Wirtschaft

Ratiopharm-Ermittlungen vollständig eingestellt

Verfahren nach BGH-Urteil zur Ärztekorruption eingestellt

Ulm (jz). Nach der grundsätzlichen Entscheidung des Großen Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH), dass Kassenärzte nach geltendem Recht nicht strafbar sind, wenn sie von einem Pharma-Unternehmen Geschenke für die Verordnung von Arzneimitteln entgegennehmen, hatte der 5. Strafsenat des BGH die in einem Pilotverfahren angeklagte Pharmareferentin und den ebenfalls angeklagten Arzt freigesprochen. Doch erst jetzt ist der Verfahrenskomplex endgültig erledigt: Die Staatsanwaltschaft Ulm hat nach eigenen Angaben die beiden letzten noch anhängigen Verfahren gegen die restlichen Firmenverantwortlichen sowie eine Außendienstmitarbeiterin eingestellt.

Bereits Ende 2005 hatte die Ulmer Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt, weil die umstrittenen Vertriebsmethoden – Gewährung von sogenannten "Umsatzbeteiligungen" (Kick-Back-Zahlungen) an niedergelassene Ärzte – nach geltendem Recht nicht strafbar seien. Auf eine förmliche Beschwerde hin wurde das Verfahren dann aber fortgeführt und gegen eine Vielzahl von Außendienstmitarbeitern und Ärzten im gesamten Bundesgebiet ermittelt. Insgesamt wurden in Ulm 3451 Verfahren gegen 3582 Personen geführt. Über ein Drittel der Verfahren wurde bundesweit an die zuständigen Staatsanwaltschaften abgegeben. Der überwiegende Teil der in Ulm verbliebenen Verfahren wurde mangels Tatnachweises oder wegen geringer Schuld eingestellt.

In einem Pilotverfahren ging die Staatsanwaltschaft Ulm gegen zwei Ärzte aus dem Alb-Donau-Kreis vor, die Ende 2010 jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Im gleichen Jahr verurteilte das Landgericht Hamburg in einem Parallelverfahren einen Ratiopharm-Außendienstmitarbeiter und einen niedergelassenen Vertragsarzt wegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Der zur Entscheidung über die Revisionen berufene 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs legte das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung im Juli 2011 dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung vor. Dieser verneinte im März 2012 eine Amtsträgerschaft des Arztes und sah den Vertragsarzt auch nicht als Beauftragten im Sinne des § 299 StGB an.

In der Folge verneinte auch der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Oktober 2012 eine Strafbarkeit der am Zustandekommen und der Umsetzung einer solchen Umsatzbeteiligung beteiligten Personen. Daraufhin hob das Landgericht Ulm im November 2012 die Verurteilung der beiden Ärzte aus dem Alb-Donau-Kreis auf und sprach diese aus rechtlichen Gründen frei. Ende April stellte die Staatsanwaltschaft Ulm nun – der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend – die in Ulm noch anhängig gewesenen beiden Verfahren gegen die restlichen Firmenverantwortlichen sowie eine Außendienstmitarbeiterin endgültig ein. Der Verfahrenskomplex ist damit vollständig abgeschlossen.

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