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Aufwärts - ohne Höhenflüge

Peter Ditzel Herausgeber der DAZ

Grund zum Jubeln haben Apothekerinnen und Apotheker noch lange nicht. Aber: Nach zwei Jahren ist nun – endlich – Licht am Ende des AMNOG-Tunnels zu sehen, wie es Karl-Heinz Resch, ABDA-Geschäftsführer für den Bereich Wirtschaft und Soziales, in seinem Bericht zum Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands schön formulierte. Schön war’s im Tunnel allerdings nicht, sondern äußerst dunkel, mit ungewissem Ausgang. Und 500 Apotheken haben den Ausgang aus dem Tunnel im letzten Jahr nicht gefunden, sie mussten schließen. Ihnen half auch nicht, wie Frank Diener von der Treuhand es unlängst ausdrückte, "die Krisenbewältigung durch Selbstausbeutung". Zahlen des ABDA-Datenpanels mit Durchschnittswerten des Jahres 2012 (über 2500 Betriebsstätten) weisen das niedrigste Betriebsergebnis seit vielen Jahren aus.

Beim Blick auf die Zahlen der Treuhand Hannover aus 2012 stellt man fest: der Umsatz ist leicht gestiegen (+ 0,9%). Aber die AMNOG-Wirkung in 2011 und 2012 sorgte unterm Strich bei der typischen Apotheke für ein Rohgewinnminus von 3,9 Prozent. In Prozent vom Nettoumsatz lag der Rohgewinn 2012 damit bei 24,8% (Vorjahr 25,5%).

Wie haben Apotheken versucht gegenzusteuern? Zum Beispiel durch Personalabbau – die Personalkosten lagen bei der typischen Apotheke im letzten Jahr um 1,4 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Auch bei den übrigen Betriebskosten versuchten die Apotheken die Sparschrauben anzuziehen, was einen Rückgang von 1,7% brachte. Doch alle Maßnahmen konnten nicht verhindern, dass die Umsatzrendite ihren Sinkflug fortsetzte: 2012 lag sie bei der typischen Apotheke bei 5,1% und damit 0,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahr. Das führte im letzten Jahr zu einem Betriebsergebnis von 67.000 Euro vor Steuern und letztlich zu einem Verfügungsbetrag des Apothekeninhabers von 34.000 Euro. Ein Einkommen, das keinen Anlass zum Jubeln gab und angesichts der Aufgaben eines Apothekers und der Verantwortung für einen Betrieb mit Mitarbeitern mit Sicherheit nicht vergnügungssteuerpflichtig ist.

Bei der Personalsituation zeigt sich einmal mehr die "Feminisierung" des Apothekenpersonals: mittlerweile sind bereits über 88% der Beschäftigten in Apotheken weiblichen Geschlechts. Möglicherweise trägt dies auch dazu bei, dass knapp die Hälfte der Arbeitsverhältnisse in Apotheken keine Vollzeitstellen sind: die Flucht der Apotheken in immer mehr Teilzeitarbeitsplätze aufgrund des Kostendrucks. Ein weiterer Trend ist deutlich sichtbar: weniger Stellen für Approbierte, weniger Stellen für PKA, dafür ist bei den PTA-Stellen ein deutliches Plus von 1400 Stellen zu verzeichnen. Das folgt, wie auch der Bericht zu den Wirtschaftsdaten anmerkt, einer inneren Logik. PTA sind die Arbeitskräfte, die für einen Apothekenleiter universell einsetzbar sind: um ein steigendes Kundenaufkommen abzufangen, Beratungsleistungen zu erbringen, aber auch, um in der Rezeptur und im Backoffice-Bereich mitzuarbeiten.

Beobachtet werden sollte darüber hinaus, wo die Jungapprobierten hinstreben: immer mehr Apothekerinnen und Apotheker zogen es vor, in der Industrie, in Krankenhausapotheken, Universitäten, Behörden und Lehranstalten zu arbeiten. Die allgemeine Stimmung, die dadurch geprägt ist, dass immer mehr Apotheken schließen, dass derzeit die Bürokratie in Apotheken in dem Maße zunimmt wie die fachliche Herausforderung ab, könnte ein Abwandern aus der Apotheke begünstigen. Umso schneller muss nach meiner Auffassung ein Wandel unseres Berufsbildes – eine stärkere Patientenorientierung und ein fester Platz im Konzept der Arzneimitteltherapiesicherheit – Fuß fassen, damit dieses Berufsbild vor allem auch jüngeren Kolleginnen und Kollegen anspruchsvolle Perspektiven eröffnet.

Und was verspricht der wirtschaftliche Ausblick? Es werden auch in diesem Jahr Apotheken schließen müssen. Ob es bei durchschnittlich sechs pro Woche bleibt und ob sich dieser Abwärtstrend über die nächsten Jahre fortsetzt, bis zur Marke von 15.000 Apotheken, wie bisweilen gemutmaßt, wird sich zeigen. Aber für die Mehrzahl der Apotheken heißt es: Ja, es wird besser. Die Fixvergütung ist gestiegen, ab Mitte des Jahres gibt es voraussichtlich die Notdienstzulage und bei guter Verhandlung und mit ein wenig Fortune entscheidet die Schiedsstelle, dass der Kassenabschlag bei 1,75 oder drunter liegen muss. Für die typische Apotheke könnte der Verfügungsbetrag für das laufende Jahr bei 43.000 Euro liegen, so die Prognose der Treuhand. Nach dem langen schwarzen AMNOG-Tunnel ist für viele Apotheken Licht in Sicht: Verbesserung für viele, aber nicht für alle.

Vielleicht verbessert sich dadurch im Lauf dieses Jahres auch die Stimmungslage in den Apotheken, wenn sich in Euro und Cent zeigt, dass sich die Lage wirtschaftlich stabilisiert. Von Höhenflügen ist die Apotheke allerdings weit entfernt, allein es freut, wenn es langsam wieder aufwärts geht, und das kontinuierlich.


Peter Ditzel

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