Gesundheitspolitik

G-BA beschließt Erleichterungen bei Diamorphin-Versorgung

Bestehende Leitlinie auf Praxistauglichkeit überprüft

Berlin (ks). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will die diamorphingestützte Behandlung Schwerstopiatabhängiger erleichtern. Nach einem am 17. Januar einstimmig gefassten Beschluss sollen die bisherigen quantitativen, personellen und räumlichen Vorgaben durch flexiblere Regelungen ersetzt werden. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), begrüßt dies.

Schon im März 2010 hatte der G-BA die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger unter bestimmten Voraussetzungen in den Leistungskatalog der vertragsärztlichen Versorgung aufgenommen. Grundlage hierfür war eine entsprechende Neuregelung im Betäubungsmittelgesetz. Diese schreibt unter anderem vor, dass ausschließlich schwerstabhängige Patientinnen und Patienten für die Diamorphin-Behandlung in Betracht kommen, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens fünf Jahren süchtig sind und sich bereits zwei erfolglos beendeten beziehungsweise abgebrochenen Suchtbehandlungen unterzogen haben.

Stockende Umsetzung in der Praxis

Doch trotz guter Erfahrungen in Modellprojekten stockte die Behandlung mit Diamorphin. Grund waren die teilweise kaum zu leistenden Anforderungen an die Einrichtungen. Und gerade hier wurde nun angesetzt: "Mit dieser Entscheidung trägt der G-BA Forderungen einer Vereinfachung der derzeit gültigen Regelung Rechnung, um mehr betroffene Patientinnen und Patienten behandeln zu können", sagte Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung. Insbesondere die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, einzelne Kommunen aber auch Einrichtungen, die an der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung teilnehmen, hätten immer wieder auf Umsetzungsschwierigkeiten hingewiesen, denen mit der nun verabschiedeten Änderung der Richtlinie begegnet werden solle.

Nicht mehr erforderlich ist künftig die Anwesenheit von Ärzten im Umfang von drei Vollzeitstellen pro Einrichtung. Es soll nun eine angemessene Anzahl von Arztstellen und qualifizierten nichtärztlichen Stellen genügen – schließlich machen drei Ärzte wenig Sinn, wenn die ausgebende Stelle von kaum mehr Patienten genutzt wird. Diese Ärzte müssen nun innerhalb eines zwölfstündigen Zeitraums während der Vergabezeiten und Nachbeobachtung anwesend und darüber hinaus per Rufbereitschaft erreichbar sein. Zudem wird die strikte räumliche Trennung von Warte-, Ausgabe- und Überwachungsbereich aufgehoben. Soweit keine separaten Räume vorgehalten werden können, müssen die Einrichtungen darlegen, wie die Anforderungen an die Qualität der Versorgung in angemessener Weise anderweitig erfüllt werden.

Laut G-BA-Chef Josef Hecken, haben im Laufe des Konsultationsverfahrens zwölf Einrichtungen ihr Interesse an der Versorgung mit Diamorphin bekundet. Sie waren es auch, die dem G-BA die problematischen Punkte der bisherigen Regelung aufzeigten. Ob sie nach der Änderung nun tatsächlich zur Tat schreiten werden, muss sich zeigen. Dr. Bernhard Egger vom GKV-Spitzenverband hat gewisse Zweifel, ob es allein mit dem Tätigwerden des G-BA getan ist. Schließlich muss den Patienten noch mehr geboten werden – insbesondere eine psychosoziale Betreuung, die von den Kommunen zu schaffen ist.

Dykmans: Chance zum Überleben

Die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans ist jedenfalls froh über die Änderungen und setzt darauf, dass sich weitere Einrichtungen der Behandlung von Schwerstopiatabhängigen mit Diamorphin annehmen werden. "Mit der diamorphingestützten Behandlung geben wir Schwerstabhängigen eine Chance zu überleben und eine Perspektive für ihr Leben", so Dyckmans.

Der Beschluss wird nun dem Bundesgesundheitsministerium zur Prüfung vorgelegt. Nach Abschluss des Prüfverfahrens werden die Änderungen voraussichtlich im Frühjahr 2013 in Kraft treten.



AZ 2013, Nr. 4, S. 2

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