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Der April, der April ...

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Der 1. April hat jede Menge Änderungen gebracht: eine neue Straßenverkehrsordnung zum Beispiel. Durch sie soll – neben der Erhöhung vieler Bußgelder – vor allem die "Überbeschilderung" abgebaut werden, so das Bundesverkehrsministerium. Dafür werden aber erst mal neue Schilder eingeführt – von denen ich manche zuerst für einen Aprilscherz hielt. Zum Beispiel das Schild für eine "durchlässige Sackgasse", das anzeigt, dass für Fahrradfahrer und Fußgänger ein Durchgang vorhanden ist.

Neue Rabattverträge sind zum 1. April ebenfalls in Kraft getreten. Sie dürften wieder einmal für Verunsicherung beim Patienten und viel Aufwand in der Apotheke sorgen. Ebenfalls kein Aprilscherz: Unter den Wirkstoffen sind auch solche ausgesprochenen "Hochpreiser" wie Amoxicillin, Cetirizin, Ibuprofen und sogar Paracetamol. Da dürfte das Einsparpotenzial schnell in die Millionen gehen.

Aber so genau wird das nie jemand erfahren, denn die ausgehandelten Rabatte sind ja Geschäftsgeheimnisse der jeweiligen Hersteller und der Krankenkassen. Nur die Arbeit, die bleibt in der Apotheke hängen. Um sich die Dimensionen, die die Rabattverträge inzwischen angenommen haben, nochmal zu vergegenwärtigen: Im Jahr 2011 (dem letzten Jahr, aus dem Zahlen vorliegen) gab es laut der ABDA 16.400 verschiedene Rabattverträge für 28.500 verschiedene Arzneimittel zwischen 153 verschiedenen Krankenkassen und 151 verschiedenen Pharma-Unternehmen. In den Apotheken wurden 2011 insgesamt 332 Millionen rabattierte Packungen abgegeben.

Dass die Rabattverträge auch bei den Patienten zu Problemen führen, ist jetzt auch bei der "Bild"-Zeitung angekommen, die letzte Woche über die anstehenden Arzneimittel-Wechsel durch neue Rabattverträge berichtete. Dass deswegen tatsächlich "Millionen Patienten Panik" hätten, kann wohl getrost als Übertreibung gewertet werden. Aber dass die Umstellung auf ein neues Arzneimittel "purer Stress" für den Patienten sein kann, das kann jeder Apotheker bestätigen.

Ein Patientenvertreter wird mit deutlichen Worten zitiert, von "Volksverdummung" ist die Rede, und eine nicht näher bezeichnete Studie wird herangezogen, die herausgefunden habe, dass über ein Drittel der Patienten wegen der Rabattverträge eine mangelhafte Compliance zeige. Am darauffolgenden Tag legte die Zeitung mit den großen Buchstaben nach: "Rabattverträge der Kassen gefährden Langzeit-Patienten" warnt bereits die Überschrift der Meldung. Besonders gefährdet durch eine Umstellung auf neue Rabatt-Arzneimittel seien Patienten mit Herzerkrankungen, Epilepsie, multipler Sklerose und Asthma.

Man kann von der Zeitung mit den großen Buchstaben halten, was man will. Aber eines ist klar: Sie hat ein sehr feines Gespür dafür, wo ihre Leser der Schuh drückt. Wenn sich also die Bild-Zeitung des Themas Rabattverträge annimmt, ist das ein sicheres Anzeichen dafür, dass die Patienten immer noch große Probleme mit einer Umstellung ihrer Medikation haben. Das Argument, die Leute hätten sich daran gewöhnt, nicht das Arzneimittel zu bekommen, das auf dem Rezept steht, scheint nicht zu stimmen. Nach Deutschlands meistgelesener Tageszeitung führen wechselnde Packungen, Darreichungsformen und Namen zu großer Verunsicherung bei den Betroffenen.

Nun aber zu glauben, die Rabattverträge könnten wieder abgeschafft werden, scheint mir völlig illusorisch. Im Jahr 2011 haben die gesetzlichen Kassen durch die Rabattverträge laut Bundesgesundheitsministerium rund 1,6 Milliarden Euro gespart. Politik wie Kassen bewerten die Verträge als erfolgreiches Spar-Instrument. Dazu hat auch beigetragen, dass die Umsetzung in den Apotheken von außen betrachtet völlig reibungslos abläuft.

Dieser immense Aufwand – erinnert sei hier an die Berechnungen von Uwe Hüsgen in der DAZ Nr. 8 diesen Jahres – muss endlich angemessen gewürdigt und honoriert werden!


Auch bei der DAZ bringt der April Neues: den "Aktionsplaner", der dieser DAZ beiliegt. Manche werden sich erinnern, dass es schon einmal einen Aktionsplaner in der DAZ gab. Da diese Materialien, die bis 2010 in der DAZ-Beilage "Apotheken Praxis" erschienen sind, bis heute zu den beliebtesten Rubriken auf unserer Website gehören, gibt es nun eine zeitgemäße Neuauflage, die der DAZ viermal im Jahr beiliegen wird. Und weil Planung, Organisation und Durchführung solcher Aktionen eine Aufgabe für das gesamte Apothekenteam ist, ist auch der Aktionsplaner eine Gemeinschaftsarbeit – der Redaktionen von DAZ und PTAheute nämlich. (Einzelabonnenten der PTAheute erhalten den Aktionsplaner übrigens mit der nächsten PTAheute -Ausgabe).

Vielleicht kann ja eine gelungene Aktion zum Muttertag Ihnen und Ihren Kunden über den Rabattvertrags-Frust hinweghelfen.


Dr. Benjamin Wessinger
Chefredakteur der DAZ



DAZ 2013, Nr. 14, S. 3

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