DAZ aktuell

Bahr legt endlich Entwurf zur Nacht- und Notdienstpauschale vor

BERLIN (lk). Auf den letzten Drücker hat Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) einen Entwurf für die versprochene neue Nacht- und Notdienstpauschale vorgelegt. Kommenden Mittwoch (20. März) soll das Bundeskabinett zustimmen und das Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz (ANSG) auf die parlamentarische Reise schicken. Das Gesetz baut auf den bereits bekannten Elementen auf: Das Apothekenhonorar soll erhöht werden. Der Zuschlag fließt in einen Fonds. Daraus wird die Pauschale gespeist. Der Deutsche Apothekerverband erhält bei der Umsetzung die zentrale Rolle.

Der Entwurf eines "Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken (Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz – ANSG)" befindet sich noch in der regierungsinternen Ressortabstimmung. Dort gibt es nach wie vor Bedenken im Bundesinnen- und Bundesjustizministerium gegen die Schaffung eines neuen Instrumentes zur Daseinsvorsorge. Die Ressortabstimmung dauerte bei Redaktionsschluss noch an.

Offen gelassen wurde der Betrag der Honorarerhöhung. Dieser wurde mit einem X gezeichnet. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hatte einen Wert von 16 Cent vorgeschlagen. Die Erhöhung muss durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung erfolgen, für die das Bundeswirtschaftsministerium zuständig ist. Die Erhöhung erfolgt durch Kabinettsbeschluss ohne Zustimmung des Bundesrates.

Der neu zu schaffende Not- und Nachtdienst-Fonds soll beim Deutschen Apothekerverband (DAV) angesiedelt werden. Der Geldfluss ist wie folgt geplant: Die Apotheker sollen die noch vom Bundeswirtschaftsministerium zu bestimmende Honorarerhöhung vollständig quartalsweise über die Apothekenrechenzentren an den Fonds abführen. Für die Umsetzung soll der DAV verantwortlich sein. Die Einbeziehung der PKV soll über das Abrechnungssystem ZESAR für die Herstellerrabatte abgewickelt werden. Da nicht alle Privatrezepte von ZESAR erfasst werden, soll mit einem "Korrekturfaktor" hochgerechnet werden. Das BMG veranschlagt die Kosten für die GKV mit 100 Millionen Euro, für die PKV mit zwölf Millionen Euro und für die Beihilfe auf acht Millionen Euro.

DAV wird Apotheken-Polizei

Zur Durchsetzung der Finanzierung der neuen Nacht- und Notdienstpauschale erhält der Deutsche Apothekerverband vom Gesetzgeber weitreichende, polizeiähnliche Befugnisse zur Kontrolle und zum Einzug der Gelder von den Apothekern. Falls Apotheker die Abgabe der vorgesehenen Honorarerhöhung an den Fonds verweigern, kann und muss der DAV aktiv die Bezahlung einfordern. "Dem Deutschen Apothekerverband e. V. werden die notwendigen Ermittlungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber den Apotheken und den Rechenzentren für den Fall eingeräumt, dass Apotheken innerhalb der vorgegebenen Frist gar keinen Betrag abführen oder Anhaltspunkte für eine unvollständige Abführung vorliegen. Korrespondierend hierzu werden den Apotheken und Rechenzentren entsprechende Mitwirkungspflichten auferlegt", heißt es in der Gesetzesbegründung zu Paragraf 19 des Apothekennotdienstsicherstellungsgesetzes (ANSG). Im Gesetzestext heißt es dazu weiter: "Die mit der Überprüfung beauftragten Personen können insbesondere die Betriebsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, die erforderlichen Auskünfte verlangen sowie Geschäftsunterlagen, einschließlich elektronischer Dateien, einsehen und hiervon Abschriften oder Kopien fertigen."

Der DAV setzt für jedes Quartal die abzuführenden Beträge fest. "Widerspruch und Klage gegen die Festsetzung haben keine aufschiebende Wirkung", so der Gesetzesentwurf. Der Deutsche Apothekerverband werde ermächtigt, die festgesetzten Beträge zulasten der Apotheken bei den Rechenzentren einzuziehen. Die Rechenzentren übermitteln dem DAV zu diesem Zweck vollständige Angaben zur Anzahl der im jeweiligen Quartal von den einzelnen Apotheken zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel.

Zuschuss kann schwanken

Die Apotheken erhalten einen pauschalen Zuschuss für die erbrachten Notdienste. Die Höhe des Zuschusses kann damit von Quartal zu Quartal variieren. Seine Höhe hängt ab von der Anzahl der abgegebenen verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel und den in Abzug zu bringenden Verwaltungskosten und sonstigen Ausgaben des Fonds sowie der Anzahl der durchgeführten Notdienste und "kann daher von Quartal zu Quartal gewissen Schwankungen unterliegen". Eine Zahlungsfrist gewährleistet, dass die Apotheken den Zuschuss zeitnah erhalten. Der DAV muss die Pauschale spätestens bis zum Ablauf des zweiten Monats nach jedem Quartalsende auszahlen.

Die zuschussfähigen Zeiten orientieren sich an den Vorschriften des § 6 AMPreisV und beschränken sich auf die Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6 Uhr des Folgetages. Der Notdienst muss in dieser Zeit durchgehend erbracht worden sein, um den Zuschuss zu erhalten. Es wird nicht zwischen Werktagen und Sonn- und Feiertagen unterschieden. Zusätzlich behalten die Apotheken weiterhin die Möglichkeit, bei Inanspruchnahme den zusätzlichen Betrag für den Notdienst nach § 6 AMPreisV zu erheben.

Die für die Einteilung zum Notdienst zuständigen Behörden – in der Regel die Landesapothekerkammern – werden verpflichtet, quartalsweise die von ihnen zur Dienstbereitschaft im Notdienst eingeteilten Apotheken und die Anzahl der erbrachten Notdienste an den DAV zu melden.

Nach dem Willen des Bundesgesundheitsministeriums sollen sich auch ausländische Versandapotheken an der Finanzierung der neuen Nacht- und Notdienstpauschale beteiligen. Dafür wird für Apotheken, die nicht über Apothekenrechenzentren abrechnen, eine "Selbsterklärung" eingeführt, die vom Deutschen Apothekerverband herausgegeben werden soll. "Soweit Apotheken keine Rechenzentren in Anspruch nehmen, muss die Abführung der Anteile durch die Apotheke selbst erfolgen. Als Grundlage für die Abführung und den Festsetzungsbescheid wird eine Selbsterklärung vorgesehen, deren Form und Inhalt der Deutsche Apothekerverband e. V. vorgeben und bekannt machen soll", heißt es im BMG-Entwurf zum Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz (ANSG). "Eine Selbsterklärung kann beispielsweise für ausländische Versandapotheken in Betracht kommen", so das BMG in der Gesetzesbegründung. Bei inländischen Apotheken sei von einer durchgängigen Inanspruchnahme von Rechenzentren auszugehen. Offen bleibt allerdings, wie der DAV die Ansprüche gegen im Ausland tätige Versandapotheken durchsetzen kann.


Dr. Stefan Hartmann

BVDAK-Chef beschwert sich


(lk). Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), Dr.Stefan Hartmann, hat sich bei Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) darüber beschwert, nicht in die Beratung des ApothekennotdienstSicherstellungsgesetzes (ANSG) eingezogen worden zu sein.

Hartmann fordert von Bahr die Aufnahme in den Beratungskreis der Fachverbände und Auskunft über die Frist für eine Stellungnahme.

"Wie wir heute über die Fachpresse erfahren haben, wurde vom Bundesministerium für Gesundheit offenbar am Freitag den 8. März 2013 der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken an die betroffenen Fachverbände übersandt. Leider hat das BMG diesen Entwurf nicht an den BVDAK versandt", schreibt Hartmann an Bahr und seine Staatssekretärin Ulrike Flach. Der BVDAK sei zwar "momentan" mit der ABDA nicht vergleichbar und könne nicht zu jedem Entwurf eine Stellungnahme abgeben. "Allerdings haben wir bei der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung gezeigt, dass wir uns praxisnah und konstruktiv einbringen können. Dies wäre beim ANSG mit Sicherheit ebenfalls der Fall", so Hartmann.

Der BVDAK-Chef bittet daher "höflich um zwei Dinge": Der BVDAK möchte "in den Verteiler für Fachverbände (Apothekenbereich)" des BMG aufgenommen werden. Außerdem soll Bahr mitteilen, "bis wann zum ANSG Stellung genommen werden kann".



DAZ 2013, Nr. 11, S. 11

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