Gesundheitspolitik

AG Gesundheit legt Streit bei

BERLIN (lk) | In der gesetzlichen Krankenversicherung wollen Union und SPD die pauschalen Zusatzbeiträge zulasten von Versicherten abschaffen. Der allgemeine Beitragssatz soll bei 14,6 Prozent festgeschrieben werden. Das teilten die Verhandlungsführer der Arbeitsgruppe Gesundheit, Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD), am Freitag in Berlin mit.

Der Arbeitgeberanteil bleibt nach dem Kompromiss wie bisher bei 7,3 Prozent festgeschrieben. Die Arbeitnehmer tragen weiterhin einen Beitragsanteil von 0,9 Prozent allein. Diesen Arbeitnehmeranteil können die einzelnen Krankenkassen künftig statt des derzeitigen Zusatzbeitrags bei zusätzlichem Finanzbedarf erhöhen. Allgemein wird erwartet, dass einzelne Kassen ab 2015 mit ihrem Geld nicht mehr auskommen werden.

Zudem soll der Pflegebeitragssatz im ersten Schritt um 0,3 Prozentpunkte und später auf 0,5 Prozentpunkte angehoben werden. Von dieser Erhöhung werden 0,1 Prozentpunkte in einen Kapitalstock abgeführt, der den späteren Finanzbedarf und die damit einhergehende Beitragserhöhung der Pflegeversicherung abfedern soll.

Nicht durchsetzen konnte sich die CDU mit ihrem Wunsch, den Morbi-RSA genannten internen Finanzausgleich zu regionalisieren. Davon hätten bayerische Kassen profitiert. Allerdings hatte die CSU wie die SPD die Abschaffung der Zusatzbeiträge gefordert.

Erfolg für Union und SPD

Beide Seiten werteten die Einigung als Erfolg. Für die Union unterstrich Spahn, dass künftige Ausgabensteigerungen der gesetzlichen Kassen nicht zu höheren Arbeitgeberbeiträgen führen werden. „Es ist uns gelungen, uns in den strittigen Fragen zwischen CDU, CSU und SPD zu einigen. Wer hätte gedacht, dass es bei den Themen Gesundheit und Pflege in den Koalitionsverhandlungen als erstes eine Einigung in allen Fragen gibt.“ Für die Union sei wichtig, dass es bei der Entkoppelung steigender Gesundheitsausgaben und Arbeitskosten bleibe, so Spahn. Das Gleiche gelte für den Vorsorgefonds in der Pflege.

Für die SPD sei es „von größter Bedeutung“, dass mit dem Konsens nach zehn Jahren das Ende von Kopfpauschalen eingeläutet sei, betonte Lauterbach: „Das ist das historische Ende der Kopfpauschalen.“ Das Solidarsystem werde wieder über prozentuale Beitragssätze finanziert. Lauterbach: „Das ist für die SPD akzeptabel. Ich kann der SPD-Mitgliederschaft die Annahmen des Gesundheitsteils des Koalitionsvertrages empfehlen.“

Spekulationen um Ministerposten

Mit der Einigung in Sachfragen beginnt jetzt die Phase der Personalspekulationen: Wer wird neuer Gesundheitsminister? Am unwahrscheinlichsten ist, dass Spahn oder Lauterbach sich mit Ministerwürden schmücken können. Die Balance des dritten Kabinetts einer Großen Koalition hängt zuvorderst von der Besetzung der wichtigen Ressorts ab: Außen- und Finanzministerium. Dem Vernehmen nach ist SPD-Chef Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Chef des um die Energiepolitik erweiterten Wirtschaftsministeriums gesetzt. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles soll das Ministerium Arbeit und Soziales übernehmen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schwankt noch, ob er erneut Außenminister werden soll. Verzichtet die SPD, könnte Ursula von der Leyen Guido Westerwelle beerben. Wolfgang Schäuble soll offenbar Finanzminister bleiben.

Die CSU erhält wieder das Innenministerium, dann fiele das Justizressort an die SPD. Als chancenreicher Kandidat gilt Thomas Oppermann. Peter Ramsauer wird wohl für die CSU Verkehrsminister bleiben. Als drittes Ressort dürfte Landwirtschaft und Verbraucherschutz wieder an die CSU fallen.

Nach dieser Balance könnte die CDU auf das Gesundheitsministerium zugreifen. Wird von der Leyen Außenministerin, stünden mit Kanzleramtsminister Roland Pofalla und der bisherigen Bildungsministerin Johanna Wanka zwei Kandidaten bereit. Fraglich ist, ob Kanzlerin Angela Merkel ihre rechte Hand in der Regierungszentrale (Pofalla) ziehen lässt. Für Wanka sprechen neben ihren politischen Qualitäten enge freundschaftliche Kontakte zur Familie Merkel. Erst danach könnte sich Spahn wohl Chancen auf den Ministerposten ausrechnen.

Aber bis kommenden Mittwoch ist alles Spekulation. Dann soll (so der Informationsstand zu Redaktionsschluss) die Ministerriege mit Abschluss des gesamten Koalitionsvertrages stehen. Die SPD hat offenbar Interesse daran, ihren Mitgliedern die Zustimmung zur ungeliebten Großen Koalition mit einer ansehnlichen und kraftvollen Ministerriege zu erleichtern.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.