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Nichts zu verschenken!

Dr. Doris Uhl Chefredakteurin der DAZ

Der Frust unter vielen Apothekern ist groß. Immer mehr Bürokratie und immer neue Anforderungen, ohne dass der Aufwand adäquat vergütet wird, sorgen für Unmut. Zugeständnisse der Politik wie die Notdienstpauschale werden als Trostpflaster empfunden, vor einem massiven Apothekensterben wird gewarnt. Schon jetzt schließt täglich eine Apotheke, wofür nicht zuletzt die schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verantwortlich gemacht werden. Die Botschaft an die Politik ist klar: Apotheker haben nichts mehr zu verschenken, im Gegenteil, ihnen steht das Wasser wirtschaftlich gesehen bis zum Hals.

Doch stimmt das wirklich? Zugaben in der Apotheke sind für Kunden und Patienten die Regel, heute ist es die Kundenzeitschrift oder der Taler, morgen das Päckchen Tempotaschentücher oder der Kalender und am Ende des Jahres eine Gutschrift auf alle Einkäufe in der Apotheke. Und dann gibt es noch die Apotheker, die die Abgabe eines Rezeptes mit Einkaufsgutscheinen belohnen können und auch gerichtliche Auseinandersetzungen mit den Berufsgerichten nicht scheuen. Denn anders als der Bundesgerichtshof, der im Jahr 2010 entschieden hat, dass geringfügige Zugaben auf verschreibungspflichtige Medikamente nicht gesetzeswidrig sind, sehen Berufsgerichte der Bundesländer hier einen Verstoß gegen die geltende Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente.

Hand aufs Herz! Ist es vor diesem Hintergrund wirklich einem Politiker zu verübeln, wenn er sich nicht mit Nachdruck für eine bessere Honorierung von Apothekern einsetzt, zumal viele seiner Wähler doch davon überzeugt sind, dass es zu viele Apotheken gibt und die Apotheker auch noch viel zu viel verdienen? Wie soll er damit umgehen, wenn auf der einen Seite Standesvertreter von einem neuen Leitbild für Apotheker sprechen und für die Patienten wichtige neue Dienstleistungen propagieren, die natürlich honoriert werden müssen und auf der anderen Seite knallharte Geschäftsleute dafür kämpfen, auch noch auf jedes verschriebene Medikament einen Euro drauflegen zu dürfen?

Solange die Apotheker in der Öffentlichkeit ein so gespaltenes Bild abgeben, wird es schwerfallen, den Beruf des Pharmazeuten zukunftssicher weiterzuentwickeln und die dafür notwendige politische Unterstützung zu erhalten.

Das scheint auch die ABDA erkannt zu haben. Sie will dem "Wir-haben-was-zu-verschenken"-Gefühl durch ein Verbot von Einkaufsgutscheinen und Talern entgegenwirken, aber Kundenzeitschriften, Kalender und Tempotaschentücher als Ausnahme weiter erlauben. Dem Wunsch wollen jetzt die Unionsfraktionen und die FDP nachkommen und über eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes den Rx-Boni einen Riegel vorschieben (s. S. 12).

Ob damit das unwürdige Gezerre um die Zulässigkeit von Einkaufsgutscheinen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel ein Ende haben wird, ist fraglich. Es ist damit zu rechnen, dass diejenigen, die etwas zu verschenken – oder besser – zu verlieren haben, den Europäischen Gerichtshof bemühen werden. Eines ihrer immer wieder in den Vordergrund gestellten Argumente ist das Verbraucherinteresse – ein gutes Argument und eine gute Diskussionsgrundlage!

Denn es ist sicher unstrittig, dass der Verbraucher, der in der Apotheke ein Rezept einlöst, in der Regel der Patient ist. Und es ist im Interesse dieses Patienten, dass er in der Apotheke gut beraten wird, dass man ihm hier seine Medikation erklärt und die richtige Anwendung erläutert, ihm Hilfestellung zum Verständnis seiner Erkrankung gibt, gerne auch mit aufklärenden Broschüren, Kundenzeitschriften und individuellen Patienteninformationen.

Das kostet Zeit und damit auch Geld. Und dazu ist qualifiziertes und motiviertes pharmazeutisches Personal notwendig, in das der Patient Vertrauen haben kann. Sollte ein Apothekenleiter etwas zu verschenken haben, dann ist er gut beraten, dieses Geld seinen Angestellten zukommen zu lassen. Was nicht im Verbraucher- bzw. Patienteninteresse sein kann, ist der Verzicht auf Beratung und damit eine Inkaufnahme einer potenziellen Gesundheitsgefährdung, weil für Gutscheine am Personal gespart worden ist. Denn auch der Patient hat nichts zu verschenken, wenn es um seine Gesundheit geht.


Doris Uhl

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