Gesundheitspolitik

Heiß begehrter Tierarzneimittelmarkt

Berlin (ks). Auf EU-Ebene steht derzeit das Dispensierrecht der Tierärzte zur Diskussion: Das Europäische Parlament (EP) sucht angesichts des massiven Anstiegs von Antibiotika-Resistenzen nach Maßnahmen, wie diesem Problem Einhalt geboten werden kann. Eine Idee ist, die Verordnungs- und Abgabevorschriften für antimikrobielle Wirkstoffe zu verschärfen. Unter anderem die deutschen Versandapotheken positionieren sich bereits für eine stärkere Verantwortung der Apotheken bei der Abgabe von Tierarzneimitteln.

Der EP-Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (ENVI) hat bereits im November 2012 eine Entschließung angenommen, in der angeregt wird, im Rahmen der Überarbeitung des Gemeinschaftskodex für Tierarzneimittel wirksame Maßnahmen zur Reduzierung von Antibiotika-Resistenzen zu ergreifen. So sollten antimikrobielle Tierarzneimittel nur noch durch beruflich qualifizierte Tierärzte verschrieben werden. Zudem will man wirtschaftliche Anreize kippen: Die Berechtigung zum Verschreiben soll von der zum Verkauf getrennt werden.

ABDA: Dispensierrecht nicht offensiv bekämpfen

Die Tierärzte wollen hiervon nichts wissen. Und auch die ABDA gibt sich zurückhaltend, wenn es um das Dispensierrecht der Veterinäre geht: Tierärzte seien die Experten für Tierkrankheiten und könnten sicherer beurteilen, welche Wirkstoffe für welche Tiere geeignet seien, lässt sie verlauten. Man sei aber bereit, die Abgabe veterinärmedizinischer Arzneimittel zu übernehmen, wenn der Gesetzgeber aus Sicherheitsgründen die ausschließliche Distribution über Apotheken vorschreibe.

BVDVA sieht keine Probleme

Der Bundesverband Deutscher Versandapotheker (BVDVA) gibt sich offensiver: "Apotheker stellen die sachgerechte Arzneimittelabgabe für Menschen sicher und können diese Verantwortung auch für Tierarzneimittel noch stärker wahrnehmen als bisher", erklärte der Verbandsvorsitzende Christian Buse am 22. Januar. In der Humanmedizin habe es sich bewährt, dass der Arzt Arzneimittel verordnet und der Apotheker die Verordnung prüft und das Medikament an den Verbraucher abgibt. "Diese Vorgehensweise – flankiert durch eine engmaschige Kontrolle durch die Arzneimittelfachbehörden – sorgt für ein Maximum an Sicherheit und Transparenz", so Buse. Beim BVDVA verweist man weiterhin darauf, dass schon heute Tierhalter freiverkäufliche Arzneimittel für ihre Haustiere bei Versandapotheken orderten. Das Einreichen der vom Tierarzt verordneten Rezepte in der Vor-Ort- oder Versandapotheke sei daher nach einer kurzen Übergangsphase für die Verbraucher problemlos möglich.

Avie hat gute Erfahrungen mit Tiermedizin gemacht

Aber auch andere aus der Apothekenbranche stehen hinter der Idee der EU-Parlamentarier: "Die Trennung zwischen Verschreibung und Abgabe ist in der Humanmedizin ein sinnvolles und erprobtes Sicherheitssystem für den Verbraucher. Es gibt keinen Grund, warum dies bei Tierarzneien anders sein sollte", sagt etwa der Geschäftsführer der AVIE-Kooperation, Dr. Thomas Zenk. Er verweist zudem darauf, dass die Apothekenkunden schon heute Produkte für Hund, Katze und Co. in der Apotheke erwarten. "Wir machen mit dem OTC-Zusatzsortiment Tierarzneimittel sehr gute Erfahrungen", so Dr. Zenk. Die Kunden trauten den Apothekern hier wesentlich mehr zu als die eigene Standesorganisation.

Der Hessische Apothekerverband hat ebenfalls unlängst erklärt, dass das Potenzial des Tierarzneimittelmarktes keinesfalls zu vernachlässigen sei. 2011 hätten Veterinäre rund 500 Millionen Euro mit rezeptpflichtigen, 83 Millionen Euro mit OTC-Tierarzneimitteln, 63 Millionen Euro mit Futterergänzung/Diätfutter und 10 Millionen Euro mit Pflege/Accessoires umgesetzt.



AZ 2013, Nr. 5, S. 2

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