Wirtschaft

Betriebsprüfung: Konträre Ansichten zum Datenzugriff

Zwei Finanzgerichte – zwei Meinungen

Berlin (jz). Wie weit die Vorlagepflicht von Apothekern bei Betriebsprüfungen geht, ist nicht nur zwischen Steuerberatern und Betriebsprüfern umstritten. Auch die Finanzgerichte sind sich in dieser Frage uneinig: Während das Hessische Finanzgericht eine Pflicht zur Herausgabe der Einzeldaten ablehnt, hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt eine solche bejaht. Für Klarheit muss nun der Bundesfinanzhof sorgen – die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil aus dem hessischen Verfahren ist bereits anhängig.

Worum genau geht es dabei? Nach Auffassung der Finanzbehörden müssen Apotheker bei Betriebsprüfungen auch die Einzeldaten des Warenverkaufs vorlegen. Anders sehen es die Steuerberater: Das Finanzamt habe kein Zugriffsrecht auf diese Daten, weil Apotheker ihrer Meinung nach gesetzlich schon nicht dazu verpflichtet sind, die einzelnen Verkäufe aufzuzeichnen. Ohne diese Pflicht gebe es auch keine Pflicht zur Herausgabe, argumentieren die Steuerberater – auch nicht, wenn die Daten freiwillig aufgezeichnet werden.

Was meinen die Finanzgerichte dazu? Das Hessische Finanzgericht stellte sich im April auf die Seite der Steuerberater: Für eine Herausgabepflicht gebe es keine gesetzliche Grundlage. Apotheker seien nicht zur gesonderten Aufzeichnung verpflichtet – weder nach speziellen noch nach allgemeinen Vorschriften. Auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) verlangen nach Meinung der hessischen Richter keine derartigen Einzelaufzeichnungen, wenn Waren von geringerem Wert gegen Barzahlung an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkauft werden.

Dass die klagende Apothekerin die Barverkäufe freiwillig speicherte, ändert daran aus ihrer Sicht nichts. Es komme schließlich nicht auf den einzelnen Steuerpflichtigen an, führen sie im Urteil aus, sondern allein auf den Typus. "Eine Apotheke gleich welcher Größe kann insoweit nicht anders behandelt werden als z. B. ein Betrieb der Kleingastronomie." Andernfalls würde der Umfang der Aufzeichnungspflicht vom Umfang der vom Steuerpflichtigen tatsächlich getätigten Aufzeichnungen abhängen, was mit der abstrakt-generellen Intention des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren wäre.

Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hält die Forderung der Finanzbehörden dagegen für rechtmäßig. Diese zunächst in einem Eilverfahren vertretene Auffassung, bestätigten die Finanzrichter im Mai auch im Hauptverfahren. In ihrem Urteil führen sie aus, dass es sich bei den Einzelaufzeichnungen einer Apotheke um steuerlich relevante Unterlagen handle, die der Aufzeichnungspflicht und dem Datenzugriff unterlägen. Zwar gebe es eine Ausnahme von dieser Aufzeichnungspflicht, nämlich für Betriebe, denen die Aufzeichnung wegen der Größe des Betriebs oder wegen der technischen Voraussetzungen unzumutbar sei.

Im vorliegenden Fall bestehe jedoch kein solcher Ausnahmefall. Anders als die hessischen Richter stellen die Richter in Sachsen-Anhalt für diese Frage nicht auf den Verkaufstypus, sondern auf den konkreten Betrieb ab: Der klagende Apotheker habe in den Streitjahren 6,4 bis 7,7 Millionen Euro Umsatz gemacht, seine Apotheke sei somit ein "Großbetrieb". Zudem ermögliche es ihm sein Warenwirtschaftssystem, die aufzeichnungspflichtigen Daten technisch unproblematisch zu erfassen. Insoweit treffe ihn auch die Aufzeichnungspflicht und die Finanzbehörde dürfe die Herausgabe der Daten verlangen.

Die beiden Urteile finden Sie im Volltext auf DAZ.online in der Service-Rubrik DAZ Recht.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.