Management

Wenn der Putzeimer im Gäste-WC steht …

Ein Gespräch mit dem Marketing-Experten Professor Andreas Kaapke über eine bessere Kommunikation

(diz). Über die richtige Kommunikation einer Apotheke mit den Kunden wird gerne und viel diskutiert und gestritten. Viele Apotheken haben so ihre eigenen Vorstellungen und Ansätze, wie sie ihre Kunden auf sich aufmerksam machen. Wir wollten einmal von einem Experten erfahren, was man heute unter einer guten Kommunikation versteht und wie er die Apotheken hier aufgestellt sieht. Wie gut ist die Apothekenkommunikation heute schon, was könnte besser werden, wie fängt man an? Wir fragten den Marketingexperten und Apothekenökonomen Professor Dr. Andreas Kaapke.
Maketingexperte und Apothekenökonom Prof. Dr. Andreas Kaapke Foto: privat

AZ: Herr Professor Kaapke, was verstehen Sie unter einer wirksamen Kommunikation?

Kaapke: Kommunikation folgt immer noch der guten alten AIDA-Regel, wenn auch neue Ansätze etwas abweichend davon vorgehen. Aber im Grundsatz bleibt es bei der gleichen Abfolge. Erst muss durch die Kommunikation Aufmerksamkeit erzielt werden, danach kommt es darauf an, das Interesse der Zielgruppe durch die kommunikative Maßnahme zu gewinnen, anschließend kümmert sich Kommunikation um Desire (also den Kauf-Wunsch bzw. die Kaufabsicht, die durch die Kommunikation angeregt werden soll) und schließlich soll noch die tatsächliche Aktion erfolgen, also der Kauf stattfinden. Kommunikation setzt bei allen vier Stufen an, deswegen ist bereits das Äußere der Apotheke insbesondere das Schaufenster eine erste Kommunikationsaussage, aber auch beim Betreten eines Geschäfts merkt man sehr schnell, ob man willkommen ist oder eher stört, ob die Mannschaft motiviert ist oder eher die Kunden abarbeitet usw. Von daher – egal ob Massenkommunikation wie Anzeigen, Flyer oder Fernsehspot oder persönliche Kommunikation wie z. B. ein Telefonat, die E-Mail oder das persönliche Verkaufsgespräch – Kommunikation ist immer dann wirkungsvoll, wenn eine klare Botschaft rüberkommt, wenn etwas hängen bleibt, an das man sich erinnern kann und wenn das in der Kommunikation Erlebte im Moment der Wahrheit, also dem Verkaufsgespräch abgerufen werden kann, weil es an passender Stelle abgespeichert wurde und im entscheidenden Moment der Kunde sich daran erinnert.


AZ: Wenn Sie in eine Apotheke gehen, erleben Sie dort eine Kommunikation, die wirkt?

Kaapke: Ja, denn ob Instore-TV, Schaufenster oder auch persönliche Ansprache, hier gibt es wie bei allen anderen denkbaren Kommunikationsmaßnahmen tolle, ausgezeichnete Beispiele, aber eben auch das Gegenteil. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, nicht jeder Apotheker ist ein kommunikativer Mensch, das kann man auch nur eingeschränkt lernen, aber im Verkauf sollte schon Spaß am Gespräch vorhanden sein. Auch bei Schaufenstern können Sie dramatische Unterschiede erleben, auch bei der Innendekoration, Sie müssen nur einmal mit den Augen der Kunden schauen und durch eine Apotheke gehen. Allein die Frage, wie häufig die Dekoration gewechselt wird, ob man sich besonders einprägender Events annimmt, scheint wichtig. Schließlich müssen wir die sozialen Medien ansprechen, auch hier sind gravierende Unterschiede zu erkennen im Spannungsfeld von Nicht-Machen über Schlecht-Machen bis zu tollen, großartigen Konzepten.


AZ: Was müsste besser werden?

Kaapke: Das ist schwer zu beantworten, denn bei dem einen muss das Eine und beim anderen etwas Anderes geändert werden. Ich würde einen Schritt vorher anfangen und sagen, die Bereitschaft zur Veränderung muss noch ausgeprägter werden. Wenn der Apotheker feststellt, dass etwas nicht optimal läuft, muss bereits die Maschinerie anlaufen und kommunikative Veränderungen vorgenommen werden. Dies setzt aber bereits die Bereitschaft zu einer fundierten und selbstkritischen Analyse voraus, das müsste bei manchen Apothekern noch deutlich besser werden. Wenn ich schon nicht analysiere oder nicht verstehe, was im Argen liegt bzw. das Manko nicht anerkenne, sehe ich natürlich auch keinen Veränderungsbedarf. Aber glauben Sie mir, es ist wie bei einem Besuch bei Menschen zu Hause. Diese merken nicht mehr, dass der Putzeimer im Gäste-WC steht und dass man nun schon im dritten Jahr in Folge die Geschichte erzählt, dass für die frei baumelnde Glühbirne noch immer nicht der richtige Lampenschirm gefunden wurde. Man wird nachlässig, gewöhnt sich selbst an Dinge, die einem andernorts sofort auffallen würden und nimmt diese Dinge nicht mehr wahr bzw. arrangiert sich damit, die Kunden, die aber nur alle zwei Wochen kommen, sehen, was sie sehen. Sie merken, ich vertrete ein recht weites Verständnis von Kommunikation und beziehe die nichtverbale Kommunikation, also das Schaufenster, die Homepage, den Flyer auch mit ein.


AZ: Kann man das lernen?

Kaapke: Ja, indem man seinen Schweinehund überwindet und es einfach macht. Setzen Sie im Kalender einen Termin und überprüfen Sie an diesem Ihre kommunikativen Maßnahmen und finden Sie keine Ausrede für eine Terminverschiebung. Zweitens fragen Sie andere, wie sie Ihre Kommunikationsmaßnahmen finden und fordern Sie eine offene und ehrliche Meinung ein. Suchen Sie sich solche Menschen aus, die dazu bereit sind und haben Sie selbst die Bereitschaft nicht sofort in den Verteidigungsmodus umzuwechseln, sondern sich der Kritik zu stellen und zu analysieren, ob die Kritik berechtigt ist und wie man darauf reagieren kann.


AZ: Warum tun sich Ihrer Meinung nach Apotheker besonders schwer in der Kommunikation?

Kaapke: Apotheker tun sich nicht leichter und nicht schwerer als alle anderen auch. Eines macht es in Apotheken in der Tat etwas schwierig. Wir haben es mit Selbstständigen zu tun, die für alles selbst zuständig sind und auch alles selbst bezahlen müssen. Das macht den Umgang für externe Dienstleister an der einen oder anderen Stelle etwas komplizierter. In großen Unternehmen haben Sie hier in der Regel Leute, die selbst Vergleichbares studiert haben und auf der anderen Seite des Tisches sitzen. Hier ist aber das gegenseitige Fach-Know-how in kommunikativen Themen einfach größer. Und ein zweites Problem kommt hinzu: viele Menschen meinen, dass sie von Werbung Ahnung hätten, weil sie annehmen, dass ein guter Geschmack, über den sich bekanntlich auch trefflich streiten lässt, ausreicht. Aber die Kommunikationspsychologie, die Kenntnis über richtige Botschaften, die richtige Länge für Botschaften, Schlüsselreize usw. sind nicht trivial. Es kommt hinzu, dass ein Akademiker wie ein Apotheker gerne in fachfremden Gebieten seine eigenen Kompetenzen überschätzt, ein Problem, das ich selbst kenne, deshalb spreche ich es auch unverblümt an.


AZ: Herr Professor Kaapke, vielen Dank für das Gespräch.


Veranstaltungstipp: Apotheke jetzt!


Einladung zum Management-Kongress auf Mallorca!


Vom 31. Oktober bis 4. November 2013 treffen sich Marketing- und Management-Experten auf Mallorca beim Management-Kongress für die Apotheke. Auf dem Programm stehen Vorträge und Diskussionen, bei denen sich alles ums Management einer Apotheke dreht.

Einer der Top-Referenten auf diesem Kongress wird Prof. Dr. Andreas Kaapke sein. Andreas Kaapke ist den Leserinnen und Lesern der AZ bekannt als Apotheken-Ökonom. Kaapke studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Stuttgart-Hohenheim und promovierte am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft. 1991 bis 1996 war er Dozent für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Führung, Marketing und Handelsbetriebslehre u. a. an der Berufsakademie Stuttgart. Von 1996 bis 2010 war er Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IfH) an der Universität zu Köln. Seit 2010 ist er Professor für Lehraufgaben im Studiengang BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Außerdem leitet er das Unternehmen Prof. Kaapke Projekte, das sich als Partner in der Marktforschung und Beratung mit den Schwerpunkten Management, Marketing und Vertrieb versteht.

Weitere Infos zum Kongress und die Anmeldeunterlagen finden Sie auf www.lauer-fischer.de

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