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Supreme Court beendet jahrelangen Rechtsstreit

MUMBAI/BERLIN (jz). Internationale Pharmakonzerne müssen in Indien zahlreiche Rückschläge hinnehmen: Patente für Medikamente werden aberkannt, gar nicht erst erteilt und auch Zwangslizenzen müssen akzeptiert werden. Nun hat es das Schweizer Unternehmen Novartis getroffen: Der Oberste Gerichtshof Indiens hat nach einem siebenjährigen Rechtsstreit am 1. April entschieden, dass das Krebsmittel Glivec® (Imatinib) keinen Patentschutz erhält. Ein Rückschlag für das Schweizer Pharmaunternehmen – Hilfsorganisationen begrüßen jedoch die Entscheidung und betonen, der Zugang zu bezahlbaren Medikamenten sei wichtiger als unternehmerischer Profit.

Das indische Patentamt hatte im Jahr 2006 die Patentierung von Glivec® auf dem indischen Markt verweigert, weil es sich aus seiner Sicht lediglich um die Variation eines bereits bekannten Moleküls handelt. Das indische Patentgesetz fordere jedoch in seinem "amendment 3d" eine "erhöhte therapeutische Wirksamkeit", so die Begründung. Damit will Indien ein "Evergreening" – die Verlängerung des Patentschutzes aufgrund nur minimaler Veränderungen am zuvor patentierten Wirkstoff – verhindern. Der Auffassung des Patentamts folgend verweigerte nun auch der Supreme Court of India die Patentierung des Medikaments.

Novartis: Künftige Innovationen gefährdet

Für das Schweizer Unternehmen ein Rückschlag: Dort sieht man durch die Entscheidung künftige Innovationen in Indien gefährdet. "Novartis hat in Indien für Glivec® nie ein ursprüngliches Patent erhalten", betonte Ranjit Shahani, Vice Chairman und Managing Director bei Novartis India. "Wir sind der festen Überzeugung, dass echte Innovation durch Patente anerkannt werden sollte, um Investitionen in medizinische Innovation […] zu fördern". Shahani mahnt, die Entscheidung des Gerichts sei ein Rückschlag für Patienten und werde den medizinischen Fortschritt bei Krankheiten ohne wirksame Behandlungsmethoden behindern.

Entscheidung zugunsten "Apotheke der Armen"

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Indiens sei "ein wichtiger Erfolg für Patienten in ärmeren Ländern", erklärte wiederum Oliver Moldenhauer von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. "Novartis wollte einen Präzedenzfall schaffen, der eine wichtige Bestimmung des indischen Patentrechts ausgehebelt hätte, die den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten vor unternehmerische Profite stellt." Ihm zufolge hätte ein Sieg des Pharmaunternehmens die Produktion erschwinglicher Generika in Indien stark behindert und den Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten für Millionen Menschen weltweit erschwert.

Wegweiser für andere Patentklagen?

Inwieweit die höchstrichterliche Entscheidung wegweisend für andere Patentklagen in Indien sein wird, muss sich zeigen. Auf die tatsächliche Verfügbarkeit des Medikamentes in Indien dürfte die Entscheidung des Gerichts jedoch keine allzu großen Auswirkungen haben: Der überwiegende Anteil des Absatzes erfolgt bereits heute im Rahmen von Hilfs- und Spendenprogrammen für Patienten, die sich die Behandlung nicht leisten können. Eigenen Angaben zufolge stellt Novartis das Krebsmittel 95 Prozent der Patienten, denen das Medikament in Indien verschrieben wird, kostenlos zur Verfügung – gegenwärtig mehr als 16.000 Patienten.

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Kampf für indische Generika

AZ 2007, Nr. 6



DAZ 2013, Nr. 14, S. 11

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