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ABDA mit ANSG "sehr einverstanden"

BERLIN (ks/lk). Gleich zwei Gesetzentwürfe der Regierungsfraktionen und ein Antrag der SPD-Fraktion standen am 13. Mai bei der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages auf der Tagesordnung: Das Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz (ANSG), das Dritte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften und der Antrag "Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen", der Lieferengpässe zum Gegenstand hat. ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz hatte zweimal Gelegenheit, auf Fragen zum ANSG zu antworten.

Für die CDU/CSU-Fraktion wollte Jens Spahn wissen, ob das kurzfristige Inkrafttreten des ANSG Probleme bereite. "Die Fristen sind sehr knapp, aber einhaltbar", antwortete Schmitz. Insgesamt sei die ABDA mit dem ANSG aber "sehr einverstanden". Für den GKV-Spitzenverband nannte Verbands-Vize Johann-Magnus von Stackelberg den 1. August "sehr ambitioniert" – aber in Termindingen sei man ja "Kummer gewohnt". Gemeinsam mit dem Verband der Privaten Krankenkassen (PKV) forderte Stackelberg die Parlamentarier auf, die bestehende Notdienstgebühr von 2,50 Euro zu streichen. PKV-Chef Volker Leienbach: "Sie sollten sich für einen Strang entscheiden: 2,50 Euro oder Notdienstpauschale."

Für die SPD fragte Marlies Volkmer nach dem bereits in den schriftlichen Stellungnahmen kritisierten Bürokratieaufwand. Während die PKV die Konstruktion als "insgesamt sachgerecht" bewertete, halten die gesetzlichen Kassen den Aufwand für "sehr hoch" und forderten erneut, die 16 Cent über den Großhandel einzuziehen. Außerdem: Der Notdienst müsse nicht dreifach gefördert werden, so Antje Haas vom GKV-Spitzenverband. Denn auch die Bindung an die Packungszahlen führe zu mehr Aufkommen. Schließlich seien die Packungszahlen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.

Der Großhandelsverband Phagro wehrte sich gegen die GKV-Forderung, in die Umsetzung der Notdienstpauschale einbezogen zu werden: "Wir hätten uns gewünscht, dass man mit uns vorher darüber spricht", so Bernadette Sickendiek. Alle Zahlen lägen auf Apothekenebene vor. Für den Großhandel sei der Aufwand "unverhältnismäßig". Außerdem könne der Großhandel den Direktbezug der Apotheken vom Hersteller nicht abbilden.

Die Linksfraktion interessierte sich für die Einbeziehung der Selbstzahler. Während der GKV-Spitzenverband die Selbsterklärungspflicht der Apotheker als "hoch kompliziert" kritisierte, hält die ABDA dies für umsetzbar, praktikabel und die "beste Lösung". Was die Erhebung der notwendigen Angaben bei ausländischen Versandapotheken betrifft, sieht die ABDA ebenfalls kein Problem. Das Angebot des Europäischen Verbands der Versandapotheken, die Gelder von DocMorris, EAV & Co. zusammenzuführen und quartalsweise an den DAV abzuführen, ist für sie keine Option. Schmitz erklärte, im Zweifel müssten säumige ausländische Versandapotheken per Schätzung vom DAV zur Zahlung veranlagt werden.

Zum Abschluss wies der ABDA-Hauptgeschäftsführer noch auf die Befürchtungen hin, der Fiskus könne gleich zweimal mit der Mehrwertsteuer von der 16-Cent-Honorarerhöhung profitieren. Im ANSG sei eine Klarstellung erforderlich, dass die Notdienstpauschale als Zuschuss an die Apotheker gezahlt werde und damit nicht der Umsatzsteuer unterliege.


ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz (li.) hatte vor dem Gesundheitsausschuss zweimal Gelegenheit zu Fragen bezüglich des ANSG Stellung zu nehmen. Die Gelegenheit, in diesem Zusammenhang die in der schriftlichen ABDA-Stellungnahme geforderte Erhöhung des Apothekenhonorars auf 17 Cent zu wiederholen, nutzte er dabei nicht.
Foto: DAZ/Sket

GKV will Klarstellung zu Erstattungsbeträgen

Im Zusammenhang mit der AMG-Novelle erkundigte sich Spahn beim GKV-Spitzenverband und dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nach weiterem Änderungsbedarf. Antje Haas vom GKV-Spitzenverband forderte eine gesetzliche Klarstellung zum Erstattungsbetrag als Bezugsgröße für die Handelsmargen, den Herstellerabschlag und die Patientenzuzahlung. Sie beklagte, dass es nach wie vor keinen Konsens gebe, wie Arzneimittel, für die ein Erstattungsbetrag ausgehandelt wurde, richtig abzurechnen sind. Obwohl das Bundesgesundheitsministerium klargestellt habe, dass der um den ausgehandelten Rabatt reduzierte Herstellerpreis die maßgebliche Bezugsgröße sei, halte sich niemand hieran. Tatsächlich werden die Erstattungsbeträge seit Februar über die Apotheken abgerechnet. Und zwar nach der Lesart von DAV, Herstellern und Großhandel mit dem ursprünglichen Preis des pharmazeutischen Unternehmers als Grundlage. Die Folgen dieser "Ignoranz", so Haas, seien ein Schaden für die Krankenkassen und höhere Zuzahlungen für Versicherte.

G-BA-Chef Josef Hecken betonte zunächst, dass die im Gesetzentwurf vorgenommenen Klarstellungen zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln des Bestandsmarktes "außerordentlich hilfreich" seien. Er regte darüber hinaus an, über eine Absenkung der Umsatzgrenze für bei der frühen Nutzenbewertung privilegierte Orphan drugs nachzudenken. Derzeit gilt bei diesen Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen der Zusatznutzen mit der Zulassung als belegt – jedenfalls so lange der Umsatz unter 50 Millionen Euro jährlich bleibt. Nun sei allerdings ein deutliches Anwachsen der Zulassungsanträge für Orphan drugs zu beobachten. Ein Phänomen, das sich auch die europäische Arzneimittelagentur EMA nicht erklären könne, so Hecken. Damit die Privilegierung der Orphan drugs künftig nur echten Nischenprodukten zugutekomme und keine Umgehungsstrategien gefahren werden, plädiert der G-BA für eine Absenkung der Umsatzgrenze auf 30 Millionen Euro – ist diese überschritten, soll sich das Präparat der frühen Nutzenbewertung unterziehen.

Für heftigen Widerspruch sorgten die Pläne von Union und FDP, nach denen Vorstandsvergütungen künftig von den Aufsichtsbehörden vor Vertragsabschluss geprüft und genehmigt werden sollen und "angemessen" zu sein haben. Betroffen sind unter anderem die Vorstände des GKV-Spitzenverbandes, der Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und der G-BA-Unparteiischen. Am lautesten protestierte Stackelberg für den GKV-Spitzenverband: Er verstehe nicht, warum eine solche Regelung getroffen werde und bitte dringend: "Lassen Sie die Finger davon." Die Selbstverwaltung fühle sich ins Mark getroffen. Sie werde bei der Personalauswahl behindert, obwohl es bei ihr bislang keinen Grund zur Beanstandung gegeben habe.

Zuspruch für Pflicht-Register

Auf Zuspruch trafen dagegen die SPD-Vorschläge, wie Arzneimittel-Lieferengpässen besser entgegengewirkt werden könnte. Unter anderem wollen die Sozialdemokraten ein zentrales – und verpflichtendes! – Melderegister für Arzneimittellieferengpässe einrichten. Markus Müller, Vizepräsident des Bundesverbands der Krankenhausapotheker (ADKA), hält auch die schon seit April mögliche zentrale Meldung von Lieferengpässen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für gut. Auf Dauer sei diese Maßnahme allerdings nur "sinnvoll und zielführend", wenn die Hersteller verpflichtet würden, erwartete oder bestehende Engpässe zu melden. Müller verwies darauf, dass die fünf Meldungen, die seit Mitte April in das Register gelangt sind, eher bescheiden sind. In der Praxis zähle man eher 20 bis 25 Engpässe. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betonte, man müsse jetzt genau beobachten, wie umfassend Lieferengpässe an das bestehende Register gemeldet würden. Zeige sich, dass dies nicht im ausreichenden Maß geschehe, müsse die Meldung zur Verpflichtung werden.

Auch die von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagene Liste von als lebensnotwendig zu betrachtenden Arzneimitteln, wurde von den befragten Experten als hilfreich erachtet. Nach Vorstellung der Sozialdemokraten sollen die Hersteller der gelisteten Präparate verpflichtet werden, ihre Vorhaltung jederzeit für mindestens sechs Monate sicherzustellen. Allerdings fragte die SPD-Abgeordnete Marlies Volkmer auch keine Industrievertreter nach ihrer Einschätzung. Dafür die Vorsitzenden der Arzneimittelkommissionen von Ärzten und Apothekern: Sowohl Prof. Wolf-Dieter Ludwig (AKDÄ) als auch Prof. Martin Schulz (AMK) halten solche Listen für wichtig. In den USA und Frankreich habe man mit derartigen präventiven Instrumenten bereits gute Erfahrungen sammeln können, erklärte Ludwig. Eine entsprechende Liste für die Onkologie liege bereits vor, nun würden auch andere Listen erstellt. Auch Schulz ist damit einverstanden, dass die medizinischen Fachgesellschaften und Krankenhausapotheker solche Listen erstellen und die Arzneimittelkommissionen diese sodann kritisch überprüfen.

Ob und welche neuen Erkenntnisse die Bundestagsabgeordneten aus der öffentlichen Anhörung für die weitere Beratung der Gesetzesvorhaben mitnahmen, muss sich nun zeigen. Der Gesundheitsausschuss wird die Anhörung jetzt auswerten und voraussichtlich in der ersten Juniwoche abschließend beraten. Ende Juni kann dann die 2. und 3. Lesung im Deutschen Bundestag stattfinden, am 5. Juli ist nochmals der Bundesrat am Zug. Danach ist parlamentarische Sommerpause – und der Bundestagswahlkampf kann in die heiße Phase treten.

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