Arzneimittel und Therapie

Kardioprotektive Effekte von Dexrazoxan, Beta-Blockern, ACE-Hemmern und Statinen

Kardiotoxizitäten einer Chemotherapie können durch die prophylaktische Gabe von Statinen, Beta-Blockern, Angiotensin-Antagonisten oder Dexrazoxan deutlich gesenkt werden, so das Fazit einer australischen Metaanalyse.

Einige Zytostatika wie etwa Anthracycline und der monoklonale Antikörper Trastuzumab können den Herzmuskel langfristig schädigen. So weist über die Hälfte der Patienten, die mit einem Anthracyclin behandelt wurden, bis zu 20 Jahre nach Therapieende eine kardiale Dysfunktion auf, rund 5% entwickeln ein Herzversagen. Unter einer Therapie mit Trastuzumab können ebenfalls kardiale Schäden entstehen, über deren Langzeitfolgen derzeit noch keine klaren Aussagen gemacht werden können. Werden Anthracycline und Trastuzumab verabreicht – was bei bestimmten Brustkrebsformen der Fall ist – , so steigt das Risiko einer kardialen Schädigung weiter an. Um kardiotoxischen Wirkungen vorzubeugen, können kardioprotektive Stoffe eingesetzt werden. Infrage kommen Dexrazoxan (Savene®; verringert u. a. die Eisen-abhängige oxidative Belastung des Herzmuskels; s. Kasten) sowie ACE-Inhibitoren und Beta-Blocker, deren kardioprotektiven Effekte bekannt sind. Die kardioprotektive Wirkung von Statinen ist unter anderem auf eine Verminderung des oxidativen Stresses zurückzuführen.

In einer australischen Metaanalyse wurde nun die kardioprotektive Wirksamkeit dieser Arzneistoffe bzw. Arzneistoffgruppen bei Patienten untersucht, die mit einem Anthracyclin oder Trastuzumab behandelt wurden.

Zytostatika-induzierte Kardiotoxizitäten


Am besten untersucht ist die Kardiotoxizität von Anthracyclinen wie Doxorubicin oder Epirubicin, die seit vielen Jahren in der Tumorbehandlung eingesetzt werden. Man unterscheidet akute und chronische Schädigungen des Herzmuskels, erstere treten dosisunabhängig während oder kurz nach der Behandlung in Form von Sinustachykardien oder Arrhythmien auf und sind klinisch meist gut zu therapieren. Häufiger und gefährlicher ist die chronische, dosisabhängige Kardiotoxizität, die Jahre bis Jahrzehnte nach der Behandlung auftreten kann und sich klinisch als Verschlechterung der linksventrikulären Ejektionsfraktion und einer progredienten Herzinsuffizienz manifestiert. Die chronische Kardiotoxizität ist unter anderem auf die Schädigung des Herzmuskels durch oxidative Schäden und freie Radikale zurückzuführen. Die oxidativen Schäden beruhen auf einer Lipidperoxydation der Mitochondrienmembran im Kardiomyozyten. Dies führt zu einer Myokardfibrose und zu einem Verlust von Herzmuskelgewebe.

Die oxidative Belastung kann durch Dexrazoxan verringert werden. Dies kommt folgendermaßen zustande: Bei verschiedenen Stoffwechselwegen der Anthracycline entstehen freie Radikale, deren Bildung durch Eisenionen, die mit den Anthracyclinen Komplexe bilden, unterstützt wird. In diesen Prozess greift der Eisen-Chelatbildner Dexrazoxan ein, der Eisenionen abfängt und somit die oxidative Belastung verringert.

Australische Metaanalyse

Für diese Metaanalyse wurden 14 Studien herangezogen, zwölf randomisierte kontrollierte und zwei Beobachtungsstudien. Aus diesen gingen die Daten von 2015 Erwachsenen oder Kindern hervor, die mit einem kardiotoxischen Zytostatikum (vor allem mit Anthracyclinen, weniger häufig mit Trastuzumab) behandelt worden waren und die prophylaktisch Dexrazoxan, Statine, Beta-Blocker oder ACE-Hemmer erhalten hatten. Patienten, die aufgrund einer früheren Chemotherapie bereits eine koronare Herzerkrankung bzw. eine Herzinsuffizienz aufwiesen oder unter einer deutlich verminderten Auswurffraktion oder einem Multiorganversagen litten, wurden in der Metaanalyse nicht berücksichtigt.

In sieben Studien bekamen die Patienten zur Prophylaxe Dexrazoxan, in drei Studien Beta-Blocker, in zwei Studien Statine und in drei Studien ACE-Hemmer. In einer Studie hatten die Patienten einen Beta-Blocker plus einen ACE-Hemmer erhalten. Die Patienten der Kontrollgruppen hatten jeweils ein Placebo eingenommen. Primärer Studienendpunkt war die Entwicklung einer Herzinsuffizienz, die Abnahme der Auswurffraktion oder beide Parameter. In der statistischen Auswertung der Daten wurde unter Berücksichtigung potenzieller Kofaktoren das relative Risiko (RR) ermittelt.

Betrachtet man alle Studien, so traten in der Kontrollgruppe 304 kardiale Ereignisse auf, in den Gruppen, die eine kardioprotektive Substanz erhalten hatten, hingegen nur 83 Ereignisse. Das entspricht einem geschätzten relativen Risiko (RR) von 0,31 (95% Konfidenzintervall 0,25 bis 0,39), also einer relativen Risikoreduktion um fast 70%. Für die einzelnen Wirkstoffe wurden folgende Werte ermittelt: Dexrazoxan: RR = 0,35 (95% Konfidenzintervall 0,27 bis 0,45), Statine: RR = 0,31 (95%-Konfidenzintervall 0,13 bis 0,77), Beta-Blocker: RR = 0,31 (95% Konfidenzintervall 0,16 bis 0,63) sowie ACE-Hemmer: RR = 0,11 (95% Konfidenzintervall 0,04 bis 0,29). Das heißt, nicht nur Dexrazoxan, sondern auch Statine, Beta-Blocker und ACE-Hemmer wiesen eine eindrückliche kardioprotektive Wirkung auf. Diese sollte allerdings in prospektiven Studien genauer untersucht werden, so das Fazit der Autoren.


Quelle

Kalam K et al. Role of cardioprotective therapy for prevention of cardiotoxicity with chemotherapy: A systematic review and meta-analysis. Eur J Cancer. 2013, http://dx.doi.org/10.1016/j.ejca.2013.04.030.


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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