DAZ aktuell

Schon 16 Änderungsanträge

BERLIN (ks). Nahezu unbemerkt hat der Entwurf eines "Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" den nächsten Schritt im Gesetzgebungsverfahren genommen: Am 18. April wurde er zur weiteren Beratung in den federführenden Gesundheitsausschuss und fünf weitere Ausschüsse überwiesen. Der Gesetzentwurf nimmt unter anderem Klarstellungen zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln des Bestandsmarktes vor und setzt europäische Vorgaben zur Pharmakovigilanz um. Es liegen aber auch schon 16 Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP vor. Es bleibt abzuwarten, ob es noch mehr werden.

Die Überweisung des Gesetzentwurfs in die Ausschüsse erfolgte im vereinfachten Verfahren und damit ohne Aussprache im Plenum. Er sieht unter anderem eine gesetzgeberische Klarstellung im 5. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung vor: Für die Nutzenbewertung im Bestandsmarkt sollen die gleichen Regeln gelten wie für die frühe Nutzenbewertung neuer Präparate. Somit wären auch Klagen von Pharmaunternehmen gegen die Bewertung bereits länger im Markt befindlicher Arzneimittel erst nach Abschluss des Verfahrens möglich.

Kritik aus der Industrie

Henning Fahrenkamp Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kritisierte, mit der vorgeschlagenen Regelung werde den Unternehmen verwehrt, rechtlich klären zu lassen, ob ein Arzneimittel überhaupt der frühen Nutzenbewertung unterliegt. Betroffene Unternehmen würden gezwungen, das gesamte Verfahren zu durchlaufen, mit allen dadurch verursachten Kosten und Auswirkungen auf den Wettbewerb. "Das ist das Gegenteil von effektivem Rechtsschutz", so Fahrenkamp. Der BPI fordert eine effiziente gerichtliche Überprüfung der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Zusatznutzen – und zwar unabhängig vom weiteren Verlauf des sich anschließenden Verhandlungsverfahrens. Zudem müsse der Gesetzgeber, "die omnipräsente und omnipotente Stellung des GKV-Spitzenverbandes als Spieler, Schiedsrichter und Mitglied der Regelkommission im Bewertungsverfahren" einschränken. Kritisch sieht der BPI auch die frisch gefassten Kriterien des G-BA zum Bestandsmarktaufruf. Ihre Grundlage ist ausgerechnet eine Untersuchung des Arzneiverordnungsreports 2012 (AVR) – und die Methodik des AVR ist dem BPI schon seit jeher ein Dorn im Auge.

Zustimmungsvorbehalt für Vorstandsbezüge

Die bislang vorliegenden Änderungsanträge betreffen unter anderem einen Zustimmungsvorbehalt für Vorstandsdienstverträge. Wenn diese Verträge geschlossen oder geändert werden, soll die zuständige Aufsichtsbehörde zuvor zustimmen. Es soll überprüft werden, ob die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingehalten werden – schließlich waren hohe Vorstandsbezüge in der Vergangenheit in die öffentliche Kritik – auch die des Bundesrechnungshofs – geraten. Betroffen sind Dienstverträge von Vorständen der gesetzlichen Krankenkassen, des GKV-Spitzenverbands, des medizinischen Diensts der Krankenkassen, der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigungen sowie der hauptamtlichen Unparteiischen des G-BA.

Schutzvorkehrungen für Impfstoffrabattverträge

Mit einem weiteren Änderungsantrag wollen die Regierungsfraktionen künftig ein Impfchaos, wie es im vergangenen Herbst in weiten Teilen der Republik herrschte, vermeiden. Dazu wollen sie gesetzlich festschreiben, dass in den einschlägigen Rabattverträgen auch Vereinbarungen zur Sicherstellung einer rechtzeitigen und bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten mit Impfstoffen zur Schutzimpfung vorzusehen sind. Dem § 132e Absatz 2 SGB V, der bestimmt, dass über Impfstoffe für Schutzimpfungen Rabattverträge geschlossen werden können, soll ein entsprechender Satz angefügt werden. Zur Begründung heißt es, dass die Versorgung der Versicherten mit Impfstoffen für Schutzimpfungen "auch in den Fällen gewährleistet bleiben [müsse], in denen die Vertragsimpfstoffe nicht, nicht rechtzeitig oder nicht bedarfsgerecht lieferbar sind". Nur zu gut dürfte sich auch die Politik daran erinnern, wie lange es vergangenen Herbst gedauert hat, bis die Krankenkassen nach dem Ausfall ihres Vertragspartners Novartis den Markt für die Impfstoffe anderer Hersteller geöffnet haben. Die Krankenkassen und ihre Verbände sollten daher in den Verträgen mit den pharmazeutischen Unternehmern insbesondere regelmäßige Informationspflichten über den Produktionsfortschritt sowie feste Liefertermine für die Verfügbarkeit in Apotheken vereinbaren. Außerdem wollen die Fraktionen vertraglich sichergestellt wissen, dass bei Lieferausfällen ein finanzieller Ausgleich stattfindet und die Versorgung durch andere Hersteller rechtzeitig ermöglicht wird.

Eine weitere Klarstellung im Nachgang zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz ist im Gesetz über Rabatte für Arzneimittel vorgesehen – dem Gesetz, mit dem auch privaten Krankenversicherungen ein Anspruch auf die Herstellerrabatte des SGB V eingeräumt wird. Ausdrücklich heißt es dort nun, dass zur Ermittlung der Abschläge Selbst- oder Eigenbehalte der privat Versicherten nicht zu berücksichtigen sind.

Handelsmargenberechnung kein Thema

Hingegen gibt es keinen Änderungsantrag, der in § 130b SGB V für eine Klarstellung zum Erstattungsbetrag sorgen würde. Hier sind sich GKV-Spitzenverband einerseits und die Verbände der Hersteller, Apotheker und des Großhandels andererseits nach wie vor uneins: Ist für die Berechnung der Handelsmargen der um den ausgehandelten Rabatt reduzierte Arzneimittelpreis maßgeblich oder aber der ursprüngliche Listenpreis? Derzeit findet eine Abrechnung nach letzterem Modell statt. Auch wenn dies den Kassen zuwiderläuft – noch sind sie nicht hiergegen vorgegangen.

Auch die diskutierten Vorschläge zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen haben in dieses Gesetzgebungsverfahren bislang keinen Eingang gefunden. Möglicherweise wird diese Regelung aber in das Präventionsgesetz aufgenommen.

Voraussichtlich am 13. Mai 2013 soll im Gesundheitsausschuss eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf stattfinden.

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