Interpharm 2013

Reset

Dr. Doris Uhl

Um was geht es in der Pharmazie, was sollte im Mittelpunkt der apothekerlichen Tätigkeit stehen? Damit beschäftigt sich auch die ABDA und wenn man die Ankündigungen des neuen ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt liest und hört, dann wünscht er sich eine Hinwendung zur Patienten-orientierten Pharmazie. Damit diese Hinwendung gelingen kann, will Schmidt zunächst ein neues Leitbild für den Apothekerberuf erarbeiten, um dann im nächsten Zug die Ausbildung in Klinischer Pharmazie zu verbessern, und zwar über eine Änderung der Approbationsordnung.

Nun sind diese Ideen nicht neu und schon vor einem gefühlten Vierteljahrhundert gab es ähnliche Diskussionen. Sie führten zwar 2001 zu einer Aufnahme der Klinischen Pharmazie in die Approbationsordnung und an einigen Hochschulen auch zu einer deutlich verbesserten Ausbildung auf diesem Gebiet, doch die flächendeckende Umsetzung ist bis heute nicht gelungen. Die Gründe sind offensichtlich. Das Festhalten an alten Strukturen an den Hochschulen, der Kampf um Macht und Stellen ist die eine Seite, die fehlende Einsicht die andere.

Wer die Diskussion zur Klinischen Pharmazie im Rahmen der Interpharm verfolgt hat, konnte feststellen, dass der pharmazeutische Chemiker Prof. Dr. Bernd Clement ein völlig anderes Verständnis von Klinischer Pharmazie hat als Prof. Dr. Hartmut Derendorf. Professor Derendorf hat ebenfalls seine Wurzeln in der pharmazeutischen Chemie, hat aber vor 30 Jahren Deutschland den Rücken gekehrt und in den USA eine ganz andere Entwicklung der Pharmazie erlebt. Professor Clement scheint davon überzeugt zu sein, dass mit der Einbindung von Arzneistoff-Metabolismus und -Interaktionen in das Fach Pharmazeutische Chemie schon eine entscheidende Hinwendung zum Patienten stattgefunden hat. Eine Änderung der Approbationsordnung lehnt er ab, ja er malt sogar wieder den Teufel "Fachhochschule" an die Wand. Professor Derendorf dagegen plädiert für ein radikales Umdenken, für ein Reset. Er regt an, ein weißes Blatt Papier zu nehmen und ausgehend von den Bedürfnissen des Patienten die pharmazeutische Ausbildung ganz neu zu stricken.

Dazu müssen vor allem die Hochschullehrer bereit sein. Sie müssen ihre bisherige Lehre in Frage stellen und offen und neugierig einen Blick über den Gartenzaun wagen, um zu erfahren, was Patienten-orientierte Pharmazie bedeutet. Wenn dann Konsens darüber besteht, was Patienten-orientierte Pharmazie ist und dieser Konsens sich entsprechend in einem neuen Leitbild und einer neuen Approbationsordnung widerspiegelt, dann stehen die Chancen für eine Erneuerung der Pharmazie nicht schlecht. Dass dabei am Ende des Tages nicht mehr der pharmazeutische Allrounder herauskommen wird, der in Industrie, Hochschule, Offizin und Krankenhaus gleichermaßen irgendwie seinen Platz finden kann, ist klar. Das Ziel muss es sein, Apothekerinnen und Apotheker auszubilden, die ohne teure Zusatzqualifikationen in Klinischer Pharmazie das leisten können, was die Patienten brauchen und die Ärzte nicht leisten können: ein Arzneimitteltherapie-Management ganz im Sinne des amerikanischen Medication Therapy Management.


Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ



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"Interpharm 2013 – Eine Patienten-orientierte Interpharm"



DAZ 2013, Nr. 13, S. 56

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