Wirtschaft

Im Gesundheitswesen stecken 27,7 Mrd. Euro Reserven

Bilanz für das erste Halbjahr 2013 mit durchweg positiven Ergebnissen – trotz gesunkenem Steuerzuschuss und Abschaffung der Praxisgebühr

leo | Die Erfolgsbilanz der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat sich etwas abgeschwächt: Im ersten Halbjahr 2013 haben die 134 gesetzlichen Krankenkassen nach den vorliegenden Finanzergebnissen einen Überschuss von 1,09 Mrd. Euro erzielt. Den Einnahmen in Höhe von 97,7 Mrd. Euro standen Ausgaben von 96,6 Mrd. Euro gegenüber. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte das Plus noch bei 2,7 Mrd. Euro gelegen.

Der Gesundheitsfonds verbuchte ein saisonbedingtes Defizit von 1,98 Mrd. Euro, das im Verlauf des Jahres wieder ausgeglichen werden dürfte. Krankenkassen und Gesundheitsfonds verfügten rein rechnerisch zum 30. Juni 2013 über Finanzreserven von insgesamt 27,7 Mrd. Euro – davon 16,6 Mrd. Euro bei den Krankenkassen und 11,1 Mrd. Euro beim Gesundheitsfonds.

„Die gesetzliche Krankenversicherung schreibt auch im Jahr 2013 schwarze Zahlen und geht mit einem soliden Fundament in die neue Legislaturperiode des Deutschen Bundestages. Die Abschaffung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013, die zur Haushaltskonsolidierung erfolgte Absenkung des Bundeszuschusses um 2,5 Mrd. Euro sowie die notwendigen Verbesserungen der Finanzsituation der Krankenhäuser und beim Apotheken-Notdienst sind solide finanziert“, sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Nicht nur die Finanzentwicklung der GKV im laufenden Jahr verlaufe zufriedenstellend, sondern die Bilanz für die gesamte Legislaturperiode stehe im Zeichen einer Konsolidierung.

Der Vergleich der Jahresmitte 2013 mit der Situation zur Jahresmitte 2009 zeigt nach den Worten des Ministers eine deutliche Verbesserung. Ende Juni 2009 waren noch sechs von damals 182 Krankenkassen verschuldet. Weitere 41 Krankenkassen hatten Finanzreserven unterhalb der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve von 25% einer Monatsausgabe. Mitte 2013 gab es keine Krankenkasse mit Schulden mehr. Bei den meisten Krankenkassen waren die Mindestreserven überschritten. 7,5 Millionen Mitglieder erhalten mittlerweile unterschiedlich hohe Prämien von ihrer Krankenkasse. 2009 mussten die Patientinnen und Patienten noch rund 5 Mrd. Euro für Zuzahlungen einschließlich der Praxisgebühr aufbringen. In diesem Jahr reduziert sich dieser Betrag durch die Abschaffung der Praxisgebühr um 1,8 Mrd. Euro. In den ersten sechs Monaten 2013 beliefen sich die Zuzahlungen der Versicherten auf 1,85 Mrd. Euro.

Unterschiedliche Überschüsse im ersten Halbjahr 2013

Weiterhin unterschiedlich gestaltet sich die finanzielle Lage bei den Krankenkassen, wenngleich alle Träger von den günstigen Rahmenbedingungen profitieren. So erzielten die Ortskrankenkassen im ersten Halbjahr 2013 Überschüsse von insgesamt 623 Mio. Euro. Bei den Ersatzkassen waren es 81 Mio. Euro. Auch bei den Betriebskrankenkassen (+164 Mio. Euro), Innungskrankenkassen (+150 Mio. Euro) und Knappschaft (+77 Mio. Euro) ist ein Überschuss zu registrieren, während allein die Landwirtschaftliche Krankenkasse, zum 1. Januar 2013 neu organisiert, ein Defizit von 7 Mio. Euro aufwies. In den ersten sechs Monaten 2013 hat eine Reihe von Krankenkassen erstmals in nennenswertem Umfang von 182 Mio. Euro Prämien an die Mitglieder ausgeschüttet. Die damit verbundenen Ausgaben der Krankenkassen, vor allem bei den Ersatzkassen, sowie die dort weggefallenen Zusatzbeiträge (rund 130 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2013) erklären den vergleichsweise geringen Überschuss bei dieser Kassenart.

Das saisonbedingte Defizit des Gesundheitsfonds fällt 2013 deshalb höher aus, weil der Bundeszuschuss für das Jahr 2013 von 14 auf 11,5 Mrd. Euro gesenkt wurde und somit im ersten Halbjahr 2013 mit 5,69 Mrd. Euro um 1,25 Mrd. Euro niedriger lag als der Zuschuss im ersten Halbjahr 2013. Die finanzielle Situation des Fonds wird sich im weiteren Jahresverlauf deutlich verbessern, weil beitragspflichtige Einmalzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie höhere Tarifabschlüsse und höhere Renten, insbesondere in Ostdeutschland, dann zu höheren Beiträgen führen werden.

Je Versicherten gab es im ersten Halbjahr 2013 einen Ausgabenzuwachs von 4,6%. Dabei stiegen die Netto-Verwaltungskosten um 3,3% (absolut 4,57 Mrd. Euro) und blieben damit unterhalb des Zuwachses bei den Leistungsausgaben, zumal die Krankenkassen 2011 und 2012 gesetzlich verpflichtet waren, die Verwaltungsausgaben auf das Niveau des Jahres 2010 zu begrenzen. Befürchtungen, nach dem Auslaufen der Budgetierungsphase könnten die Verwaltungskosten wieder „aus dem Ruder laufen“, scheinen sich offensichtlich nicht zu bewahrheiten.

In den Monaten Januar bis Juni sind die Arzneimittelausgaben bei den Krankenkassen nur um 0,3% gestiegen. Neben dem bis 31. Dezember 2013 geltenden erhöhten Hersteller-Rabatt für Nicht-Festbetragsarzneimittel haben deutlich gestiegene vertraglich vereinbarte Rabatte der Krankenkassen mit der Pharmazeutischen Industrie zu der niedrigeren Steigerungsrate beigetragen. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012 erhöhten sich die Einsparungen durch Rabattvereinbarungen auf fast 1,3 Mrd. Euro. Daneben hat auch die Einführung neuer Festbeträge zu einer finanziellen Entlastung in diesem Bereich beigetragen. Insgesamt sind die Ausgaben für Arzneimittel von 2009 bis 2013 nur um 1,7% gestiegen, während es von 2005 bis 2009 rund 25% waren.

Der Zuwachs von 10% je Versichertem bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung ist neben den jährlich regionalen Honoraranpassungen etwa in gleichem Ausmaß auf die Abschaffung der Praxisgebühr zurückzuführen. Dies führt allerdings nicht zu höheren Honoraren der Ärzte, sondern hat die ärztlichen Praxen von bürokratischem Aufwand entlastet. Der Zuwachs von 7% bei der zahnärztlichen Behandlung, begleitet von einem Rückgang von 1,7% bei den Ausgaben für Zahnersatz, ist größtenteils auch eine Folge der Abschaffung der Praxisgebühr.

Der Anstieg bei den Ausgaben für Krankenhausbehandlung lag je Versichertem bei 3,2% und war deutlich geringer als erwartet. Gleichwohl zeigt der Zuwachs von rund einer Milliarde Euro im ersten Halbjahr 2013, dass sich die Finanzausstattung im stationären Bereich auch in diesem Jahr deutlich verbessert. Beim Krankengeld hat sich der Anstieg mit einem Plus von 7,7% auf hohem Niveau nur unwesentlich verlangsamt. Maßgeblich dafür sind weiterhin eine Zunahme der Krankengeldbezieher in höheren Altersgruppen bei steigendem Renteneintrittsalter sowie der Anstieg von lang andauernden psychischen Erkrankungen. Der Bundesgesundheitsminister forderte Unternehmen und Krankenkassen gemeinsam auf, im Rahmen einer verstärkten betrieblichen Gesundheitsförderung dem Trend entgegenzuwirken.

Positiv entwickelt haben sich die Mütter-Väter-Kind-Maßnahmen. In diesem Leistungsbereich gab es nach deutlichen Ausgaben-Rückgängen in den Jahren 2009 bis 2011 und einem Anstieg von rund 15% in 2012 im ersten Halbjahr 2013 mit einem Plus von 24% einen beachtlichen Zuwachs. Die Bemühungen der Bundesregierung, in Kooperation mit den Krankenkassen und den Einrichtungen zu einer verbesserten Bewilligungspraxis zu kommen, waren damit erfolgreich. Ähnlich positiv ist auch der Ausgabenzuwachs bei der spezialisierten Palliativversorgung um rund 40% zu sehen.

In den wichtigsten Leistungsbereichen der GKV gab es im ersten Halbjahr 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die in der Tabelle aufgeführten Veränderungsraten (je Versicherten in vom Hundert). 

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