Recht

Handy am Arbeitsplatz: Auch lange "Duldung" führt nicht zum Rechtsanspruch

Während der Arbeitszeit das Mobile beiseite legen, aber ...

(bü). Menschen handeln in gleichen Situationen naturgemäß nicht immer gleich. Denn die persönliche Interessenlage ist zum Beispiel entscheidend dafür, ob sie Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind. So auch in einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, in dem es um ein "Handyverbot" ging.

Das Urteil: Auch wenn ein Arbeitgeber es jahrelang geduldet hat, dass seine Beschäftigten am Arbeitsplatz mit ihren privaten Handys telefoniert oder Kurznachrichten gesendet und empfangen haben, kann er per Dienstanweisung von heute auf morgen verlangen, dass Mobiltelefone vom Schreibtisch verschwinden.

Der Betriebsrat kann nicht argumentieren, er hätte vor einem solchen Verbot, das er für rechtswidrig hält, gefragt werden müssen. Eine Rechtswidrigkeit sah das Gericht in der Anweisung nicht. Denn es gelte der Grundsatz, dass Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit generell private Tätigkeiten zu unterlassen haben.

Außerdem beziehe sich das Verbot nur auf die Arbeitszeiten – nicht auf die Pausen, in denen nach wie vor privat telefoniert und "gesimst" werden dürfe. In Notfällen könnten Angehörige Beschäftigte – und umgekehrt Arbeitnehmer ihre Angehörigen – über die Telefonzentrale des Betriebes erreichen (Az.: 6 TaBV 33/09).

Auch Richter machen Unterschiede

Wie unterschiedlich Arbeitsgerichte den privaten Einsatz von Diensthandys sehen, zeigen die nachfolgenden Urteile:


Privatgespräch mit dem Diensthandy kosten den Job – Hat ein Arbeitgeber einem Hubwagenfahrer ein Handy zur Verfügung gestellt, mit dem er für Kollegen und Vorgesetzte (auf dem weiträumigen Arbeitsfeld) zu erreichen sein soll, so muss er eine fristlose Kündigung hinnehmen, wenn er während des Urlaubs Privatgespräche für mehr als 500 Euro mit dem Handy führt. Ihm hätte klar sein müssen, dass sein Chef derartige Gespräche nicht akzeptieren werde. Auch eine 25-jährige Betriebszugehörigkeit führe zu keinem anderen Ergebnis (Hessisches LAG, 17 Sa 153/11).


Ein Handy braucht der Vorsitzende nur bei "Außerhaustätigkeit" – Ein Betriebsratsvorsitzender kann nur dann verlangen, dass ihm sein Arbeitgeber ein Handy stellt, wenn er es zu Zeiten braucht, zu denen er nicht im Betrieb unter seinem Festnetzanschluss erreichbar ist (LAG Hamm, 10 TaBV 81/10).


Nur bei "exzessivem Telefonieren" geht‘s fristlos – Arbeitgeber dürfen Mitarbeitern nicht ohne Weiteres kündigen, wenn sie das Diensthandy privat nutzen. Nur bei umfangreichen, unerlaubt und heimlich geführten Telefonaten ist eine fristlose Kündigung angemessen. Im konkreten Fall ging es um einen Bauingenieur, der das Firmenhandy auch für private Gespräche genutzt hatte. Allerdings konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, die Nutzung des Firmenhandys für private Zwecke verboten zu haben. Deswegen sei die Entlassung unangemessen. Der Ingenieur habe ohne ausdrückliches Verbot durch den Arbeitgeber nicht davon ausgehen müssen, dass Privatgespräche ausnahmslos untersagt seien. Und weil "exzessives Telefonieren" nicht bewiesen werden konnte, hätte es auch eine Abmahnung getan (LAG Rheinland-Pfalz, 10 Sa 787/05).


Auch 3000 Euro für Privatgespräche kosten nicht zwingend den Job – Erlaubt ein Arbeitgeber "gelegentliche" Privatgespräche mit dem Diensthandy, so darf er einem Mitarbeiter nicht kündigen, wenn der das Handy übermäßig privat nutzt. Er hätte ihn wegen des Vergehens nur dann entlassen dürfen, wenn er dafür bereits abgemahnt worden ist. Im konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer eine "Nutzungserklärung Mobiltelefon" unterschrieben, nach der er "gelegentlich" und gegen eine Kostenbeteiligung in Höhe von zehn Euro pro Monat privat telefonieren durfte und bei "Missbrauch" diese Vereinbarung entfiele. Als der Arbeitgeber feststellte, dass der Angestellte innerhalb eines Jahres rund 3000 Euro privat "vertelefoniert" hatte, kündigte er ihm fristlos. Durfte er aber nicht. Zwar sei das umfangreiche und unerlaubte Telefonieren durchaus ein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Hier sprachen aber sowohl die Formulierung in der Nutzungserklärung als auch die Tatsache, dass der Mann Reue zeigte, den Betrag sofort erstatten wollte – und seine 20 Jahre unbeanstandete Betriebszugehörigkeit gegen die Entlassung (Hessisches LAG, 13 Sa 1166/08).


Wenn der Finger immer wieder die "falsche" Taste drückt ... – Wird ein Arbeitnehmer überführt, innerhalb von 15 Monaten 58 privat geführte Telefongespräche auf dem Firmen-Mobiltelefon geführt zu haben, so rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung, wenn der Arbeitgeber "mit einer klaren betrieblichen Regelung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass Privatgespräche zu kennzeichnen und ihre Kosten vom Arbeitnehmer zu tragen" sind. Das Landesarbeitsgericht Hamm: Führt ein Arbeitnehmer private Telefonate von seinem Dienstapparat, deklariert er diese aber als vom Arbeitgeber zu bezahlende Dienstgespräche, so liegt darin eine erhebliche Vertragspflichtverletzung, die den Vertrauensbereich, die Loyalität und Ehrlichkeit des Arbeitnehmers berührt. (Hier waren die 58 beanstandeten Telefonate, die Kosten in Höhe von 79,17 Euro verursacht hatten, nur ein Auszug aus der Gesamtübersicht. Insgesamt hatte der Mitarbeiter 220,90 Euro privat auf Firmenkosten vertelefoniert. Aufgefallen war der Schwindel, weil die Arbeitnehmer des Betriebes verpflichtet waren, jedes Privatgespräch per Knopfdruck auf dem Handy kenntlich zu machen, was der entlassene Mitarbeiter in zahlreichen Fällen durch Drücken der Diensttaste unterdrückt hatte.) (LAG Hamm, 10 Sa 1921/07)


Auch 16.000 private "SMS" vom Diensthandy kosten nicht zwingend den Job – Auch wenn ein Mitarbeiter einer Catering-Firma in zwei Jahren insgesamt 16.000 private Kurznachrichten von seinem Diensthandy aus versendet hat, darf sein Arbeitgeber ihn nicht fristlos entlassen. Das gelte jedenfalls dann, wenn das Unternehmen erst nach 22 Monaten eingreift und ihn direkt vor die Tür setzt. War aus den sehr hohen Monatsabrechnungen jeweils zu erkennen, dass der Angestellte das Handy missbräuchlich nutzt, so hätte der Arbeitgeber direkt eingreifen und ihn abmahnen müssen. In dem Fall vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main hatte der Mann einen Schaden in Höhe von 2500 Euro verursacht (ArG Frankfurt am Main, 24 Ca 1697/10).

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