Nierenfunktion auftritt, während die GFR bei jungen und gesunden Patienten oft unterschätzt wird [14, 19]. Bei sehr kleinen oder sehr großen Patienten, deren Körperoberfläche stark von den normierten 1,73 m² abweicht, muss zum Zweck der Arzneimitteldosierung die tatsächliche Körperoberfläche in die Dosis-Berechnung einbezogen werden. Vorteile hingegen zeigt die MDRD-Formel bei Patienten mit deutlich erhöhten Kreatinin-Werten bzw. chronischen Nierenerkrankungen, wie dies auch in der Studienpopulation der Fall war [19], insbesondere wenn noch Albumin und Harnstoff bestimmt wurden und die ursprüngliche sechs-Variablen-MDRD-Formel angewendet werden kann.

2007 erfolgte als Anpassung an die Standardisierung der Kreatinin-Bestimmungen eine Neuberechnung der Formel. Da die originalen Blutproben noch erhalten waren, konnten diese neu vermessen und die Formel neu berechnet werden. Der Faktor von 186 aus der ursprünglichen Formel wurde durch 175 ersetzt [20].

Die Kreatinin-basierte CKD-EPI-Formel 2009

Die CKD-EPI-Formel (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration) die 2009 entwickelt wurde, basiert auf der für diese Zwecke bislang größten Patientenpopulation. 5504 Patienten wurden für die Entwicklung der Formel eingeschlossen, an weiteren 2750 Patienten wurde die Formel intern validiert und Daten weiterer 3896 Patienten wurden zur externen Validierung herangezogen. Das besondere an dieser Formel ist, dass ein breites Patientenkollektiv eingeschlossen wurde, um systematische Fehleinschätzungen, wie dies bei der MDRD-Formel der Fall ist, zu vermeiden. Das durchschnittliche Serum-Kreatinin lag bei 1,65 mg/dl, die durchschnittlich gemessene GFR bei 68 ml/min pro 1,73 m² – insgesamt also deutlich nierengesündere Patienten, als dies noch bei der MDRD-Studie der Fall war. Im Ergebnis wird gerade bei jungen und gesunden Patienten eine insgesamt höhere GFR ausgegeben, auch fällt die Fehleinschätzung bei niedrigen bzw. nur leicht erhöhten Kreatinin-Werten weniger stark aus [21].

Es ist sinnvoll, bei bestimmten Fragestellungen eine Abschätzung anhand der CKD-EPI-Formel durchzuführen. Gerade für junge und gesunde Patienten stellt diese Formel eine Verbesserung dar. Da man im klinischen Alltag keine Messung der GFR durchführt und somit auch nicht weiß, wie die tatsächliche Nierenfunktion eines Patienten ist, ist die CKD-EPI-Formel von Vorteil, da sie über die gesamte Bandbreite möglicher GFR-Werte präziser ist [10, 21]. Aus pharmazeutischer Sicht bringt die CKD-EPI-Formel jedoch keine Vorteile. Eine Dosisanpassung an die Nierenfunktion ist in der Regel erst bei einer starken Einschränkung der Nierenfunktion, d.h. einer Kreatinin-Clearance bzw. GFR von unter 60 ml/min notwendig. Somit ist es für eine Dosisanpassung nicht relevant, ob man die GFR oberhalb dieses Grenzwertes nun besser abbilden kann oder nicht. Und auch bei der CKD-EPI-Formel muss zum Zweck der Dosisanpassung die tatsächliche Körperoberfläche eines Patienten berücksichtigt werden. Da auch ein geringer Anteil der für die Formelentwicklung eingeschlossenen Patienten über 70 Jahren alt war, ist die Performance bei dieser Patientengruppe etwas besser als die der MDRD-Formel.

Zulassungsbehörden: an der Realität vorbei?

In diesem Chaos aus verschiedenen Formeln erstaunt es nicht selten, dass auch heute noch viele Hersteller ihre Dosisempfehlungen auf Grundlage der Kreatinin-Clearance und nicht der GFR ausgeben. Bei Arzneimitteln mit älterer Zulassung mag das noch verständlich sein, bei Arzneimitteln wie Pradaxa® (Dabigatranetexilat), die erst nach dem Siegeszug der MDRD-Formel im klinischen Alltag zugelassen wurden, wundert man sich dann doch [23]. Eine Erklärung für diese Herstellerangaben können die Leitlinien der FDA und der EMA zu pharmakokinetischen Studien mit Arzneimitteln sein [7–8, 24].

In ihrer Leitlinie von 1998, die bis 2010 gültig war, gab die FDA dabei vor, dass in pharmakokinetischen Studien die Bestimmung der Nierenfunktion allein anhand der Kreatinin-Clearance, berechnet nach der Cockcroft-Gault-Formel, erfolgen müsse. Erst mit der 2010 erfolgten Überarbeitung dieser „Guidance for Industry“ wurde auch die MDRD-Formel erstmals als Alternative ergänzt. Seither wird den Herstellern offengelassen, welche der beiden Formeln zur Anwendung kommt. Neuere Formeln, wie die CKD-EPI-Formel, die gemäß der KDIGO-Empfehlung (s. Kasten) als Standardformel bevorzugt angewendet werden soll, werden hierbei bislang nicht berücksichtigt. Dies ist vor dem Hintergrund problematisch, dass der Großteil der klinischen Labore die GFR seit einigen Jahren automatisch nach der MDRD-Formel bzw. inzwischen nach der CKD-EPI-Formel berechnet. Die Mehrzahl der Dosisempfehlungen beruht aufgrund der Vorgaben der FDA jedoch auf der Schätzformel nach Cockcroft-Gault.

Die EMA hingegen wählt einen ganz anderen Weg und empfiehlt für pharmakokinetische Studien eine Messung der GFR mittels etablierter exogener Marker. Die Übertragbarkeit in die klinische Praxis, in der die GFR in der Regel nicht durch exogene Marker gemessen, sondern Kreatinin-basiert abgeschätzt wird, ist dadurch noch schwieriger.

Neue Ansätze

Eine Forschergruppe der Berliner Charité veröffentlichte 2012 zwei neue Formeln zur Abschätzung der Nierenfunktion, die ausschließlich an Patienten über 70 Jahren entwickelt wurden [22]. Die BIS1-Formel stellt eine rein Kreatinin-basierte Abschätzung dar, die BIS-Formel kombiniert Cystatin C mit Kreatinin. Ein Kennzeichen der Studie ist, dass es sich bei der Studienpopulation um ambulante Patienten handelte, die damit geriatrische Apothekenkunden stärker repräsentieren dürften als multimorbide geriatrische Klinikpatienten.

2012 veröffentlichte das CKD-EPI-Konsortium zwei neue CKD-EPI-Formeln [18]. Zur besseren Abgrenzung gegenüber der 2009 veröffentlichten, rein Kreatinin-basierten CKD-EPI-Formel werden diese als CKD-EPI 2012 bezeichnet. Eine davon ist eine rein Cystatin C basierte Formel, während die zweite Cystatin C und Kreatinin kombiniert – ähnlich wie das auch schon die ebenfalls 2012 veröffentlichte BIS2-Formel tut. Aufgrund der grundsätzlichen Nachteile von Kreatinin, die durch die Abschätzungsformeln nur in begrenztem Maße ausgeglichen werden können, geht der Trend aktuell eindeutig in Richtung von Formeln, die sowohl Kreatinin als auch Cystatin C kombinieren, um so die Nachteile der einzelnen Marker auszugleichen. Da die Bestimmung von Cystatin C aktuell jedoch noch ein Vielfaches einer Kreatinin-Bestimmung kostet, können diese Formeln nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen nicht als Standard empfohlen werden, sondern sollen, ähnlich wie rein Cystatin C basierte Formeln, überall dort zur Anwendung kommen, wo Zweifel an der Aussagekraft von Kreatinin bestehen und eine möglichst genaue Abschätzung der Nierenfunktion notwendig ist.

KDIGO

KDIGO steht für Kidney disease – improving global outcome. Die unabhängige Non-Profit-Organisation wurde 2003 gegründet und widmet sich seitdem der Therapie von Nierenerkrankungen und deren Folgen durch Entwicklung und weltweite Implementierung von Leitlinien für die klinische Praxis (www.kdigo.org).

Fazit

Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und die daraus resultierenden Kontroversen zeigen, wie komplex das Gebiet der Nierenfunktionsabschätzungen ist. Auch wenn mit der CKD-EPI-Formel eine bedeutende Verbesserung zur Abschätzung der Nierenfunktion im klinischen Alltag etabliert wurde und die Wissenschaft bestrebt ist, der „perfekten Formel für alle“ immer näher zu kommen, ist es wichtig, die Vor- und Nachteile der einzelnen Berechnungen zu kennen, um so eine Interpretation des erhaltenen Zahlenwertes zu ermöglichen, damit im Anschluss die richtigen Schlüsse für eine Therapieentscheidung gezogen werden können. Im stationären Bereich beispielsweise machen inadäquate Dosierungen heute mit einem Anteil von bis zu 42% den Großteil der Medikationsfehler aus, gleichzeitig wird die Hälfte dieser Fehler als vermeidbar betrachtet [25–26]. Falsche Dosierungen gehören damit zu den wichtigsten vermeidbaren Medikationsfehlern überhaupt [25–29], wobei als größte Risikofaktoren für Fehler in der Arzneimitteltherapie fortgeschrittenes Alter, die Zahl der eingenommenen Arzneimittel und eine eingeschränkte Nierenfunktion zu nennen sind [29]. Die Dosisanpassung von Arzneimitteln bei eingeschränkter Nierenfunktion bietet somit eine ideale Möglichkeit für den Apotheker, sich in den Prozess der Arzneimitteltherapie einzubringen und Therapieempfehlungen auszusprechen, mit dem Ziel, die Arzneimitteltherapiesicherheit für den Patienten zu erhöhen. Nicht zuletzt aufgrund der demographischen Bevölkerungsentwicklung und der immer weiter steigenden Zahl an Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sowie einer zukünftigen Betätigung des Apothekers im Rahmen des Medikationsmanagements ist es notwendig, sich dieser Herausforderung zu stellen.


Quellen:

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Autoren

Monika Alter, Studium der Pharmazie von 2005 bis 2010 an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Praktisches Jahr am Shands Hospital at the University of Florida, Gainesville, Florida, USA, von November 2010 bis Mai 2011, Approbation zur Apothekerin im Juli 2011, seit September 2011 Apothekerin am Städtischen Klinikum München GmbH, Krankenhausapotheke Schwabing, seit Januar 2012 Klinik-Promotion am Städtischen Klinikum München.

Städtisches Klinikum München GmbH, Krankenhausapotheke Schwabing, Kölner Platz 1, 80804 München

Dr. Markus Zieglmeier, Apotheker, studierte Pharmazie an der LMU in München und ist seit 1989 in der Apotheke des Klinikums München-Bogenhausen tätig. Promotion zum Dr. rer. biol. hum., Fachapotheker für Klinische Pharmazie, Zusatzbezeichnungen Ernährungsberatung und Geriatrische Pharmazie. Seit 2002 ist er verstärkt als Referent und Autor tätig.

Städt. Klinikum München, Apotheke Klinikum Bogenhausen Englschalkinger Str. 77, 81925 München mzieglmeier@googlemail.com

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