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ABDA hält El-Pato-Bericht unter Verschluss

HAV-Vize Diefenbach fordert Einsicht

BERLIN (lk). Die Art und Weise wie die Zusammenfassung des El-Pato-Sonderberichts durch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) veröffentlicht wurde, ist in den Publikumsmedien ebenso auf Kritik gestoßen wie innerhalb der Standesorganisation. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und "Der Spiegel" beklagten sich in ihren Berichten, nicht zur Präsentation eingeladen worden zu sein. Und der stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes, Dr. Hans R. Diefenbach, verlangt von der ABDA die Einsicht in die Originalfassung des El-Pato-Sonderberichts: "Es sollte schon jedem zugestanden werden, dies zu bewerten", so Diefenbach gegenüber DAZ.online.
Dr. Hans R. Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands, findet die Geheimniskrämerei der ABDA unerträglich – er ist mit dieser Meinung nicht alleine. Foto: DAZ/Schelbert

Im Dezember, kurz nach Bekanntwerden der BMG-Datenaffäre durch einen DAZ.online-Bericht, versprach der damals noch designierte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt "maximale Transparenz" bei der Aufklärung. Zu dieser Pressekonferenz im Apothekerhaus waren auch die Publikumsmedien geladen und zahlreich erschienen. Zur Vorstellung der Zusammenfassung des El-Pato-Sonderberichts in der vergangenen Woche wurden aber nur die Apotheker-Fachmedien DAZ, PZ und apotheke adhoc eingeladen. "Das Ergebnis hat sie (die ABDA, Anm. d. Redaktion) stillschweigend auf ihre Homepage gestellt" mokiert man sich daher im FAZ-Bericht. Auch der Spiegel sieht darin den Versuch, die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren: "Besonders transparent in der Bekanntgabe der Untersuchung war die ABDA allerdings nicht: Die Apotheker informierten nur drei Fachmedien über deren Erscheinen. Andere Medien – der Datenklau im BMG hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt – werden auf die Pressemitteilung auf der Website verwiesen."

Streng geheim!

Und die Geheimniskrämerei geht noch weiter: Noch nicht einmal den Seitenumfang des Originalberichts will die ABDA preisgeben. Unklar ist auch, ob die Mitgliedsorganisationen den vollständigen Bericht jemals erhalten. Auf DAZ-Anfrage antwortete die ABDA-Pressestelle wie folgt: "Zur Langfassung des Berichtes und zur Art und Weise der Erstellung der Kurzfassung geben wir keine Auskünfte und bitten hierfür um Verständnis. Zu allen anderen Fragen, die auf den Umgang mit den MOs (Mitgliedsorganisationen, Anm. d. Red.) bezogen sind, nehmen wir Stellung, wenn der ABDA-GfV (Geschäftsführende Vorstand, Anm. d. Red.) am 29. April getagt hat."

Diefenbach: "Völlig inakzeptabel"

Das lässt auch den stellvertretenden Vorsitzenden des Hessischen Apothekerverbandes, Dr. Hans R. Diefenbach, nicht ruhen. Es sei "völlig inakzeptabel" den Bericht nur auf der nächsten Sitzung des ABDA-Gesamtvorstandes zu erörtern. Diefenbach: "Was fällt eigentlich den Hauptverantwortlichen in unserem Berufsstand ein, das längst überfällige Papier der JPLH-Treuhand derart kommentiert zu versenden" (s. a. Leserbrief auf Seite 88). Die Aufarbeitung der Sache ABDA – El Pato offenbare eine absolut schlampige Sachlage in Berlin, die nicht ohne Konsequenzen bleiben könne. Unbequeme Fragen stellt Diefenbach auch nach den Kosten einer Journalistenreise nach Kanada und nach der früheren N2-Talkshow von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.

Schwere Organisationsmängel

Die von der ABDA veröffentlichte Zusammenfassung des El-Pato-Berichts bescheinigt dem Berliner Apothekerhaus schwere Organisationsmängel. Laut vorgelegter Zusammenfassung hat die ABDA in den Jahren 2007 bis 2011 an El Pato insgesamt 2.537.077,49 Euro für PR, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gezahlt. Bei der Vergabe der Aufträge und der Auszahlung wurden in einigen Fällen zudem die ungeschriebenen Regeln des Apothekerhauses nur "eingeschränkt" eingehalten. Nach Angaben von ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz wurden nicht näher quantifizierte Anteile der Gesamtsumme von El Pato für Leistungen von "Drittanbietern" gezahlt.

Insgesamt kommt der Bericht zu der Bewertung, dass die Organisations- und Kontrollstrukturen im Berliner Apothekerhaus erhebliche Mängel und Lücken aufweisen. Es gebe keine Richtlinien und Kontrollmechanismen hinsichtlich der Abwicklung von Geschäften mit "nahe stehenden Personen".

Organisationshandbuch Fehlanzeige

Der Prüfbericht der JPLH Treuhand AG deckt auf, dass es im Berliner Apothekerhaus kein schriftliches Regelwerk für die dort Beschäftigten gab. "Es existiert bei der ABDA kein Organisationshandbuch", so der Bericht. Es habe für Bellartz Tätigkeit als Pressesprecher keine Stellenbeschreibung vorgelegen. Außerdem gab es weder Vorgaben für Dienstreisen noch für die Auftragsvergabe. Daher kommt der Bericht zu dem Urteil: "Verstöße gegen von der ABDA vorgegebene Organisationsrichtlinien konnten mangels Richtlinien nicht festgestellt werden."

Wer prüft was?

Die El-Pato-Rechnungen wurden zunächst von Bellartz oder seinen Mitarbeitern in der Stabsstelle Kommunikation als sachlich und rechnerisch richtig abgezeichnet. Bellartz unterzeichnete dann die Zahlungsfreigabe. Diese wurde wiederum vom ABDA-Hauptgeschäftsführer oder dessen Vertreter gegengezeichnet. Die Abrechnungen enthielten in der Regel zwei bis drei Unterschriften.

Teilweise offenbart der Prüfbericht organisatorische Kuriositäten: So enthält der Dienstvertrag von Bellartz einen Hinweis auf eine Reisekostenrichtlinie der ABDA. "Nach Rücksprache und Akteneinsicht ist festzustellen, dass die ABDA über keine Reisekostenrichtlinie verfügt", heißt es im Bericht. Auch gebe es keine "fixierten Arbeitsanweisungen, wer für die Prüfung und Freigabe von Rechnungen zuständig ist".

Schmidt verweist auf ungeschriebene Regeln

"Es gab erhebliche Defizite bei der Qualitätssicherung", kommentierte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt die offengelegten Organisationsmängel. "Ich gebe zu, auch ich hätte mehr und intensiver draufschauen können." Er sei als ABDA-Vize immer davon ausgegangen, dass die ungeschriebenen Regeln und Vorschriften eingehalten worden seien: "Es funktionierte ja." Es sei ein Fehler gewesen, dass in der Vergangenheit der Etat für Öffentlichkeitsarbeit bei den Haushaltsberatungen nur "kursorisch" vorgestellt worden sei. "Das wird in Zukunft deutlich kleinteiliger erfolgen", so Schmidt. Man sei jetzt dabei ein schriftliches Regelwerk zu entwickeln.

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