Interpharm 2013

"Vergesst den Apotheker ..."

Peter Ditzel Herausgeber der DAZ

Das ist er, der "Spirit" der Interpharm. Das besondere Etwas, das bewirkt, dass der Kongress immer einen kleinen Tick anders ist als andere. Und dieses Jahr mitten im Märzenwinter, einige sprachen sogar schon von der "Winterpharm". (Das ruft ja geradezu nach einer "Sommerpharm". Oder sollte es dann Sommerfarm heißen?)

Interpharm, seit 25 Jahren gibt es sie mittlerweile. Sie hat sich zum größten pharmazeutischen Fortbildungskongress in Deutschland entwickelt. Zeit, ein dickes Danke an Sie, die Sie die Interpharm besucht haben, zu sagen. Ohne ihre Besucher wäre die Interpharm nicht das geworden, was sie heute ist: der Treffpunkt für Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker, PTA, PKA und Pharmaziestudierende fürs Fortbilden, Lernen, Diskutieren, Kommunizieren und fürs Networking.

Zurück zum Spirit: Vielleicht ging es Ihnen so wie mir. Obwohl die Apothekenwelt rings um uns herum nicht gerade rosig ist, obwohl jede Woche sechs Apotheken schließen, Apothekenhonorar und Notdienstpauschale zu gering ausgefallen sind, viele Apotheken unter Sankt Bürokratius stöhnen, der Wettbewerb tobt, Apotheken sich vor lauter Rabattverträgen, Auf-, Ab- und Zuschlägen nicht mehr retten können, war auf der Interpharm der trotzige Geist eines "Jetzt erst recht", des sich nicht Durchhängen-Lassens, zu spüren.

Woran ich diese Stimmung festmache? Der Soziologie-Professor Gerhard Schulze rief uns zu, den Apotheker zu vergessen – den Apotheker, wie wir ihn heute kennen. Recht hat er. Wir werden uns nicht mehr weiterentwickeln als Heilberufler und werden die Bedürfnisse unserer Kunden und Patienten nicht mehr erfüllen können, wenn wir in der Apothekerdenke des letzten Jahrhunderts verharren. Der Vortrag von Professor Hartmut Derendorf, der seine Erfahrungen aus den USA mitbrachte, ergänzte diesen Appell: in Zukunft, nein, ab sofort sollte beim Apotheker nicht mehr das Arzneimittel im Mittelpunkt stehen, sondern der Patient. Die neue Apothekenbetriebsordnung gibt uns, bei aller Kritik an so manchen Ungereimtheiten, eine Steilvorlage: sie führt erstmals das Medikationsmanagement als Aufgabe des Apothekers auf.

Das Medikationsmanagement – es ist das Herz der Patientenorientierten Pharmazie (POP). "Unsere" POP-Gruppe, Apothekerinnen und Apotheker, die sich mit dem Medikationsmanagement auskennen und es in der DAZ-Serie vorstellen, zeigte auf der Interpharm, wie es gehen könnte. Es wird nicht jede Apotheke so voll und ganz umsetzen können, aber ein paar POP-Stars mehr unter Deutschlands Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, das käme nicht schlecht.

Den Blick nach vorne schärfte eine Diskussionsrunde zur Honorierung des Apothekers: so wie jetzt kann’s nicht bleiben: das packungsabhängige Honorar braucht eine Dynamisierung und Dienstleistungen als Add-on müssen honoriert werden. Das ABDA-KBV-Modell könnte ein Einstieg sein.

Aufbruchstimmung waberte aber auch durch den Saal, als Friedemann Schmidt, der neue ABDA-Präsident, auf dem heißen Stuhl Platz nahm und sich unseren Fragen stellte. Er weiß sehr wohl, wo seine Baustellen liegen, was angepackt werden muss, um den Apothekerberuf zukunftsfest zu machen. Dazu gehört zum Beispiel eine Renovierung (ich meine sogar ein neues Design) der Apothekerausbildung. Und politisch: (viel) mehr Transparenz in der Kommunikation nach innen und nach außen und restlose Aufklärung der Altlasten wie Datenklauaffäre und Geldströme an eine mitarbeitereigene Agentur.

Schmidts erstes Vierteljahr im Amt ist fast um, hoffen wir, dass er seine Vorhaben umsetzen kann und seinen Willen zur Veränderung beibehält.

Ja, und dann brauchen wir als Apothekerinnen und Apotheker mehr Selbstbewusstsein gegenüber Ärzten, gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit. Das riefen uns sogar Ökonomen und Marketingleute zu. Aber Selbstbewusstsein lässt sich nicht aufsetzen oder erlernen, es muss von innen heraus kommen. Ein Wir-Gefühl war jedenfalls auf der Interpharm zu spüren, und das kann die Grundlage sein.

Interpharm 2013 – den Geist, dass sich in der Pharmazie, in der Apothekenwelt nun endlich etwas verändern muss, das hat sie uns spüren lassen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Durchstarten. Und nicht zum Durchhängen – denn sonst: siehe Überschrift. Also, wenn nicht jetzt, wann dann?


Peter Ditzel
Herausgeber der DAZ



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